Churfranken: Fränkisches Rotwein-Paradies
Mit Franken verbindet man ja vor allem eine Rebsorte. Silvaner. Dabei hat das idyllische Anbaugebiet mit Churfranken auch eine rote Weinseite. Denn hier ist vor allem Spätburgunder Trumpf. Und das auch noch in vielen unterschiedlichen Facetten. Höchste Zeit, dass wir diesem zauberhaften Kleinod mal etwas mehr Aufmerksamkeit schenken.
Es ist noch gar nicht so lange her, da endete das Weinanbaugebiet Franken bei Aschaffenburg. Jedenfalls wenn es um die offizielle Karte der Weinregion ging. Womit man offiziell dann einen kleinen, aber eben auch feinen Teil Frankens einfach so ignorierte. Nämlich das Gebiet im westlichen Maindreieck zwischen Odenwald und Spessart. Dabei kam und kommt von hier mit dem Weingut Rudolf Fürst eine der großen deutschen Weingrößen genau von hier. Der in Bürgstadt ansässige Betrieb ist seit vielen, vielen Jahren ein Garant für außergewöhnliche Spätburgunder, die weit über Grenzen Frankens hinaus regelmäßig im Lobeshymnengewitter der Weinfachpresse stehen. Was übrigens vollkommen verdient ist. Bürgstadt ist übrigens auch das Herz von Churfranken. Nur, dass die Region erst seit 2007 so heißt, als man eben dort Churfranken e.V. gründete.
Die Idee, mithilfe eines Vereins die Region sichtbarer zu machen, hatte übrigens Paul Fürst. Dieser wusste schließlich, dass nicht nur er und sein Sohn Sebastian hervorragende Weine machen, sondern auch noch viele andere Winzer:innen, die zusammen knapp 250 Hektar Rebfläche in Churfranken bewirtschaften. Das Problem: Neben etablierten Betrieben gibt es auch eine große Anzahl an Menschen, die Weinbau im Nebenerwerb betreiben. Mini-Betriebe also, für die sich ein effektives Marketing schon allein wegen der geringen Produktionsmenge gar nicht lohnt. Und eh! Es geht ja nicht nur um den Wein. Sondern auch um Tourismus, Genuss und Natur oder auch Sport.
Von Kurmainz zu Churfranken
Anders ausgedrückt: Dass Churfranken in vielen Belangen mehr Aufmerksamkeit verdient, wussten die Einwohner:innen zwar schon immer – die Menschen von außerhalb indes nicht. Deswegen war die Gründung des Churfranken-Vereins, der inzwischen so um 400 Mitglieder zählt, eine echt gute Sache. Bleibt aber noch die Frage, warum sich diese kleine fränkische Unterregion ausgerechnet Churfranken nennt. Dafür müssen wir mal kurz in der Zeit zurückreisen. Denn vom späten Mittelalter bis Anfang des 19. Jahrhunderts unterstand ein großer Teil des Bereichs den Kurfürsten und Erzbischöfen von Mainz – und gehörte somit zu Kurmainz. Du ahnst es vielleicht bereits: früher schrieb man „Chur“ statt „Kur“. Voilà: Plötzlich ergibt die Bezeichnung Churfranken sehr viel Sinn.
Es sind vor allem die steilen Terrassenlagen mit ihren kilometerlangen Trockenmauern in Erlenbach am Main, die die vinophile Optik von Churfranken prägen. Wobei das allerdings nur das eine Naturspektrumende ist. Auf der anderen Seite sieht Churfranken rund um Großwallstadt nämlich ganz anders aus. Hier gibt es kein schmales Tal mit steilen Hängen, sondern ein offenes Tal mit sanften Hügeln. Klar, auch die können durchaus beachtliche Steigungen haben. Aber generell ist hier alles offener und sanfter.
Superstar Spätburgunder
Da verwundert es auch nicht, dass rund um Großwallstadt eher das Weißwein-Eldorado von Churfranken liegt. Generell baut man in der Region mehr weiße als rote Trauben an. Gut 52 Prozent der knapp 250 Hektar sind mit Müller-Thurgau, Silvaner, Bacchus und Co. bestockt – um mal die drei häufigsten weißen Rebsorten in korrekter Reihenfolge zu nennen. Wobei es trügerisch wäre zu denken, dass der Wein-Schwerpunkt in Churfranken auf den Weißweinen liegt. Denn ein genauerer Blick verrät: 76,5 Hektar sind mit Spätburgunder bepflanzt. Womit die Traube 30,77 Prozent der Anbaufläche einnimmt. Und auch Rebsorten wie Frühburgunder oder Meunier (Schwarzriesling) präsentieren sich in Churfranken wunderschön. Womit wir wieder bei den Terrassenlagen wären. Denn hier wirkt nicht nur der Main aufgrund seiner Wärmespeicherung positiv auf die Weinbaubedingungen ein, sondern auch der sehr eisenhaltige Buntsandsteinboden mit Lehm- und Tonauflagen.
