Rhône extrem: Die Arcane-Weine von Xavier Vignon
Einst war er als Flying Winemaker auf der ganzen Welt unterwegs, dann verlor Xavier Vignon sein Herz an die Rhône – und ließ sich dort vor gut zwanzig Jahren als Winzer nieder. Seitdem sorgt er mit seiner oft recht speziellen Herangehensweise in Sachen Wein immer wieder für Aufsehen. Bestes Beispiel sind da etwa seine Arcane-Weine.
Besessen. Dieses Wort passt ganz eindeutig am besten, wenn es darum geht, die Arbeitsweise von Xavier Vignon zu beschreiben. Der Winzer hat ein Faible für alte bis uralte Rebstöcke. Und für den Salzgehalt im Boden. Für ihn sind diese unterschiedlichen Mineralien nämlich der Schlüssel, um Terroir zu verstehen – und entsprechend damit zu arbeiten. Deswegen hat er jahrelang sehr gewissenhaft auf diesem Gebiet geforscht. Seine Erkenntnisse fließen seitdem konsequent in seine Arbeit als Weinmacher ein.
“Macher” ist übrigens auch hier genau das richtige Wort. Denn alle Weine Xavier Vignons haben eines gemeinsam: hinter ihnen steckt eine ganz spezielle Idee. Wie bei den Arcane-Weinen, die seit einiger Zeit so nach und nach auf den Markt kommen.
Was Tarot-Karten mit den den Arcane-Weinen zu tun haben
Die Idee hinter der Arcane-Reihe bezieht sich auf eins der bekanntesten Tarot-Karten-Sets der Welt. Nämlich das von Sforza Visconti aus dem Jahr 1451, mit dem sich auch heute noch viele Menschen die Zukunft auslegen und deuten. Die einzelnen Karten des großen Arkana in diesem Tarot-Set dienen Xavier Vignon als Paten und sollen zugleich den jeweiligen Charakter des Weins zum Ausdruck bringen.
Das Besondere: Jede Karte wird nur einmal das Etikett eines Weins schmücken. Denn eben dieser wird auch nur ein einziges Mal von Xavier Vignon vinifiziert. Dadurch ist jeder Wein dieser Edition tatsächlich ein Unikat. Und das hat auch einen guten Grund. Schließlich ist jeder Wein entweder einer bestimmten Rebsorte, einem bestimmten Jahrgang oder einem bestimmten Terroir gewidmet. Ihr seht: da steckt ziemlich viel Denke hinter den Weinen.
Der Teufel steckt bei Xavier Vignon im Detail
Kommen wir aber endlich mal zu den Weinen selbst. Da wäre zum Beispiel der “Arcane XV – Le Diable” 2015, der zu 100% aus Mourvèdre besteht. Und genau deswegen darf Vignon diesen Rotwein einfach nur schlicht “Vin de France” nennen. Die AOC-Statuten sehen nämlich keinen reinsortigen Mourvèdre vor.
Die Trauben stammen von bis zu 100 Jahre alten Rebstöcken aus 17 unterschiedlichen Parzellen, die sich über das komplette Département Vaucluse erstrecken. Die Böden sind besonders karg – und mächtig mineralisch. Eine Hommage an die Rebsorte an sich also.
Krasse Sache, von der man als Weintrinker nur profitieren kann. Wann hat man schließlich schon mal einen reinsortigen Mourvèdre im Glas? Also ich noch nie. Und es wird auch noch ein paar Jahren dauern bis es soweit ist, denn meine fünf Arcane-Weine, die ich mir zu Weihnachten gegönnt habe, wandern erst einmal allesamt in den Keller. Deswegen kann und will ich über deren Geschmack auch nichts schreiben.
Eine Liebeserklärung an das Rhône-Tal
Nicht minder speziell wie “Le Diable” ist übrigens auch “Arcane VI – Les Amoureux” 2016 – die große Liebeserklärung Xavier Vignons an das Rhône-Tal selbst. Denn mit der Cuvée aus 80% Grenache und 20% Mourvèdre vereint er einen Jahrgang und fünf ebenso unterschiedliche wie legendäre Crus.
Die Cru Lirac soll dem Wein Tiefgründigkeit verleihen, Gigondas Kraft und Beaumes de Venis Fruchtigkeit, Vacqueyras sorgt für Zartheit und Rasteau spendiert die kräftigen Tannine. Und damit das jeweilige Terroir seine guten Eigenschaften auch voll und ganz ausspielen kann, wurde der Wein so neutral wie möglich im Betontank ausgebaut.
