Mit Wein kochen
Immer wieder beschäftige ich mich hier auf Bottled Grapes damit, welcher Wein zu welchem Essen passt. Höchste Zeit, das Thema mal aus der anderen Richtung aufzurollen. Denn schließlich kann man mit Wein auch kochen. Und das sogar sehr gut.
Am Anfang steht ein Geständnis: Ich koche nicht gerne. Um ehrlich zu sein, kann ich das auch gar nicht gut. Deswegen gehört meinem Mann die Küche. Ich schütte regelmäßig ein Glas Wein in den Koch und halte mich ansonsten an das Motto „Prosecco öffnen ist auch irgendwie kochen“. Aber weil ich halt auch gerne in dampfende Töpfe und brutzelnde Pfannen gucke, habe ich im Laufe der Zeit eben doch gelernt, wie man Wein als „Zutat“ einsetzt.
Mit Wein zu kochen lohnt sich übrigens sehr. Die Aromen machen sich im Essen wirklich gut und geben meist den finalen Kick, den ein Gericht so braucht. Wer noch nicht soviel Erfahrung damit hat, sollte den Wein zunächst etwas sparsamer einsetzen. Also eher wie ein Gewürz und nicht wie Wasserersatz. 😉 Ich habe mir aber von meiner besseren Hälfte sagen lassen, dass man da schnell viel Sicherheit bekommt.
Welcher Wein in welches Gericht?
Es gibt eine einfache Faustregel: Weißwein für Fisch und helles Fleisch, Rotwein für Schmorgerichte und generell für rotes Fleisch. Ausnahmen bestätigen natürlich auch hier die Regel. Nehmt zum Beispiel den französischen Gaumendauerbrenner Coq au Vin. Da kommt tatsächlich Rotwein rein. Und das nicht zu knapp. Außer im Elsass. Hier verwendet man Riesling. Jede Region hat halt so ihre Spezialitäten.
Egal, ob nun Rot- oder Weißwein zum Kochen genommen wird – die Qualität sollte stimmen. Denn der Wein bringt eben nicht nur Gerbstoffe oder Säure ins Essen. Es geht auch um Restzucker und vor allem um das Aromenspiel an sich. Generell gilt hier: der Wein, den ihr nutzt, sollte trinkbar sein. Gut, einige Experten raten dazu, den Wein zu verwenden, den es später dann auch zum fertigen Gericht zu trinken gibt. Wir sind da nicht ganz so dogmatisch. Oder zu knauserig. Sucht euch was aus. Aber einen 40-Euro-Wein in die Soße zu kippen, tut meiner Meinung nach echt nicht Not. Es muss aber auch nicht der billige 1,50-Euro-Wein aus dem untersten Supermarktregal sein. Wir halten uns meistens an Gutsweine und kochen damit recht gut. Und mit „wir“ meine ich meinen Mann. 😉
Rotwein im Essen
Die Faustregel habe ich ja schon genannt. Rotwein kommt meistens ins Spiel, wenn es um rotes oder geschmortes Fleisch geht. Wenn ihr Wein zum Verfeinern von Schmorgerichten nehmt, habt bitte ein Auge darauf, wie sehr die Flüssigkeit einkocht. Je höher die Reduktion, desto deutlicher treten die Gerbstoffe des Rotweins in den Vordergrund. Das kann mitunter recht bitter werden, was ja nicht unbedingt jeder mag. Falls euch euer Gericht mal zu tanninreich gerät, könnt ihr es mit Sahne noch retten. Die hilft nämlich recht gut gegen einen zu heftigen Gerbstoffgeschmack. Und noch ein Tipp: reduziert Wein bitte nur bei geringer Hitze, damit euch die Aromen nicht flöten gehen.
Mit Rotwein kann man Fleisch übrigens auch hervorragend marinieren. Er gibt nicht nur wunderbar seine Aromen ab, sondern macht das Fleisch auch schön geschmeidig. Kennt ihr Daube provençale? Das ist ein französisches Gulasch, bei dem das Fleisch mehrere Tage in Rotwein und Kräutern eingelegt wird. Die Intensität, die dadurch entsteht, ist phänomenal! Und bevor gemeckert wird: natürlich profitieren auch vegetarische und vegane Gerichte von der Rotweinaromenwelt. Vor allem, wenn Tomaten und Auberginen im Spiel sind. Oder eben die berühmten Rotweinzwiebeln.
