Deutsche Weine im Rosé-Rausch?
Laut Deutschem Weininstitut hat sich die Rosé-Produktion in Deutschland um 16 Prozent gesteigert. In nur einem Jahr. Nämlich von 2022 auf 2023. Wobei sich in die kommunizierten Zahlen leider ein Fehler eingeschlichen hatte. Denn tatsächlich ist Rosé-Anteil in Sachen deutsche Weine rückläufig. Hier gibt’s die ganze Geschichte.
UPDATE: Eigentlich müsste ich diesen ganzen Artikel jetzt umschreiben. Denn wie sich in der Zwischenzeit herausgestellt hat, ist bei der Übermittlung der Zahlen aus Baden ein Fehler passiert. In der Tabelle für 2023 stand da nämlich, dass Baden nur noch 2.000 hl Rotwein, dafür aber 368.000 hl Roséwein produziert hätte. Was so leider nicht stimmt. Ich habe jetzt die korrigierte Tabelle erhalten: 186.000 hl Rotwein versus 182.000 hl Roséwein. So sieht es in Sachen deutsche Weine in Baden tatsächlich aus. Was dann leider auch die komplette Pressemitteilung ad absurdum führt. Denn statt 1.086.000 Hektoliter produzierten die deutschen Winzer:innen nur 900.000 Hektoliter Roséwein. Statt eines Zuwachs um knapp 16 Prozent, haben wir es hier also um einen Rückgang von 4,26 Prozent zu tun. Soviel dazu.
Die große Nachricht ist also keine große Nachricht. Um für Transparenz in der Kommunikation zu sorgen, lasse ich meinen Originaltext an dieser Stelle einfach stehen. In der Tabelle findest du dann die ursprünglich und die aktuell kommunizierten Zahlen. Grüße gehen an dieser Stelle an das Deutsche Weininstitut heraus. Vielen Dank, dass ihr den Fehler korrigiert habt! Bleibt nur zu hoffen, dass es dazu eine weitere Pressemitteilung gibt, damit auch WeinPlus und andere Branchen-Medien ihre Texte korrigieren können.
Was ursprünglich für deutsche Weine kommuniziert wurde
Pünktlich zum Wochenende verschickte das Deutsche Weininstitut (DWI) vergangenen Freitag eine Pressemitteilung mit zwei Themen. Zum einen stand da drin, dass im Vergleich zu 2022 im Jahr 2023 die trockenen Weine mengenmäßig um ein Prozent gestiegen sind. Zum anderen war da aber auch zu lesen, dass deutsche Weine eine weiteren Rosé-Boom erleben. Im Vergleich zu 2022 produzierten die Erzeuger:innen nämlich 200.000 Hektoliter mehr (ein hl = 100 l). Was einen Zuwachs von 16 Prozent bedeutet. Eine beachtliche Zahl. An der blieb ich ein wenig hängen. Deswegen habe ich beim Deutschen Weininstitut mach nachgefragt und mir die genauen Zahlen für alle 13 Anbaugebiete geben lassen. Die Zahlen stammen alle übrigens vom Deutschen Weinbauverband – nach Angaben der Qualitätswein-Prüfstellen. Nur, damit du weißt, dass die gleich folgenden Zahlen tatsächlich Hand und Fuß haben und gründlich recherchiert wurden. 😉
Deutsche Weine und die Zahlen für Rosés
Als mir nämlich die beiden Tabellen für deutsche Weine im Rosé-Bereich angeschaut habe, hat mich etwas stutzig gemacht. So stutzig, dass ich mal kurz den Taschenrechner rausholen musste. Denn in der Pressemitteilung hieß es ja, dass es innerhalb nur eines Jahres einen Zuwachs von 200.000 Hektoliter gab. Sorry, aber das ist für mich schon etwas arg aufgerundet. 2022 gab es eine Rosé-Produktionsmenge von 940.000 Hektolitern. 2023 waren es 1.086.000 Hektoliter. Ich mag ja eine Null beim Kopfrechnen sein, aber mein Taschenrechner lässt mich zum Glück nicht im Stich. Man produzierte 2023 146.000 Hektoliter mehr Roséwein in Deutschland – nicht 200.000. Was dann 15,53 Prozent macht. Wobei die Rundung vom Deutschen Weininstitut hier wenigstens korrekt war. 😉
Was leider nicht in der Pressemitteilung steht, dafür aber in der offiziellen Statistik (Tabelle 13) des Deutschen Weininstituts für die 2022er-Zahlen: Dass bei den Rosé-Zahlen in Sachen deutsche Weine auch Rotling und Weißherbst hinzugezählt wurden. Das kann ich verstehen. Denn sie sehen halt wie ein Roséwein aus. Offiziell dürfen sie sich laut deutschem Weingesetz aber nicht so nennen. Deutsche Weine und ihre Gesetze – es ist eine Krux! Eine saubere Trennung wäre vielleicht gut gewesen, aber hey, es ist doch eh schon alles so kompliziert. Warum also die Hürden noch höher legen?
