Gran Reserva und Co: Reife-Angaben bei spanischen Weinen
Immer wieder begegnet man spanischen Weinen, die fett Begriffe wie Reserva oder sogar Gran Reserva auf dem Etikett tragen. Aber was hat es damit eigentlich genau auf sich? Sind das gesetzliche Bestimmungen? Ist das eine Qualitätsstufe? Oder vielleicht etwas ganz anderes? Die Antwort gibt’s hier.
Vor allem, wenn man gerade erst anfängt, sich mit Wein zu beschäftigen, können die unterschiedlichen Bezeichnungen und Begriffe höchst verwirrend sein. In genau diese Kategorie fallen Gran Reserva und Co. Es passiert jedenfalls regelmäßig, dass Weinanfänger:innen auf mich zukommen und fragen, aus welchem spanischen Weinanbaugebiet denn eine Gran Reserva kommt. Wenn ich dann „aus ganz Spanien“ antworte, ist das Staunen meistens groß. Das kann ich verstehen. Mir ging es ganz am Anfang nämlich auch so, dass ich Reserva und natürlich auch Gran Reserva mit der Rioja gleichgesetzt habe. Von hier mögen auch viele der bekanntesten Exemplare kommen. Aber Reserva und Co. sind eben keine geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.), sondern eine Reife-Angabe.
Wobei es tatsächlich nicht schadet, auch das spanische Herkunftssystem zu kennen. Here we go:
- Vino de Mesa (Tafelwein)
- Vino de la Tierra (Landwein)
- Denominación de Origen (DO, geschützte Ursprungsbezeichnung)
- Denominación de Origen Calificada (DOCa, qualifizierte Ursprungsbezeichnung)
- Vino de Pago (Einzellagen-Wein)
Gran Reserva und so: Herkunft versus Ausbau
Anders als beim Herkunftssystem geht es bei Gran Reserva und so weiter, aber nicht um den Ort, wo der Wein gewachsen ist, sondern um die Art und die Dauer seines Ausbaus. Und das ist in ganz Spanien tatsächlich genormt. Deswegen gelten die Begriffe eben auch für die Weine aller Anbaugebiete. So einfach ist das.
Bevor wir tiefer in die Materie einsteigen, gibt’s aber auch hier erst einmal den kompakten Überblick. Voilà:
- Joven
- Crianza
- Reserva
- Gran Reserva
Die Reife-Angaben gelten übrigens nicht nur für die Rotweine, sondern auch für Weißwein und Rosé. Allerdings sind sie da anders definiert. Aber steigen wir mal etwas tiefer in die Materie ein.
Jung und fruchtig: Joven
Manch ein Weinprofi bezeichnet die Reife-Kategorie Joven als “Basisqualität”. Mich schüttelt es dann immer kurz. Denn die Reife-Angaben haben nichts, aber auch wirklich nichts mit der Qualität eines Weins zu tun. Es gibt qualitativ hervorragende Joven-Weine und anders herum Gran Reservas, die man tunlichst wegkippen sollte. Was aber stimmt: Joven-Gewächse sind allesamt sehr trinkig, weil jung, frisch und fruchtig.
Für einen Joven gibt es keine Mindestreifezeit. Und auch ein Ausbau im Holzfass ist nicht verpflichtend. Sie bilden deswegen den idealen Einstieg in die Geschmackswelt der spanischen Weine. Und: Bitte lass‘ sie nicht zu lange liegen. Gerade, weil sie doch sehr fruchtbetont sind und wenig Gerbstoff haben, eignen sich Joven-Weine nicht für eine lange Lagerung. Nach ein oder zwei Jahren sollten sie leer sein.
Mit etwas mehr Anspruch: Crianza
Bei der zweiten Reife-Angabe zeigt sich bereits ein anderes Bild. Willkommen in der Crianza-Welt. Hier ist bei Rotweinen eine Mindestreifezeit von 24 Monaten verpflichtend. Sechs Monate davon muss der Wein im Holzfass verbracht haben. Wobei es hier keine Vorgaben gibt, um was für ein Fass es sich handeln muss. Vom Barrique bis zum Fuder ist quasi alles möglich. Für Weiß- und Roséweine sind 18 Monate Reifezeit vorgegeben – sechs davon im Fass.
