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Kriminelle Ader: Traubenklau während der Weinlese

Der Diebstahl von reifen Trauben gehört definitiv zu den Schattenseiten im Weinbau. Momentan haben die Winzer im Burgund derart damit zu kämpfen, dass die Polizei nachts und am frühen Morgen durch die Weinberge patrouilliert – und sogar private Überwachungskameras aufgestellt werden. Dabei ist das Phänomen Traubenklau nicht nur in Frankreich, sondern auch in Deutschland ein großes Problem.

Bis Anfang 2019 hatten wir hier in Hamburg noch einen Weinberg. Den Stintfang. Der musste inzwischen zwar Bauarbeiten weichen, aber jeder Hamburger erinnert sich an eine ganz bestimmte Tradition. Fast jedes Jahr, kurz vor der Weinlese, gab es diese eine Meldung, die sich durch die lokale Presse wälzte. Traubenklau am Stintfang! Mal fraßen die Vögel alle Beeren auf, meistens waren tatsächlich Diebe am Werk.

Gut, soooo genießbar soll der Wein nie gewesen sein. Deswegen rief die Nachricht hierzulande meistens nur ein Lächeln hervor. Ein Jux eben, der irgendwann zur Tradition wurde. Nun hat der Hamburger Weinberg aber rein gar nichts mit der Realität eines richtigen Winzers zu tun. Wenn dem Trauben geklaut werden, dann tut das weh. Und da geht es nicht nur um den finanziellen Schaden, sondern auch um den Marktwert und natürlich all das Herzblut.

Deutschlands spektakulärster Traubenklau

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Vollernter im Einsatz ©matthiasboeckel/Pixabay

So ungewöhnlich sich Traubenklau auch anhören mag – er kommt immer wieder vor. Auch in Deutschland. Hier ereignete sich der wohl spektakulärste Diebstahl 2011 im pfälzischen Deidesheim und betraf das Weingut von Winning. Sage und schreibe 2,5 Tonnen Spätburgunder wurden während einer Nacht-und-Nebel-Aktion mithilfe eines Vollernters geklaut. Die komplette Lage Herrgottsacker. Der wirtschaftliche Schaden belief sich auf etwa 100.000 Euro.

Aber das war es nicht allein, was Stephan Attmann, dem Geschäftsführer des Weinguts, das Herz bluten ließ. Schließlich steckt in Qualität enorm viel Handarbeit. Die wochenlange Selektion für die Handlese – alles für die Katz. Und um noch einen draufzusetzen: Da die Trauben der kompletten Lage weg waren, bedeutete das auch, dass von Winning einen Jahrgang seines Pinot Noir I nicht in den Handel bringen konnte. Nun ist der Weinmarkt ja ein knallharter Verdrängungsmarkt. Gibt es einen Wein nicht, füllt ein anderer die Regale – ohne Garantie, dass man seinen alten Platz im nächsten Jahr wiederbekommt. Das ist schon bitter. Der Traubenklau in Deidesheim wurde bis heute übrigens nicht aufgeklärt.

Versehentlicher Vollerntereinsatz

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Wem gehört was? ©piro4/Pixabay

In einem ganz so großen Stil wird normalerweise wohl nicht gestohlen. Aber 2011 häuften sich die Einzelfälle in den Weinanbauregionen derart, dass 2012 sogar mancherorts die Polizei samt Hundestaffel auf Streife ging. Vor allem rund um Heilbronn und Stuttgart, wo im Vorjahr mehrere Tonnen Trauben verschwanden. Nicht immer muss Vorsatz (wie auch immer er geartet sein mag – von Neid, Missgunst bis hin zur wirtschaftlichen Notlage aufgrund von massiven eigenen Frost- oder Hagelschäden kann alles dabei sein) dahinterstecken. Gerade, wenn im Wingert ein Vollernter zum Einsatz kommt. Während kleinere Weingüter sich einen solchen oft nicht leisten können und deswegen auf einen Dienstleister zurückgreifen, der die maschinelle Lese für sie übernimmt, setzen sehr große Weingüter mit einer entsprechenden Anbaufläche auch gerne auf eben solche Dienstleister, die bei der Lese unterstützen.

Manchmal ist für die externen Helfer nicht ganz klar, an welcher Rebstockreihe das Traubenreich des Auftraggebers endet. So kann es passieren, dass die nächsten paar Reihen vom Nachbarn auch abgeerntet werden. Klar, spätestens wenn die Trauben auf dem Hof ankommen, müsste dem Winzer eigentlich auffallen, dass es zuviele sind. Aber Lese bedeutet eben auch Stress. Da hat man nicht unbedingt überall ein Auge drauf. So erging es im vergangenen Jahr einem weiteren Winzer aus Deidesheim, der zuerst dachte, dass ihm 1,6 Tonnen Riesling aus dem Wingert geklaut wurden. Es stellte sich dann aber heraus, dass ein nicht ortskundiger Vollernter-Fahrer sie einfach mit abgeerntet und zu einem benachbarten Weingut gebracht hatte. Dort wurde das Zuviel nicht bemerkt und die Trauben weiter verarbeitet. Mehr als unglücklich. Der Sachverhalt fiel dann aber doch noch auf und man einigte sich auf eine Schadensersatzzahlung. So kann’s halt auch gehen.

Traubenklau in großen und in ganz kleinen Dimensionen

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Hier ist die Traubenwelt noch in Ordnung ©jillwellington/Pixabay

Ich könnte jetzt noch zahlreiche Fälle von bekannten und auch weniger bekannten Weingütern aus ganz Deutschland aufzählen. Fängt man erst einmal an zu recherchieren, findet man in der jeweiligen Lokalpresse haufenweise Traubendiebstähle. Da muss man also gar nicht groß gen Burgund blicken, wie es die Welt gerade macht. Wobei es natürlich schon besonders spektakulär ist, dass da manche Lage inzwischen videoüberwacht wird. Das treibt in Sachen Sicherheit ganz neue Blüten, die leider nötig zu sein scheinen. Wer übrigens von der Gendarmerie, die auf ihren Patrouillen Nachtsichtgeräte trägt, um sich besser anschleichen zu können, erwischt wird, dem drohen im Burgund bis zu drei Jahre Haft und ein Bußgeld von 45.000 Euro.

Aber es muss ja nicht immer der professionelle Traubenklau im großen Stil sein. Was mich momentan oft traurig macht, sind all die schönen Instagram-Bilder, die noch schönere Menschen in Weingärten zeigen, wie sie gerade ein paar Beeren naschen. Und auf denen der Winzer weit und breit nicht zu sehen ist. Was für mich impliziert, dass das ohne dessen Wissen und Einverständnis passiert. Klar, man muss jetzt nicht päpstlicher als der Papst sein. Die paar Weinbeeren. Aber stellt euch mal folgendes vor: in beliebten Weinanbaugebieten wandern auch zur Lesezeit hunderte Menschen durch die Lagen. Wenn jeder „nur ein paar Beeren“ nascht, kann sich das schnell summieren. Klar, ein Kavaliersdelikt. Aber eben auch Traubenklau. 😉

Nachweis Titelbild: ©bru-no/Pixabay

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