Champagner-Frauen waren und sind von großer Bedeutung für die Region

Champagner-Frauen gestern und heute

Nicht erst seit dem Biopic aus dem Jahr 2024 ist Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardin die wahrscheinlich berühmteste Champagner-Frau der Geschichte. Schließlich war sie es, der das Champagnerhaus Veuve Clicquot Existenz und Namen zu verdanken hat. Doch es gibt noch viele weitere wichtige Champagner-Frauen, die einfach mehr Rampenlicht verdient haben.

Als im November 2024 das Biopic “Die Witwe Clicquot” in den deutschen Kinos anlief, explodierten die Zugriffszahlen meines Weinblogs spontan mal für mehrere Wochen. Ich war zuerst sehr verwundert. Doch dann erinnerte ich mich daran, dass ich vor fünf Jahren eine Rezension zu Tilar J. Mazzeos Buch „Veuve Clicquot“ veröffentlicht hatte. Genau diese “Biografie” war ja die Filmvorlage.

Biografie übrigens in Anführungszeichen, weil halt nur Weniges im Buch auch wirklich belegbar ist. Aber es hätte halt so sein können. Der Film brachte dem Buch noch einmal richtig gute Verkaufszahlen – und mir viele neue Besucher. Wobei Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardin, also die berühmte Witwe Clicquot, diese Aufmerksamkeit als berühmteste Champagner-Frau der Geschichte meiner Meinung nach auch sehr verdient hat. Das haben andere Champagner-Frauen aber ebenso.

Buch Veuve Clicquot von Tilar J. Mazzeos nebst dazugehörigen Champagner
Die Veuve Clicquot ist wahrscheinlich die bekannteste unter den Champagner-Frauen. © NK/Bottled Grapes

Witwen in der Champagne

Dass die Witwe Clicquot zusammen mit ihrem Kellermeister Anton von Müller die Rüttelmethode und das Degorgieren entwickelt hat, ist hinlänglich bekannt. Aber weißt du, dass wir den Süßegrad Brut einer anderen Witwe zu verdanken haben? Nämlich Jeanne-Alexandrine Louise Mélin – besser bekannt als Madame Louise Pommery. Bis in die 1870er-Jahre hinein war Champagner nämlich extrem süß. Es war Madame Pommery höchstselbst, die den Zuckergehalt reduzierte und damit die Ära des trocken schmeckenden Champagners einleitete.

Wie Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardin war übrigens auch Louise Pommery verwitwet. Dass ausgerechnet die beiden ersten bekanntesten Champagner-Frauen Witwen waren, ist übrigens kein Zufall. Im frühen 19. Jahrhundert war es für Frauen in Frankreich nahezu unmöglich, ein Unternehmen zu führen. Die Gesetze machten Ehefrauen praktisch unsichtbar. Starb aber der Ehemann, erhielten die Frauen wieder ihre Persönlichkeitsrechte. Und damit waren sie dann auch juristisch geschäftsfähig. Bei einer erneuten Heirat hätte sich das freilich wieder geändert. Genau das ist dann auch ein wesentlicher Grund, warum die Veuves Clicquot und Pommery nie erneut den Bund der Ehe eingegangen sind. Sie hätten die Geschäfte dann an den neuen Gatten übertragen müssen.

Rüttelpult in einem Champagne-Keller
Bei der Erfindung des Rüttelpults hatte die Witwe Clicquot angeblich ihre Finger mit im Spiel. © cristianoalessandro/iStock

Noch mehr verwitwete Champagner-Frauen

Die Witwen-Liste wäre ohne zwei große Namen unvollständig. Auch wenn ein paar Jahrzehnte zwischen den beiden Champagner-Frauen liegen. Fangen wir mal Apolline Godinot an, die im Jahr 1794 den Winzer-Sohn Nicolas-Simon Henriot heiratete. Dieser Starb 1805 – und nur drei Jahre später gründete die Witwe das Champagnerhaus Henriot, das auch heute noch zu den Big Playern in der Champagne gehört. Da die Veuve Henriot extrem geschäftstüchtig war, trug sie einen erheblichen Teil dazu bei, dass zu Beginn des 19. Jahrhunderts Champagner außerhalb Frankreichs immer stärker nachgefragt wurde. Eine erstaunliche Champagner-Frau, die meiner Meinung nach viel zu oft im Schatten der anderen Damen steht.