Crianza-Weine bieten dir bereits mehr Komplexität und Struktur als Joven-Weine, behalten aber oft noch eine gewisse Frische und Fruchtigkeit. Damit schlagen sie die ideale Brücke zur nächsten Reife-Angabe.
Es wird Seriös: Reserva
Eine Reserva (jupp, bitte immer die korrekte weibliche Form benutzen) kann bereits ein kleines Schwergewicht am Gaumen sein. Kein Wunder! Schließlich muss sie mindestens 36 Monate reifen – 12 davon im Holzfass. Zumindest wenn sie ein Rotwein ist. Bei Weißweinen und Rosé verkürzt sich die Mindestreife auf 24 Monate. Sechs Monate müssen aber auch diese Gewächse im Holzfass ausgebaut werden.
Reserva-Weine haben schon ordentlich Grip und Tiefe. Komplexität und Eleganz gehen hier meistens Hand in Hand. Neben fruchtigen Nuancen kannst du hier auch prima Fass- und Reifenoten entdecken. Ja, auch bei den Weiß- und Roséweinen. Für mich sind da alle Weinfarben übrigens hervorragende Speisenbegleiter. Weil sie mehr Rückgrad mitbringen, das Essen an sich aber nicht überdecken oder gar mit ihren Aromen zukleistern.
Königsdisziplin: Gran Reserva
Kommen wir endlich zu der Reife-Angabe, auf die alle scharf sind. Der Gran Reserva. Das klingt nicht nur so schön majestätisch. Und wenn es um die Zeit der Reife geht, dann sind diese Weine das auch. 60 Monate sind bei Rotweinen als Minimum vorgeschrieben – 18 davon im Fass. Die Weiß- und Roséweine müssen immerhin auf 48 Monate insgesamt kommen. Hier sind, wie auch schon bei Crianza und Reserva allerdings nur sechs Monate Fassausbau vorgeschrieben. Was ja auch irgendwie Sinn ergibt. Diese Gewächse haben nur wenig oder gar kein Tannin. Bei einer längeren Reifezeit könnte das Holz die eigentlichen Weineigenschaften hier schnell überlagern.
Die Gran Reserva gilt als Königsdisziplin, die eine kleine Ewigkeit reifen kann. Grundsätzlich stimmt das auch. Trotzdem solltest du bei einer Gran Reserva nicht einfach blindlings zugreifen, wie mal ein Wein-Influencer auf Instagram gesagt hat. Die Qualitätsunterschiede können nämlich erheblich sein. Bei einigen Gran Reservas komme ich mir vor wie ein Biber, der am Holz nagt. In der Regel herrscht in den Weinen aber tatsächlich eine schöne Balance von hintergründiger Frucht, Reife- und Fassnoten.
Reserva, Gran Reserva und der Rest der Welt
Wenn du übrigens denkst, dass Reserva und Gran Reserva eine rein spanische Wein-Angelegenheit ist, dann muss ich dich jetzt enttäuschen. In Frankreich kennt man mit der Resèrve und der Grande Resèrve auch unterschiedliche Reife-Angaben. In Deutschland und Österreich sind es dann die Reserve und die Große Reserve. Ach, und Italien hat selbstverständlich die Riserva.
Die Reifezeiten mögen von Land zu Land unterschiedlich sein. Aber letztlich ist überall auf der Welt nur eines gemeint. Nämlich dass die jeweiligen Weine eine bestimmte Zeit im Holzfass ausgebaut wurden und ansonsten im Edelstahltank oder in der Flasche reifen. Letzteres ist der übliche Weg. Spanien ist nur eben das Land, dass diese Begrifflichkeiten auf die Spitze getrieben hat.
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