Viele Weinflaschen auf einem Rasen zum Thema histaminfreier Wein

Histaminfreier Wein: Hintergründe und Infos auf einem Blick

In einer Zeit, in der immer mehr Menschen an Unverträglichkeiten leiden, kommen auch immer mehr Produkte auf den Markt, die diesen speziellen Bedürfnissen gerecht werden. Bestes Beispiel ist da etwa histaminfreier Wein.

Um es gleich vorwegzunehmen: histaminfreier Wein darf als solcher seit Anfang 2015 nicht mehr auf dem Etikett einer Weinflasche gekennzeichnet werden. Selbiges gilt auch für die Bezeichnung histaminarmer Wein. Das hat die EU verboten. Der Grund? Es handelt sich um eine gesundheitsbezogene Angabe. Deswegen findet ihr jetzt auf den Etiketten der Weinflaschen die Bezeichnung histamingeprüfter Wein, wenn es sich um einen histaminfreien Wein handelt.

Aber ab wann ist ein Wein histaminarm bzw. histaminfrei? Und was ist Histamin eigentlich? Fangen wir also von vorne an. Histamin ist ein biogenes Amin. Also ein Eiweißstoff. Zum einen wird Histamin von den Mastzellen (das sind spezielle weiße Blutkörperchen) gebildet und nach einer Immunreaktion freigesetzt. Zum anderen entsteht Histamin durch den bakteriellen Abbau der Aminosäure Histidin in Lebensmitteln. Histamin kommt vor allem in pflanzlichen Nahrungsmitteln wie z.B. Spinat oder Tomaten vor. Es findet sich aber auch in leicht verderblichen Lebensmitteln wie Fisch. Oder in fermentierten Produkten. Also in Käse (wer empfindlich reagiert, sollte bei einem Raclette also vorsichtig sein), Wurst, Sauerkraut, Bier. Und Wein.

Histaminfreier Wein im Glas auf einem Tisch mit Buch und Baguette im Halbschatten
Histaminfreier Wein wird inzwischen von vielen Winzern gemacht ©stux/Pixabay

Histaminintoleranz – ein paar Zahlen

Ein gesunder Mensch kann Histamin dank des Enzyms Diaminoxidase (DAO) ohne Probleme abbauen. Bei circa 1% der Weltbevölkerung wird dieses Enzym allerdings nicht vom Körper  produziert. Das Histamin wird also nicht auf natürlichem Weg abgebaut und gelangt so durch die Darmwand in den Organismus. Die Folgen sind unterschiedlich stark: gerötete Haut, Schwindel, Schwellungen, Kurzatmigkeit, ein starkes Jucken, oder sogar starke Schmerzen oder extremer Bluthochdruck.

Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass lediglich 1% der Weltbevölkerung von einer sogenannten Histaminintoleranz (HIT) betroffen sind. Da die Symptome aber auch sehr schwach sein können, wird zugleich angenommen, dass es tatsächlich bis zu 20% sind. Vor allem Frauen mittleren Alters leiden häufig an HIT.

Rote Weintrauben in einer Nahaufnahme
Rote Rebsorten enthalten mehr Histamin ©Didgeman/Pixabay

Histaminfreier Wein – und was sich dahinter verbirgt

Aber was hat Histamin jetzt mit Wein zu tun? Nun, Histamin kommt in fast jedem Wein vor. Allerdings häufig in geringen Mengen. Während es Lebensmittel gibt, die bis zu 250mg Histamin pro 100 Gramm haben, findet man in einem Liter Weißwein meist weniger als 1mg Histamin. Bei einem Rotwein sind es maximal 4mg. Was sich auf den ersten Blick nach nicht viel anhört, kann durchaus starke Auswirkungen haben. Denn beim Wein kommt ja noch die Wirkung des Alkohols hinzu. Dieser hemmt nicht nur die Tätigkeit der Enzyme, sondern kann auch Histamin freisetzen, das sich bereits im Körper befindet.

Kein Wunder also, dass sich inzwischen einige Winzer auf die Produktion histaminfreier Weine spezialisiert haben. Wobei eine Spezialisierung aufgrund des eh schon recht niedrigen Histaminwertes im Wein gar nicht sooo schwierig ist. Zum einen ist die Rebsorte entscheidend. Weiße Rebsorten haben generell weniger Histamin als rote. Zum anderen spielt der biologische Säureabbau eine entscheidende Rolle. Findet dieser nämlich statt, erhöht sich der Histaminwert aufgrund der Milchsäurebakterien. 

Weiße Weintraube am Rebstock
In weißen Rebsorten steckt meist weniger Histamin ©Optimusius1/Pixabay

Wie histaminfreier Wein gemacht wird

Auch wenn sich viele Winzer, die histaminfreie Weine machen, gerne bedeckt halten, sobald es um die Vinifikation geht, gibt es doch ein paar Grundregeln (neben den bereits genannten), mit denen man den Histaminwert reduzieren oder niedrig halten kann:

  • Rasche Verarbeitung der Trauben
  • Besonders gründliche Reinigung und Hygiene im Keller
  • Verwendung von Reinzuchthefen
  • Vergärung und Ausbau im Stahltank
  • Bei Rotweinen werden auch gerne mal Maische und Wein erhitzt, um das Histamin zu reduzieren

Ein Wein gilt übrigens als histaminfrei, wenn er 0,1mg Histamin pro Liter hat. Histaminarm ist er bei bis zu 0,25mg pro Liter. Nur wie bereits gesagt: histaminfreier Wein darf so nicht mehr gekennzeichnet werden. Wenn ihr euch auf die Suche nach solchen Weinen begebt, dann ist die Bezeichnung “histamingeprüfter Wein” für euch entscheidend.

Arzt mit Handschuhen, der etwas schreibt
HIT: Im Zweifelsfall immer zuerst einen kontaktieren ©ckstockphoto/Pixabay

Im Zweifelsfall bitte einen Arzt kontaktieren

Falls ihr zu den Menschen mit HIT gehört, heißt das nicht automatisch, dass ihr nur noch zu Hause selbst gekauften Wein trinken dürft. Schließlich möchtet ihr vielleicht ja auch einmal im Restaurant oder auf einer Party das ein oder andere Gläschen Wein genießen. Falls der Sommelier keine verlässlichen Informationen für euch hat (was unwahrscheinlich ist), könnt ihr es, bei einer sehr leichten Unverträglichkeit, vielleicht trotzdem wagen.

Allerdings solltet ihr aus den oben genannten Gründen eure Finger lieber von Rotwein lassen und ausschließlich zu Weißwein greifen. Und hier gilt:  je jünger ein Wein, desto niedriger der Histaminwert. Außerdem sollte er kein Holz gesehen haben. Ich kann aber jeden verstehen, der lieber auf Nummer sicher gehen möchte, und zu einer Schorle oder ähnlichem greift statt zu einem Glas Wein, wenn er oder sie mit HIT zu kämpfen hat. Im Zweifelsfall kann euch eh nur einer sagen, ob bei stark ausgeprägter HIT Wein überhaupt für euch infrage kommt: der Arzt eures Vertrauens.

Copyright Titelbild: ©shedreamsinpink/Pixabay

*Dieser Text ist medizinisches nicht abgesichert. Er ersetzt keinen Besuch beim Arzt. HIT-Betroffene sollten aber genau diesen konsultieren, wenn sie noch keine Erfahrungen mit histamingeprüften Weinen gesammelt haben. Ansonsten gilt: der Text wurde weder in Auftrag gegeben noch vergütet. Gesetzte Links sind nicht kommerziell und dienen allein Service-Zwecken.

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