Rosé-Vergleich mit allen Anbaugebieten
Ich bin ja hart dankbar, dass mir das Deutsche Weininstitut die Zahlen für 2023 auf Nachfrage zur Verfügung gestellt hat. Denn ich wollte wissen, wie es denn in den einzelnen Anbaugebieten so mit Roséweinen aussieht. Bevor ich hier viele Worte verliere, lass ich einfach Zahlenvergleich für sich sprechen:
Anbaugebiet | 2022 | 2023 | Veränderung |
Ahr | 13.000 hl | 13.000 hl | 0 |
Baden | 164.000 hl | ||
Franken | 41.000 hl | 33.000 hl | -8.000 hl |
Hessische Bergstraße | 2.000 hl | ||
Mittelrhein | 2.000 hl | 2.000 hl | 0 |
Mosel | 39.000 hl | 38.000 hl | -1.000 hl |
Nahe | 43.000 hl | 37.000 hl | -6.000 hl |
Pfalz | 252.000 hl | 236.000 hl | -16.000 hl |
Rheingau | 13.000 hl | 15.000 hl | +2.000 hl |
Rheinhessen | 214.000 hl | 194.000 hl | -20.000 hl |
Saale Unstrut | 4.000 hl | 4.000 hl | 0 |
Sachsen | 3.000 hl | 3.000 hl | 0 |
Württemberg | 150.000 hl | 140.00 hl | -10.000 hl |
Insgesamt | 940.000 hl |
Du siehst: Die Rosé-Produktion hat sich alles andere als homogen entwickelt. Während in vier Anbaugebieten die Produktionsmenge gleich geblieben ist, sank sie in Franken, Mosel, Nahe, Pfalz, Rheinhessen und Württemberg. Die 20.000 Hektoliter, die es 2023 in Rheinhessen weniger gab, haben mich ziemlich überrascht. Selbiges gilt für die Pfalz mit einem Minus von 16.000 Hektoliter.
Deutsche Weine: Rosé versus Rotwein
Komplett blieb mir dann aber die Spucke weg, als ich gesehen habe, dass in Baden sage und schreibe 202.000 Hektoliter mehr produziert wurde. Das stellt das Plus von 2.000 Hektoliter im Rheingau sowie der Hessischen Bergstraße ziemlich in den Schatten. Es ist jetzt aber auch nicht so, dass man in Baden wie verrückt Reben gepflanzt hat. Denn in der Pressemitteilung des DWI heißt es weiter, dass das Rosé-Plus beim Thema deutsche Weine zulasten der roten Gewächse ginge.
Diese seien nämlich 2023 nur noch mit 18 Prozent (also eigentlich 18,42 Prozent, wenn man es eben mal schnell selbst ausrechnet, um genauer zu sein) bei den deutschen Qualitäts- und Prädikatsweinen vertreten – im Jahr davor waren es noch 20,75 Prozent. In Sachen deutsche Weine wächst der Rosé also mehr als der Rotwein schrumpft.
Was ist denn in Baden los?
Übersetzt bedeutet das: Aus den roten Rebsorten entstehen mehr Rosés als Rotweine. Vor allem in Baden. Wirklich interessant wird es allerdings, wenn man sich die Rotwein-Zahlen aus Baden genauer anschaut. Produktionsmenge 2022: 178.000 Hektoliter. Und jetzt kommt’s: 2023 kam man da gerade einmal auf 2.000 Hektoliter. Das sind 98,88 Prozent weniger als im Vorjahr! Was war denn da in Baden los? Ja, es gab 2021 und 2022 Hagelschäden. Aber nicht so krass viel. Vor der Lese waren die Wetterbedingungen wohl auch nicht so optimal. Doch reicht das als Grund, lieber auf Roséweine statt auf rote Gewächse zu setzen? Oder war es gar eine bewusste Marketing- und Vertriebsentscheidung? Was auch noch möglich ist: Dass die Winzer:innen in Baden einfach weniger Rotwein zur Qualitätsweinprüfung angemeldet haben. Oder dass bei den Zahlen für die 2023er-Statistik irgendetwas schiefgelaufen ist.
Erklären kann ich diese Zahl jedenfalls nicht. Fragen dazu sind an die jeweiligen Stellen raus. Aber durch das Pfingstwochenende können sich die Antworten verzögern. Trotzdem wollte ich dir den unterschiedlichen Rosé-Wachstum im Bereich deutsche Weine nicht vorenthalten. Also bleibe ich am Thema Baden dran. 😉
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*Dieser Text erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und wurde weder beauftragt noch vergütet und spiegelt lediglich meine persönliche Meinung wider. Gesetzte Links sind nicht kommerziell, sondern dienen ausschließlich Service-Zwecken.
Ich bin beim Weißherbst jetzt irritiert: „Denn sie sehen halt wie ein Roséwein aus. Offiziell dürfen sie sich laut deutschem Weingesetz aber nicht so nennen.“ Ist Weißherbst nach der Weinverordnung nicht ein Wein aus Rosé-Verfahren, der aus einer einzigen roten Rebsorte besteht? Bislang bin ich der Ansicht, dass jeder Weißherbst auch als Rosé bezeichnet werden darf, und auch oft so vermarktet wird, da für viele Endverbraucher „Rosé“ ansprechender (und „mediterran“) klingt.
Laut deutschem Weingesetz darf man für einen Weißherbst auch noch bis zu 5% Rotwein (selbe Rebsorte, selbe Lage) mit hinein. Beim Roséwein ist das nicht gestattet. Das ist der feine Unterschied. Viele Winzer:innen verzichten zwar darauf und nennen ihren dann eigentlich Roséwein Weißherbst, weil halt 1 Rebsorte aus 1 Lage. Sie dürfen dann aber nicht noch zusätzlich Rosé mit aufs Etikett packen. Und wenn die 5% Rotwein genutzt werden, dann eh nicht.
Das mit den 5 Prozent war mir entgangen. Wieder etwas gelernt, danke!
Als ich das erste Mal über Weißherbst geschrieben habe, musste ich auch lange recherchieren, bis ich den wesentlichen Unterschied zu Rosé endlich hatte. 😉