Auf diesem Terroir entstehen sehr erstaunliche, weil höchst unterschiedliche Spätburgunder. Womit wir jetzt endlich mal bei ein paar Beispielen wären. Die biodynamischen Spätburgunder vom Weingut Hench etwa begeistern mich Jahr für Jahr mit ihren feinen und eleganten Noten ebenso wie mit ihrer Finesse. Zugleich zeigen die Gewächse von Peter und Burkhard Hench aber auch einen sehr eigenen Charakter. Sie sind leise, aber doch eindringlich. Damit zeigen sie genau das, was mich an Spätburgunder immer wieder zutiefst fasziniert.
Große Liebe für Churfranken-Weine
Nicht minder harmonisch und ausbalanciert ist auch der Spätburgunder „Fass 01“ von Philip Bernhard, auch wenn dieser einen ganz anderen Charakter hat. Denn er ist internationaler, ohne dabei aber seine Churfranken-Wurzeln zu vergessen. Ein Wein, den man ruhig noch eine kleine Ewigkeit reifen lassen kann, der aber auch in jugendlichen Jahren sehr viel Freude macht. Die Spätburgunder von Uli Kremer sind da schon etwas kerniger unterwegs, bestechen aber dennoch mit subtiler Eleganz. Ein wunderschöner Kontrast, der am Gaumen dann für viel Spannung sorgt.
Ebenso interessant ist übrigens auch Uli Kremers Frühburgunder. Hier wird bereits jetzt Eleganz auf die Spitze getrieben. Dabei ist der Wein allerdings nicht leise, sondern spricht laut und deutlich mit klarer Stimme. Und ja, ich habe mich in diesen Frühburgunder ein wenig schockverliebt.
Auf nach Churfranken!
Auch der Alte Satz von Anja Stritzinger ist für mich wahnsinnig spannend. „Alter Satz“, weil sich die Österreicher den Begriff „Gemischter Satz“ eben haben schützen lassen. Für den alten Satz gedeihen in einer kleinen Parzelle im Klingenberg Schlossberg über 20 alte rote Rebsorten nebeneinander. Der Wein ist derart vielschichtig, komplex und doch leichtfüßig tänzelnd, dass es mir kurz die Sprache verschlagen hat. Das war übrigens auch bei den Weinen von Gabriel Restel der Fall. Der 25-Jährige arbeitet eigentlich im Betrieb von Uli Kremer, bewirtschaftet in den Steillagen aber auch eine eigene Parzelle mit Spätburgunder und Müller-Thurgau. Die Weine kommen in seiner eigenen Linie namens „Hakuna Matata“ heraus. Beide Gewächse sind eine fruchtig-verspielte Leichtigkeitseleganz ohne Gleichen. Harmonisch, subtil, präzise und voll jugendlicher Freude. Ganz ehrlich? Von diesem jungen Winzer wird man gewiss noch viel hören!
Eigentlich könnte ich jetzt endlos so weitermachen. Die Churfranken-Weine sind halt immens vielfältig – und oft auch sehr spannend. Wobei ich aber allen Weinliebenden ans Herz legen möchte, die Weine vor Ort zu entdecken. Viele Weingüter betreiben sogenannte Häckerwirtschaften. Mit dem Häckerkalender hat man einen super Überblick, wo wann geöffnet ist. Hier bekommt man fränkische Küche zu den authentischen Weinen. Das lohnt sich sehr, versprochen. Und wenn du schon vor Ort bist, dann kannst du auch gleich den Fränkischen Rotwein-Wanderweg oder die verschiedenen terroir-f-Punkte in Churfranken entdecken. Mal ganz davon abgesehen, dass sich auch ein Ausflug nach Miltenberg lohnt. Churfranken ist auf jeden Fall eine Reise wert.
Copyright Titelbild: © Churfranken e.V./News Verlag
*Dieser Text wurde weder beauftragt noch vergütet und spiegelt ausschließlich meine eigene Meinung wider. Die Weine habe ich im Rahmen einer mehrtägigen Pressereise verkosten können, zu der mich Churfranken e.V. eingeladen hat. Gesetzte Links dienen alleine Service-Zwecken und sind nicht kommerziell.
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