Na ja, und dann war da natürlich noch die legendäre Lily Bollinger, die nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1941 die Leitung von Champagner Bollinger übernahm. Unter ihrer Führung avancierte das Haus zu einer globalen Marke. Mal ganz davon abgesehen, dass sie die Prestige-Cuvée R.D. (Récemment Dégorgé), die bis heute zu den Spitzenprodukten des Hauses zählt, lancierte. Unvergessen ist Lily Bollingers Zitat: „Ich trinke Champagner, wenn ich froh bin, und wenn ich traurig bin. Manchmal trinke ich davon, wenn ich allein bin; und wenn ich Gesellschaft habe, dann darf er nicht fehlen. Wenn ich keinen Hunger habe, mache ich mir mit ihm Appetit, und wenn ich hungrig bin, lasse ich ihn mir schmecken. Sonst aber rühre ich ihn nicht an, außer wenn ich Durst habe.“

Von Bollinger zu Roederer

Eine weitere herausragende Champagner-Frau des 20. Jahrhunderts war Madame Camille Olry-Roederer. Sie übernahm 1932 die Leitung von Champagne Roederer und führte das Haus durch die turbulenten Zeiten des Zweiten Weltkriegs und der Großen Depression. Während ihrer 42-jährigen Amtszeit erweiterte sie den Besitz von Roederer durch den Kauf zahlreicher Weinberge und sicherte so die Zukunft des Hauses. 1945 führte sie Cristal als trockenen PrestigeCuvée -wieder ein und setzte damit neue Maßstäbe in der Champagner-Produktion.

Frauen stoßen mit Champagner an
Von Frauenhand für Frauenhand. © Liudmila Chernetska/iStock

Mit dem Anbruch des 21. Jahrhunderts hat sich die Rolle der Frauen in der Champagne weiter gewandelt. Heute studieren mehr Frauen als je zuvor Önologie – laut BBC sind sogar 60 Prozent der Önologie-Studierenden in der Champagne weiblich. Dies zeigt eine vielversprechende Zukunft für Frauen in der Branche. Wobei … Zukunft ist da die falsche Einordnung. Denn bereits jetzt gibt es zahlreiche Champagner-Frauen, die zu den großen Entscheidungsträger:innen in der Region gehören. Schauen wir uns das mal genauer an.

Champagner-Frauen heute

Da hätten wir zum Beispiel Vitalie Taittinger, die 2019 zur Präsidentin des renommierten Hauses Taittinger ernannt wurde. Sie repräsentiert eine neue Ära von Frauen in Führungspositionen, die nicht durch Witwenschaft, sondern durch Talent und harte Arbeit an die Spitze gekommen sind. Vitalie sieht optimistisch in die Zukunft und glaubt an das Potenzial der Frauen, entscheidende Beiträge zur Champagner-Industrie zu leisten.

Ein weiterer Meilenstein für Frauen in der Champagne war die Ernennung von Julie Cavil zur Kellermeisterin bei Champagne Krug im Jahr 2019. Als erst siebte Person in dieser Position setzt sie neue Maßstäbe und inspiriert junge Frauen, eine Karriere in der Weinherstellung anzustreben. Cavil betont dabei aber immer wieder, dass es nicht um Frauen versus Männer geht, sondern um Talent und Persönlichkeit, die über das Geschlecht hinausgehen.

