Anna-Maria und Georg Fogt genießen ihren Crémant draußen

Crémant aus Rheinhessen: Weingut Fogt im Interview

Die Deutschen trinken nicht nur Sekt, sie können auch hervorragenden Sekt machen. Aber ein Crémant aus Rheinhessen? Das sieht man nicht alle Tage. Deswegen habe ich mich mit Anna-Maria und Georg Fogt mal über ihren Crémant unterhalten.

Es ist Zeit für ein Geständnis. Bis vor Kurzem hatte ich noch nie einen deutschen Crémant im Glas. Ehrlich gesagt wusste ich nicht mal, dass es so etwas gibt. Bis ich auf Instagram ein Posting vom Weingut Fogt aus Rheinhessen sah, einem kleinen Familienweingut, das nicht nur schöne Etiketten hat, sondern auch schöne Weine. Und seit einigen Monaten eben auch einen schönen Crémant.

Der Crémant von Weingut Fogt im Praxis-Test ©Bottled Grapes

Wir unterhielten uns auf Instagram, ein Kostmuster folgte – ebenso wie eine große Überraschung im Glas. Diese feine Perlage, diese frische Frucht gepaart mit einem angenehmen Schmelz! Meine Güte, ist der gut, dieser Crémant! Und weil einige Themen für die kurzlebige und manchmal halt auch recht oberflächliche Social-Media-Welt einfach zu gut sind, beschloss ich, ein kleines Interview mit dem Ehepaar Anna-Maria und Georg Fogt zu führen, die das Badenheimer Weingut inzwischen leiten.

Winzersekte werden immer populärer. Trotzdem habt Ihr Euch entschlossen, einen Crémant zu machen. Warum? 

Georg Fogt: Es ist eine Hommage an die Liebe meiner Frau zu französischen Crémants. 😉Mich reizen die hohen Qualitätsstandards und der enorme Aufwand, der für eine hochwertige Schaumweinbereitung betrieben werden muss. Natürlich kann man auch einen Sekt unter diesen Voraussetzungen herstellen. Mit der Verwendung der Bezeichnung “Crémant” ist aber keine Frage zur Art der zweiten Gärung mehr offen. Und den französischen Stil mögen wir beide auch sehr gerne. 

 Wo liegen eigentlich die Unterschiede zwischen einem Crémant und einem Sekt? 

Anna-Maria Fogt: Für Franzosen ist Crémant alles, was Schaumwein, aber kein Champagner ist, quasi ein Synonym zum deutschen Sekt. Doch was ausschlaggebend ist, sind die strengen Regularien, die die Herstellung von Crémant und Sekt unterscheiden. Beides sind Schaumweine: Wein mit eigener Kohlensäure aus der zweiten Gärung, nachdem Hefe und Zucker zugesetzt wurden.  

Georg Fogt: Das kann in unserem technisierten Deutschland auch in einem Drucktank erfolgen, aus dem der fertige Sekt in die einzelnen Flaschen abgefüllt wird. Beim Crémant ist einzig die Méthode Traditionnelle, die traditionelle Flaschengärung, zulässig – neben einer Reihe weiterer Kriterien, die zu erfüllen sind. Die Bezeichnung dieses hochwertigen Schaumweines verwenden nicht nur die französischen Winzer, auch deutschen Winzer dürfen sich ihrer bedienen. 

Georg Fogt im Weinkeller
Voll konzentriert: Georg Fogt ©cheersyummyyeah/Oliver Semik

Ist der Crémant euer erster Schaumwein? 

Anna-Maria Fogt: Ja! Endlich konnte ich meinen Mann dazu überreden. Wobei es bei den großartigen Trauben im Jahr 2018 nicht mehr besonders schwierig war, ihn von diesem, ja, Experiment zu überzeugen. Unser Fokus liegt im allgemeinen auf Stillweine – und da vor allem auf den weißen Sorten. Riesling, Burgunder und Scheurebe haben wir im Anbau. Ich selbst liebe es, zur Abwechslung auch mal etwas Prickelndes im Glas zu haben. Französische Crémants habe ich da immer favorisiert. Bei gleich hohem Qualitätsanspruch aber oft feinerer Perlage als bei Champagne, wird bei uns zu den meisten Ereignissen mit einem Glas Crémant angestoßen. Da liegt die Frage nahe, warum nicht selbst produzieren, wenn wir doch (fast) alles dazu Nötige zu Hause haben?

Wie kam der Entschluss, einen eigenen Schaumwein zu machen, dann letztlich zustande? 

Georg Fogt: Wir merken, dass deutsche Schaumweine wieder die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen. Ob Winzersekt oder Crémant, ist dann nicht die Frage. Es geht darum, Schaumwein von Qualität in Deutschland weiter positiv aufzuladen. Weg von dem Massenmarkt, hin zur Traditionellen Flaschengärung mit einem hochwertigen Sektgrundwein. Der Wandel ist da, die Potenziale müssen weiter genutzt werden.

