Winzereherpaar Galler mit ihrem neuen Wein aus der Bier-Pfandflasche

Pfandflasche: Weingut Galler setzt bei Wein jetzt auf Mehrweg

Neben No and Low Alcohol gibt es 2023 auf der ProWein noch ein weiteres Schwerpunktthema. Nämlich alternative Verpackungen. Eines der Highlights wird da wahrscheinlich die neue Cuvée vom Weingut Galler sein. Denn die kommt in einer ebenso gängigen wie ungewöhnlichen Pfandflasche daher.

Schon im vergangenen Jahr gehörte die Verpackung von Wein zu den großen Themen in der Weinbranche. Die Bag-in-Boxes floppten, die Glasflaschen wurden knapp. Und Jancis Robinson und Hugh Johnson starteten ihre Offensive gegen schwere Weinflaschen. Auch 2023 tut sich mächtig was auf dem Weinmarkt in Sachen Verpackung. Denn dass Glasflaschen alles andere als umweltfreundlich sind, spricht sich auch bei den Konsumenten immer weiter herum. Kein Wunder, dass Mehrweg dieses Jahr also voll im Trend liegt! Da wäre zum Beispiel die Weinheimat Württemberg, die nach ihrer Liter-Pfandflasche auf der ProWein 2023 nun auch beabsichtigt, ihre neue 0,75 Pfandflasche vorzustellen. Dieser Mehrweg-Pool soll im Laufe des Jahres von 12 Winzern genutzt werden. Für die Region also eine wirklich schöne Lösung!

Was aber, wenn man die Pfandflasche nicht regional abgeben kann, um sie einem erneuten Lebenszyklus zuzuführen? Hier kommt jetzt das Weingut Galler aus der Pfalz ins Spiel. Denn auch Ansgar und Katja Galler werden auf der ProWein 2023 in Düsseldorf einen neuen Wein in einer Mehrwegflasche präsentieren. Allerdings hat die keinen eigenen Rückgabekreislauf, sondern ist an das Pfandsystem von Bierflaschen eingegliedert. Denn ja, die Cuvée “2/4 Wein” aus Sauvignac und Johanniter kommt stilecht in einer halbliter Bierflasche mit Kronkorken daher. Ein mutiger Schritt, der wohl viele distinguierte Weinliebhaber erstmal die ablehnende Zornesröte auf die Wangen treiben könnte. Tatsächlich ist diese Pfandflasche, die sich nahtlos in ein bereits lange etabliertes und dementsprechend funktionierendes Mehrwegsystem einfügt, einfach nur ein konsequenter Schritt in die richtige Richtung. Vor allem, wenn man so denkt und arbeitet wie Ansgar Galler.

Ehepaar Galler vom Weingut Galler steht im Winter im Weingarten
Haben eine gemeinsame Vision: Katja und Ansgar Galler. © Weingut Galler

Galler und der Piwi-Wein aus der Pfandflasche

Denn der Winzer gilt schließlich nicht umsonst als großer Piwi-Pionier in Deutschland. Nur wenige andere Weingüter in Deutschland legen ihren Fokus derart auf die pilzwiderstandsfähigen Rebsorten wie der Betrieb aus der Pfalz. Neuartig- oder gar Andersartigkeit, um sich von der Konkurrenz abzuheben, ist dabei mal so ganz und gar nicht der Antrieb von Ansgar Galler. Ihm geht es darum, so naturnah und nachhaltig wie möglich zu arbeiten. Rebsorten, die deutlich, deutlich weniger gespritzt werden müssen, sind da nur die logische Konsequenz. Doch hört ökologische Nachhaltigkeit an der Füllanlage auf? Galler setzt einen neuen Impuls und füllt Wein nun in die Pfandflasche aka Bierflasche.

“Warum gibt es heute Nüsse und Kichererbsen in den typischen Joghurt-Pfandgläsern, aber keinen Wein in Pfandflaschen?” Mit dieser Frage kam Katja Galler Anfang 2022 vom Einkaufen nach Hause. Ein Blitzen im Blick zwischen Ansgar und Katja Galler, und sie waren sich einig: “Wir gehen in Sachen Nachhaltigkeit noch einen Schritt weiter. Was sich bei Lebensmitteln langsam durchsetzt, schaffen wir auch beim Wein. Wir müssen uns einfach den gängigen Flaschenformen im Mehrwegsystem anpassen. Dann kommen Handel und Kunde gut klar, und die jüngere Zielgruppe ist eh viel flexibler, wenn es um die Optik geht,” so Ansgar Galler beim gedanklichen Rückblick an die Entscheidung, den neugedachten Mehr-Weg zumindest zu versuchen. “Und für das Gläschen guten Wein im Alltag in Verbindung mit moderatem Alkoholgenuss muss es ja auch nicht die übliche Weinflasche sein.”

Mann schenkt Weißwein aus einer Bier-Pfandflasche in ein Weinglas ein.
Wein aus der Bier-Pfandflasche. © Weingut Galler

Ist der “2/4 Wein” ein Weckruf für die Branche?

Die Gallers füllen zum Start in ihren “Mehrweg” die klassische 0,5-Liter-Bier-Pfandflasche mit eben jener bereits erwähnten Weißwein-Cuvée aus Sauvignac und Johanniter. Die Startauflage umfasst 5.000 Stück. Für das Winzerpaar ist die Pfandflasche viel mehr als bloß ein Symbol für umfassendes Nachhaltigkeitsdenken oder ein Signal an Branche und Weingenießer. Es ist ein erster Schritt, nicht nur den Wein wirklich so naturnah wie möglich zu leben, sondern seine Verpackung an die Bedürfnisse der Zeit angepasst zu denken. Im Bio-Handel wird der Wein für 7,99 Euro zuzüglich Pfand zu kaufen sein.

Im August 2023 kommt zudem eine rote Version von Gallers “2/4 Wein” auf den Markt. In diesem Fall ist es mit 100 Prozent Pinotin – natürlich auch eine Piwi – ein rebsortenreines Gewächs. Ein Rosé in der Pfandflasche ist ebenso in Planung wie ein Secco.

Vorteile einer Pfandflasche

1,1 Milliarden Einwegflaschen gelangen jedes Jahr durch die Weinwirtschaft in den Lebensmittelkreislauf (Quelle: Statistisches Bundesamt). Pro Glasflasche entsteht bei der Herstellung etwa ein Kilogramm Kohlenstoffdioxid (CO2). Die Einweg-Glasflasche hat die schlechteste CO2-Bilanz deutlich hinter PET & Co. Bei der Produktion immer neuer Einwegflaschen wird mehr CO2 ausgestoßen als beim Einsatz von Mehrwegflaschen. In diese Berechnung fließen alle Faktoren von Rohstoffgewinnung, Produktion, Transportwegen und Spülen mit ein. Dagegen sind im System mit Pfandflaschen etwa 50 Refills einer etablierten Bierflasche möglich.

Zudem macht laut einer Untersuchung von Klimaschutzexpertin Dr. Helena Ponstein aus dem Jahr 2019 die Verpackung im Durchschnitt 57 Prozent der Treibhausgas-Emissionen einer Flasche Wein aus. 47 Prozent davon entfallen allein auf die Glasflasche! Die Flasche ist also ein wesentlicher Umweltfaktor und damit eine wichtige ökologische Drehschraube der Weinbranche.

Copyright Titelbild: © Weingut Galler

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