Weißwein im Essen
Wer gerne mit Säure beim Kochen spielt, der sollte immer eine Flasche Weißwein als Kochwein griffbereit haben. Ob nun zum Ablöschen von Fisch und Geflügel, im Risotto oder in der hellen Pasta-Soße – Weißwein verleiht vielen Gerichten den nötigen Frischekick. Denn gerade das Zusammenspiel von Säure und Restsüße bringt ordentlich viel Spannung ins Spiel.
Aber Vorsicht: solltet ihr zusätzlich auch noch mit Zitrone oder Essig hantieren, kann es schnell passieren, dass das Essen zu sauer wird. Und da hilft es auch nur bedingt, mit Zucker gegenzusteuern. Deswegen ist es ratsam, alle säurehaltigen Komponenten zunächst vorsichtig zu dosieren, zu probieren und dann vorsichtig weiter abzuschmecken. Sauer macht halt nicht immer lustig. Ausnahmen bestätigen natürlich auch hier die Regel. Schließlich muss es ja nicht grundsätzlich der Riesling sein, der im Essen landet. Man kann auch super mit Weißburgunder oder Silvaner kochen. Da ist die Säure meist nicht ganz so knackig. Trotzdem hat man eine schöne Aromenvielfalt. Je nachdem, was man gerade halt so braucht.
Kochen mit Portwein und Süßwein
Kommen wir mal zum Thema dunkle Saucen. Habt ihr da schon mal ein wenig Portwein reingetan? Vielleicht sogar mit einem Stückchen Zartbitterschokolade? Für mich ist das reiner Gaumensex! Echt jetzt! Probiert es einfach mal aus! Wobei sich Portwein auch super für Desserts eignet. Stichwort Portweinbirnen. Einfach nur lecker.
Auch Süßweine machen sich im Essen gut. Vor allem, wenn es in die scharf-süßliche Richtung gehen soll. Asiatische Gerichte lassen sich damit ganz hervorragend aufpeppen. Wobei ich auch Desserts mit Süßweinen toll finde. In Verbindung mit Mascarpone-Creme zum Beispiel. Wobei auch nichts gegen Rotwein in der guten alten Rotweincreme spricht, wie ich finde.
Fehlerhaften Wein verkochen?
Ich habe ja schon geschrieben, dass wir nur mit Weinen kochen, die wir auch trinken würden. Das ist keine neue Erfindung, das wird auch von jedem Koch und Weinexperten so empfohlen. Deswegen war ich bis vor Kurzem auch felsenfest davon überzeugt, dass Weine mit Fehlern in den Ausguss gehören und nicht in den Kochtopf. Wer will denn zum Beispiel den moderigen Muffgeschmack eines Korkschmeckers im Essen haben? Eben!
Neulich habe ich aber gerade zum Thema Korkschmecker etwas äußerst Interessantes gelesen. Denn TCA (also 2,4,6-Trichloranisol), das ja für diesen Weinfehler verantwortlich ist, soll beim Kochen komplett verdampfen – und das Essen dementsprechend von den Weinaromen profitieren. So ganz mag ich das noch nicht glauben. Deswegen habe ich mir fest vorgenommen, meinen Mann zu überreden, einen Selbstversuch zu starten, wenn wir mal wieder einen Korkschmeckerwein haben sollten. Reizvoll ist der Gedanke ja schon. So könnte man den edlen und doch verdorbenen Tropfen einer neuen Bestimmung zuführen.
Wein im Essen: Und was ist mit Kindern?
Kommen wir zum letzten, aber nicht eben unwichtigen Punkt. Können auch Kinder Gerichte essen, die mit Wein zubereitet wurden? Hier wird es etwas komplizierter. Alkohol verdunstet ab einer Temperatur von 78°C. Das hört sich schon mal gut an. Wenn er allerdings in anderen Flüssigkeiten gebunden ist (hallo, Wein!), dauert es länger, bis er sich komplett verflüchtig. Noch länger dauert es, wenn zusätzlich Fett (hallo, Essen!) ins Spiel kommt.