Chardonnay-Trauben im Detail
Diese Trauben sind inzwischen Crémant ©cheersyummyyeah/Oliver Semik

Welche Rebsorten stecken eigentlich in eurem Crémant – und warum ausgerechnet die? 

Anna-Maria Fogt: Pinot Noir und Chardonnay – nach französischem Vorbild. Im Frühjahr 2020 werden wir eine kleine Partie Pinot Meunier anpflanzen. So wird in ein paar Jahren das klassische Champagner-Trio komplett sein. Ein Champagner aus Rheinhessen. Eine Kopie des Geschmackes zu erzielen ist aber nicht unser Anreiz. In den strengen Regularien der Qualitätskriterien wollen wir dennoch arbeiten.

Kommen wir mal zur Vinifikation. Wie sieht die aus? Und vor allem: Macht ihr alles selbst oder habt ihr gewisse Schritte ausgelagert. Beim Schaumwein ist es ja nicht unüblich, mit Sekthäusern zusammen zu arbeiten …. 

Crémant Brut Nature von Weingut Fogt
Da ist das gute Stück, von dem hier die ganze Zeit geredet wird ©Pfalzweinfoto/André Kunz

Georg Fogt: Es beginnt mit dem Sektgrundwein. Da baut auch alles drauf auf. Stimmt hier die Qualität schon nicht, bekommt man es später auch nicht mehr ausgebügelt. Wir verwenden nur top gesunde Trauben. Frühe Handlese, Selektion, schonende Ganztraubenpressung mit einer geringen Ausbeute von nur 50 – 60% pro Kilogramm Trauben und Ausbau im Stahltank sollen zum schlanken, säurereichen Grundwein führen. Soweit ist das noch mehr oder weniger das tägliche Geschäft eines jeden Winzers. Mit der zweiten Gärung wird es dann spannend. Ab dem Schritt zur Traditionellen Flaschengärung arbeiten wir mit einem Sekthaus zusammen. Der Austausch mit den Profis ist uns jetzt grade am Anfang auch sehr wichtig gewesen. Verkosten des Grundweins etc.  

Mit der Beimpfung von Hefe und Zucker des Weins in der Flasche beginnt dann der Zauber der zweiten Gärung. Die Hefe ist ein Werkzeug und mindestens genauso wichtig für die späteren Aromen des Crémants, wie für die Produktion der Kohlensäure. Das, was man als rebsortentypische Aromen beschreiben kann, findet sich nicht immer im Schaumwein auch so wieder. Wir möchten einen eleganten und geradlinigen Crémant herstellen, fruchtige Noten sollen hier hintenanstehen. Nach 12 Monaten Hefelager war es dann auch erstmal aus mit unserer Geduld und ein Teil der Flaschen wurde degorgiert. 

 Wieviele Flasche von eurem Crémant gibt es? 

Anna-Maria Fogt: 450 Flaschen wurden im Dezember 2019 degorgiert und eine noch etwas größere Partie darf noch auf ihrer Hefe ruhen. Es wird spannend werden, wie sich die unterschiedlich langen Hefelager im Glas präsentieren. Auch auf der fertigen Flasche möchten wir testen, welche Lagerungspotenziale unsere Schaumweine haben. Da unser Crémant ohne die Zugabe von Schwefel oder anderen Konservierungsmittel verkorkt wurde, sind reife Aromen wie geriebener Apfel vorstellbar. Das Weglassen dieser Konservierungsstoffe ist möglich, da nur sehr gesundes Lesegut verwendet wurde. Auch entweicht, mit der Länge der Lagerung, etwas Kohlensäure durch den Naturkorken. Oft kommen dann die Aromen des Schaumweines noch besser zum Tragen. 

Winzer Fogt im Weingarten
Bei der Arbeit: Ehepaar Fogt im Weingarten ©cheersyummyyeah/Oliver Semik

Ist er schon im regulären Verkauf oder kommt man da nur als Insider ran? 

Anna-Maria Fogt: Der Crémant kann bei uns ab Hof bezogen werden. Unseren Verkostungsraum öffnen wir samstags von 10 – 16 Uhr und nach telefonischer Absprache.

Wird es einen weiteren Jahrgang geben?

Georg Fogt: Auf jeden Fall! Es gibt noch so viel Potenziale, die wir nutzen und etliche Stellschrauben, an denen wir drehen können, um weiter an der Qualität zu schleifen. Da müssen wir einfach weiter machen! Wir stehen da ja noch ganz am Anfang. Wie beim Wein, so ist es auch beim Schaumwein. Es ist und bleibt ein Naturprodukt – und davor hat man den meisten Respekt in diesem Beruf.

Copyright Titelbild: ©cheersyummyyeah/Oliver Semik

*Dieses Interview wurde weder gesponsert noch gebucht oder sonstwie vergütet. Es entstand aus purem Interesse an dem Crémant. Sämtliche Links in diesem Text dienen allein Servicezwecken und sind nicht kommerziell.

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