Châteauneuf-du-Pape und Gigondas
Noch abgefahrener wird es dann bei “Arcane IX – L’Heremite” 2016 und “Arcane V – Le Pape” 2010. Ersterer ist eine Hommage an Gigondas. Die Trauben für diese Cuvée (80% Grenache, 7% Mourvèdre, 5% Syrah sowie 4% Muscardin und 4% Picpoul Noir) stammen aus 25 unterschiedlichen Parzellen aus allen vier Ecken dieser Appellation. So weit, so normal. Ähnliches gilt auch für den Châteauneuf-du-Pape, in dem ausschließlich die Grenache-Trauben aus 15 unterschiedlichen Parzellen dieser legendären Rhône-Region stammen.
Was beide Weine so besonders macht, ist ihre Vinifikation. Sie reiften nämlich in Holzfässern, die wiederum in mit Rotwein befüllten Betontanks lagen. Ein Wein im Wein sozusagen. Warum Xavier Vignon das gemacht hat? Um die Weine absolut luftdicht reifen zu lassen. Gut, man könnte jetzt auch einwenden, dass es da Wasser wohl auch getan hätte.
Aber hey, Holz atmet, ist durchlässig. Da ergibt das mit dem Wein um den Wein schon irgendwie Sinn. Beim “Le Pape” ist Vignon übrigens noch einen Schritt weiter gegangen. Der Châteauneuf-du-Pape lag nämlich fünf Jahre lang in einem luftdichten Meer von … Châteauneuf-du-Pape. Ausgefallener (und extremer) geht es kaum noch.
Weine mit speziellem Background
Ob man all die verschiedenen Terroirs und Vinifikationen, die Gedankenkonstrukte und diesen extrem hohen Aufwand dann letztlich auch schmecken kann, bleibt abzuwarten. Ich persönlich mag es ja, wenn hinter einem Wein eine sehr spezielle Philosophie steckt. Wenn sich diese dann auch noch gut vermarkten lässt, umso besser für Winzer und Wein.
Derzeit gibt es sechs Arcane-Weine. Ich habe inzwischen aus purer Neugierde fünf davon gesammelt. Mir fehlt jetzt nur noch “Arcane XVIII – La Lune”. Der wird aber wohl leider auch nie bei mir einziehen, da er bereits jetzt restlos ausverkauft ist. Ich bin da einfach zu spät auf diese Reihe aufmerksam geworden. Was haltet ihr von solchen Wein-Editionen?
Copyright alle Bilder: ©Bottled Grapes
*Dieser Text entstand ohne Wissen und Zutun des Winzers und spiegelt ausschließlich meine eigene Meinung wider. Die vorgestellten und gezeigten Arcane-Weine wurden von mir selbst gekauft. Die Links im Text dienen Servicezwecken und sind nicht kommerziell.
Ich halte eigentlich nix von solchen Editionen; das meine ich gar nicht negativ, sondern eher neutral. Ich werte jeden Wein für sich selbst, da ist es mir egal, ob Edition oder „von der Stange“. Wobei ich auch schon festgestellt habe, daß bei vielen Editionen (Limited oder nicht), Sonderabfüllungen, Exclusivzeugs etc. der Mehrwert eher gering bis nicht feststellbar war. Dabei finde ich solche Experimente schon ganz witzig, ist halt nur die Frage, wie weit sich der Aufwand im Geschmack bzw. Preis bzw. im Preis-Leistungs-Verhältnis letztlich niederschlägt. Denn bei so mancher abenteuerlich anmutender Kellertechnik zweifle ich auch so ein bißchen am nachvollziehbaren Nutzen, da muß man dann einfach mehr d’ran glauben. Aber wenn das genügend Leute tun, dann kann sich das zumindest für den Winzer gut auszahlen, denn so kann man eher nach Marktgegebenheiten kalkulieren denn nach Gestehungskosten…
Eigentlich mache ich um sowas auch einen Bogen. Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel. 😉 Voilà, Ausnahme. 😉 Weil ich halt die Weine des Winzers recht gut kenne – und sehr schätze. Wobei ich es jetzt schon eher skeptisch sehe, dass der Châteauneuf-du-Pape im Châteauneuf-du-Pape reifte. Das wird meiner Meinung nach nicht schmeckbar sein. Aber es ist eben eine nette Geschichte, die sich gut erzählen lässt. Die Idee, nur jeweils einen einzigen Wein zu vinifizieren, finde ich hingegen toll. Wein ist etwas Vergängliches. Das wird dadurch nur noch mal betont. Gefällt mir.