Um konkret zu werden: zu 100% ist Alkohol erst nach drei Stunden verkocht. Je kürzer die Brutzelzeit, desto mehr Alkohol ist also noch im Essen drin. Womit Wein nicht nur im Glas, sondern auch auf dem Teller nur etwas für Erwachsene ist. Es sei denn, es handelt sich um ein Schmorgericht. Das ist ja meist sogar länger als drei Stunden im Ofen oder auf dem Herd und kann dementsprechend auch von Kindern bedenkenlos verzehrt werden. In diesem Sinne: bon appetit.
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*Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern gibt lediglich ein paar Tipps.
Das mit dem Grundsatz, daß man zum Essen auch den Wein verwenden soll, den man später dazu trinkt, halte ich auch für groben Blödsinn, denn der Wein wird beim Kochen ja gehörig thermisch behandelt. Einen kurz aufgekochten Barolo erkennt man später als solchen nicht wieder, und ich wage auch zu bezweifeln, daß jemand beim Risotto einen ggf. verwendeten Champagner ‚rausschmeckt…
Meist verwenden wir hier tatsächlich Weine aus dem Supermarkt aus der 5 Euronen-Klasse, wobei ich da auch nicht alles nehme, was mir in die Finger kommt, es muß tatsächlich auch schön trinkbar sein. Zu tanninreich ist schwierig, zu primärfruchtig oft auch, metallische Noten findet man im Essen 1:1 wieder.
Daß TCA beim Kochen crackt, kann ich so nicht bestätigen, da gibt’s bereits mißlungene Selbstversuche. Allenfalls kann man das wagen, wenn man den Muff vorher mit Frischhaltefolie (deren Beschichtung reagiert mit dem TCA) komplett wegbekommt, aber selbst dann bleibt häufig nur eine fade Suppe übrig, je nachdem, wie lange das Zeug schon in der Flasche wüten konnte. Ich gehe da kein Risiko mehr ein…
Hast du den Muffgeruch mit Frischhaltefolie schon mal komplett wegbekommen? Ich nämlich nicht. Aber gut zu wissen, dass dann auch kochen nicht mehr hilft. Dann brauche ich den Selbstversuch erst gar nicht starten. 😉
Und meine Rede: sehr guter Wein im Essen ist irgendwie verschwendung. Ein einfacher Gutswein tut’s da auch. Solange man ihn auch so trinken mag.
Ja, das hat schon ein paar mal gut funktioniert. Oft genug aber auch nicht. Einen Versuch ist’s aber allemal wert, gerade bei jüngeren Weinen. Bei älteren Weinen kann es passieren, daß man den Muff zwar eliminieren kann, der Wein dann aber trotzdem ausdruckslos bleibt, weil das TCA wohl auch mit den Aromastoffen reagiert. Zuletzt konnte ich das bei einem 2009er Amistar bianco von Peter Sölva feststellen, der Korkmuff war dann zwar komplett weg, aber der Wein wirkte über die Maßen und irgendwie nicht ganz vorteilhaft gealtert. Die korkfreie Konterflasche war dann ein ganz anderes Vergnügen. ( https://ec1962.wordpress.com/2019/05/12/was-kraeftiges-aus-kaltern/ – falls hier keine Verlinkung erwünscht ist, bitte einfach löschen…)
In meinem Bekanntenkreis habe ich auch jemanden, der darauf schwört, TCA-Weine zu verkochen, er würde da überhaupt nix nachteiliges herausschmecken. Allerdings habe ich auch mal irgendwo gelesen, daß die Wahrnehmungsschwelle bezüglich der TCA-Abbauprodukte stark unterschiedlich sein kann, womöglich bin ich da einfach sehr sensibel. Deshalb investiere ich lieber die 5 Euronen in eine Flasche brauchbaren Kochweins (zur Zeit nehme ich vermehrt die „Laessiger“-Weine von Edlmoser in Wien, die’s in unserem Supermarkt gibt). Und zum Glück fällt bei mir eh recht selten Korkwein an… 😀
Wahrscheinlich bin ich in Sachen TCA dann auch sensibel. Bei mir hat der Trick mit der Frischhaltefolie noch nie richtig funktioniert. Faszinierend: ich habe vergangene Woche erst von nem Kollegen beigebracht bekommen, was ein versteckter Korkfehler ist. Und jetzt lese ich dieses Phänomen des Weins, dem man seines Charakters dadurch beraubt hat, aus deiner Erfahrung wieder.
Und du kannst ruhig verlinken. 😉