“111 Weine aus Österreich, die man getrunken haben muss”
Wer sich für österreichischen Wein interessiert oder sich aber einen ersten Überblick verschaffen möchte, kommt derzeit nicht um ein Buch herum: “111 Weine aus Österreich, die man getrunken haben muss” von Daniela Dejnega und Luzia Schrampf. Lohnt sich die Lektüre? Ich habe das Buch für euch gelesen.
Müssen ist so ein doofes Wort. Meine erste Reaktion darauf ist immer, dass ich gar nichts muss – außer zu atmen, zu schlafen, zu essen und zu trinken. Und aufs Klo zu gehen. Aber so heißt nun mal die 111-Reihe aus dem Emons Verlag, die inzwischen schon einen kleinen Kultstatus genießt. 111 … Pferde, die man kennen muss; Geschichten aus dem Kölner Zoo, die man kennen muss; Orte im Wienerwald, die man gesehen haben muss – und jetzt eben auch Weine aus Österreich, die man getrunken haben muss.
Ihr seht schon: die Reihe ist mit einem Augenzwinkern aufgebaut. Nützliche Tipps erhält man aber allemal, denn bei den Autoren eines jeden Buches handelt es sich immer und konsequent um Menschen, die sich mit dem jeweiligen Bereich so richtig, richtig gut auskennen. Das ist bei dem weiblichen Autoren-Duo von “111 Weine aus Österreich…” natürlich nicht anders. Beide sind Weinjournalistinnen. Und während Luzia Schrampf auch noch Weinakademikerin des WSET Wine and Spirit Education Trust ist, verkostet Daniela Dejnega für den Gault Millau Österreich. Ach ja, Österreicherinnen sind sie natürlich auch. Beste Voraussetzungen also.
Willkommen in Österreichs Weinwelt!
Und in der Tat: Statt einfach nur stumpf einen Wein nach dem nächsten vorzustellen, haben die beiden Autorinnen viel Interessantes, das über den genussreichen Tellerrand hinausgeht, in ihrem Buch versammelt. Vom Weinviertel über die Steiermark bis hin zum Burgenland erfährt man viel über Regionen, Menschen, Terroir und so manche Wein-Eigenart. Das hilft dabei, die jeweiligen Regionen mit ihren unterschiedlichen Charakteren gut zu unterscheiden.
Auch bei den Weinen selbst legen sich die beiden mächtig ins Zeug. Sie präsentieren die 111 Weine nicht nach Schema F, sondern nehmen sich eine Geschichte rund um den jeweiligen Wein als Ankerpunkt. Das kann mal die Lage, mal die Entstehungsgeschichte, mal der Winzer selbst sein. Genügend Abwechslung ist also vorhanden.
Inspirationsquelle für den nächsten Urlaub
Natürlich ist “111 Weine aus Österreich, die man getrunken haben muss” trotzdem kein Schmöker, den man einfach so in ein paar Stunden weglesen kann. Dafür sind zum einen zuviele Details drin, die recht schnell verschwimmen können, wenn man zuviel am Stück davon inhaliert. Und zum anderen kann es ja nun auch – trotz interessanter Aufbereitung – ermüdend sein, einen Wein nach dem nächsten wegzulesen.
Viel eher verstehe ich dieses Buch als guten Rat- und Ideengeber, in dem man immer mal wieder lesen und nachschlagen kann. Sei es, weil man gerade einen österreichischen Wein kaufen möchte oder man sich aktuell auf einen Weinurlaub vorbereitet. Inspiration findet man jedenfalls genug.
Wein im Einklang mit der Natur
Wenn man aber, wie ich, das Buch dann doch in einem Rutsch liest, fällt auf, wieviele Winzer mit naturnaher und biologischer Bewirtschaftung hier genannt werden. Und ein nicht eben geringer Prozentsatz von ihnen arbeitet sogar biodynamisch – teilweise Demeter zertifiziert u.ä. Meiner Meinung nach ist das jetzt kein bewusst gewählter Schwerpunkt, sondern hat sich aus dem Anspruch heraus ergeben, einfach die Weine in dem Band zu vereinen, die die größte Strahlkraft haben.
Hinzu kommt, dass die Betriebe in Österreich per se oft viel, viel kleiner sind als in Deutschland – da hat man als Winzer ganz andere Möglichkeiten. Was aber nichts daran ändert, dass das naturnahe Arbeiten bei den Nachbarn doch irgendwie selbstverständlicher zu sein scheint.
Noch eine kleine Besonderheit des Buches: Es werden erstaunlich viele Naturweine und auch Orange Wines vorgestellt. Durch die biologische und biodynamische Arbeitsweise lassen sich die Naturweine sehr gut herleiten. Aber auch gezielt auf die Orange Wines einiger Weingüter einzugehen, finde ich toll. Und mutig. Denn dem Mainstream-Geschmack mag das nicht unbedingt zusagen. Gegner dieser Weine gibt es ja nach wie vor mehr als Liebhaber. Deshalb: Respekt!
Wer dabei ist – und wer fehlt
Da man es bekanntlich nicht jedem recht machen kann, fehlen mir persönlich natürlich ein paar Winzernamen. Albert Gesellmann zum Beispiel. Birgit Braunstein. Und auch Christoph Neumeister. Letzterer war 2019 in Österreich ja nun sogar dank Falstaff Winzer des Jahres. Andererseits ging mir mein weinliebendes Herz bei den Schönheiten von Erich Machherndl, Gut Oggau und Christian Tschida (inklusive Erwähnung der Brutal!!!-Weine), Johannes Hirsch, Ingrid Groiss, Herbert Zillinger, Judith Beck, Claus Preisinger, Lichtenberger-González und und und immer wieder weit und strahlend auf.
Ihr seht: Hier sind wirklich viele sehr, sehr gute Winzer mit höchst spannenden Weinen vertreten. Oft fernab des bekannten Mainstreams. Was “111 Weine aus Österreich, die man getrunken haben muss” für mich noch charmanter macht. Und weil es dieses Jahr im Juni für mich dann tatsächlich endlich ins Burgenland geht, werde ich die ein oder andere Seite dieses Buches bestimmt noch einmal lesen, wenn ich nicht gerade mit dem anderen Buch der beiden Autorinnen beschäftigt bin.
Daniela Dejenga & Luzia Schrampf: 111 Weine aus Österreich, die man getrunken haben muss. 240 Seiten, Emons Verlag, 2019. 16,95 Euro.
Copyright Fotos: ©Bottled Grapes
*Bei diesem Buch handelt es sich um ein Rezensionsexemplar. Der Text spiegelt ausschließlich meine eigene Meinung wider. Gesetzte Links sind nicht kommerziell und dienen alleine Servicezwecken.
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