Lauter Champagner-Korken mit Agraffen
Immer häufiger knallen die Korken von Champagner-Frauen. © Michalzak/iStock

Champagner-Frauen bei Ayala und Henriot

Caroline Latrive, Kellermeisterin bei Champagne Ayala, ist ein weiteres Beispiel für den Wandel in der Branche. Sie begann ihre Karriere in einer Zeit, als weniger als 20 Prozent der Önolog:innen Frauen waren. Heute leitet sie ein Team, in dem Fähigkeiten und Werte wichtiger sind als das Geschlecht. Ihre Präzision bei der Mikrovinifikation von über 70 Chardonnay-Crus pro Jahr und ihr Fokus auf minimale Dosage zur Betonung der Fruchtaromen zeigen, wie Frauen die Champagner-Produktion mit ihren individuellen Talenten bereichern.

Und auch Alice Tétienne, Kellermeisterin bei Champagne Henriot, repräsentiert die neue Generation von Weinmacherinnen. Sie wurde von ihrer Großmutter inspiriert, die selbst einen Weinberg besaß, und setzt diese Tradition fort. Tétienne erkennt an, dass es manchmal einsam sein kann, als eine der wenigen Frauen in der Branche, sieht aber auch die Chancen, die sich daraus ergeben.

Champagner-Frauen organisieren sich

Es ist wichtig zu erwähnen, dass der Wandel nicht nur in den großen Häusern stattfindet. Melanie Tarlant beispielsweise ist die erste Frau in 12 Generationen, die Champagne Tarlant leitet. Sie hebt hervor, wie wichtig es ist, die oft übersehenen Beiträge von Frauen in der Geschichte des Champagners sichtbar zu machen – von ihrer Mutter, die 40 Jahre lang mit ihrem Vater arbeitete, bis zu ihrer Urgroßmutter, die während des Krieges die Weinberge pflegte.

Champagner-Frauen findet man inzwischen überall in der Champagne
Die Champagne wird immer weiblicher. © Kloeg008/iStock

Der Einfluss von den Champagner-Frauen geht weit über die Produktion hinaus. Sie sind nämlich oft Vorreiterinnen bei Initiativen für nachhaltigeren Weinbau und bringen frische Perspektiven in die Branche ein. Dies zeigt sich in Organisationen wie „La Transmission – Femmes en Champagne“, einer Gruppe hochrangiger Frauen, zu der Persönlichkeiten wie Maggie Henriquez und Vitalie Taittinger gehören. Eine weitere bemerkenswerte Initiative ist „Les Fa’Bulleuses de Champagne“, eine Gesellschaft von Freundinnen aus verschiedenen unabhängigen Familienweingütern, die sich zu Gruppenverkostungen treffen.

Und wie sieht die weibliche Champagner-Zukunft aus?

Es ist wichtig zu betonen, dass der Beitrag dieser Frauen weit über ihre individuellen Leistungen hinausgeht. Sie haben nicht nur die Art und Weise, wie Champagner hergestellt und vermarktet wird, verändert, sondern auch die Wahrnehmung dessen, was Frauen in einer traditionell männerdominierten Branche erreichen können. Ihre Geschichten inspirieren und ermutigen junge Frauen, eine Karriere in der Weinindustrie anzustreben und ihre eigenen Visionen zu verwirklichen.

Die Zukunft des Champagners liegt zweifellos in den Händen talentierter Menschen, unabhängig von ihrem Geschlecht. Doch die zunehmende Präsenz von Frauen in allen Bereichen der Industrie – von den Weinbergen über die Keller bis in die Vorstandsetagen – verspricht eine Vielfalt an Perspektiven und Innovationen, die den Champagner in neue, aufregende Richtungen führen wird.

Copyright Titelbild: © Alexa Travel/iStock

*Dieser Text wurde weder in Auftrag gegeben noch vergütet. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und spiegelt ausschließlich meine persönliche Meinung wider. Gesetzte Links sind nicht kommerziell und dienen allein Service-Zwecken.

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