Werbeplakat für die Weinfachhandelsmesse ProWein 2023 in Düsseldorf

ProWein 2023: Trends und Tendenzen

Vom 19. bis zum 21. März gab sich die Weinwelt wieder in Düsseldorf die Ehre. Denn die ProWein 2023 stand an. Was so die Highlights der weltweit größten Weinfachmesse waren und welche Trends man recht gut erkennen konnte, das erfährst du jetzt hier.

Um es gleich vorwegzunehmen: in diesem kleinen Nachbericht zur ProWein 2023 geht es nicht um einzelne Weine, die ich während der drei Messetage verkostet habe, sondern eher um generelle Beobachtungen. Gezielte Weinvorstellungen und Entdeckungen findest du aber bei anderen Bloggern sowie in den sozialen Medien wie Sand am Meer. Mir geht es hier eher darum, Trends, die man auf der ProWein 2023 finden konnte, auf den Prüfstand zu stellen und auch Tendenzen aufzudröseln, die zumindest ich vorher noch nicht so auf dem Schirm hatte.

Zugleich verkneife ich mir eine Beurteilung, ob die ProWein 2023 denn nun ein Erfolg war oder nicht. Ein Thema, das dieser Tage ja in den verschiedenen Social-Media-Gruppen heiß diskutiert wird. Fest steht, dass in diesem Jahr 49.000 Fachleute aus 141 Nationen die 6.000 Aussteller aus gut 60 Ländern besuchten. Ziel der Organisatoren waren übrigens 50.000 Besucher. Womit die eigenen Vorgaben also knapp erfüllt oder knapp verfehlt wurden. Je nachdem, wie positiv oder negativ man der ProWein gesinnt ist. 😉 Dafür, dass an den beiden letzten Tagen der öffentliche Nahverkehr in Düsseldorf und Umgebung wegen eines Streiks stillstand, ist das meiner Meinung nach allerdings ein ordentliches Ergebnis.

Männer verkosten auf der Messe ProWein 2023 Wein
Die ProWein 2023 konnte deutlich mehr Besucher als im Vorjahr verzeichnen. © Messe Düsseldorf / ctillmann

ProWein 2023: Zahlenvergleich aus den Vorjahren

Von vielen Seiten wurde mir gesagt, dass so mancher Besucher oder auch Aussteller gerade wegen des Streiks der ProWein 2023 fernblieb. Was ich übrigens durchaus verstehen kann. Auch für mich war es an beiden Tagen ein regelrechter Kampf, ein Taxi zu ergattern. An dieser Stelle aber auch ein Lob an die Veranstalter, die einen Shuttle-Service vom Hauptbahnhof beziehungsweise vom Flughafen zur Messe und zurück in Windeseile auf die Beine stellten und so ein noch größeres Chaos verhinderten. Das Shuttle-Prinzip wurde auch von einigen großen Hotels aufgegriffen, sodass viele Messebesucher die Streikauswirkungen tatsächlich gar nicht so zu spüren bekamen.

Nun sagen aber die Zahlen für 2023 allein nichts aus. Man muss sie schon ins Verhältnis setzen. Nun, nach zweijähriger Pause gab es 2022 5.700 Aussteller aus 62 Ländern, zu denen sich 38.000 Besucher aus 145 unterschiedlichen Nationen gesellten. An die Zahlen vor der Pandemie kam die ProWein 2023 natürlich trotzdem nicht heran. So brillierte die 2019er-Ausgabe etwa mit 60.000 Besuchern. Wobei nicht nur Corona die Messebesuchsgewohnheiten verändert hat, sondern auch andere Messen. Schon allein die drei ProWein-Ableger in Shanghai, Singapur und Hongkong (sowie 2024 erstmals dann auch in Tokio) machen für Asiaten einen Besuch in Düsseldorf quasi überflüssig. Dementsprechend wenige Chinesen, Japaner und Koreaner waren anzutreffen.

Zwei Asiaten verkosten auf einer Weinmesse Wein
Auf der ProWein 2023 waren deutlich weniger Menschen aus Asien zu Gast. © Messe Düsseldorf / ctillmann

Messe-Konkurrenz in Frankreich und Italien

Ein weiterer Faktor ist ohne jeden Zweifel aber auch das Erstarken anderer Weinmessen. Bestes Beispiel ist da die Wine Paris & Vinexpo Paris, die ja erst im Februar über die Bühne ging. Und die sehr viel Zuspruch fand. Weil sie immer internationaler wird. Vielleicht ist das auch einer der Gründe, warum zumindest eine der beiden Frankreich-Hallen nur mäßig besucht war? Ein Großteil der französischen Aussteller zeigte sich dementsprechend unzufrieden. Anders als im Vorjahr waren die Italiener der ProWein 2023 positiver gesinnt. Was auch daran lag, dass die beiden Hallen dieses Jahr besser frequentiert waren. Obwohl ja jetzt im April auch die Vinitaly in Verona ansteht. Generell verteilten sich die Besucher recht homogen über alle Hallen.

Auffällig häufig wurde der Messeauftritt der österreichischen Weingüter in Halle 5 gelobt. Vor allem von deren deutschen Kollegen. Generell ist ja jedes Weingut beziehungsweise jeder Verband für die Optik des Messeauftritts verantwortlich. Für die Alpenrepublik übernimmt das aber traditionell das Österreich Wein Marketing (ÖWM). Und zwar komplett. Sodass alle Stände wie aus einem Guss aussehen. Bei dem kunterbunten Durcheinander in den anderen Hallen ist das tatsächlich auch für mich immer wieder ein schöner visueller Ruhepunkt. Vor allem zeigt diese Handhabung aber auch, wie effektiv man gemeinsam auftreten kann, wenn nicht jeder Verband sein eigenes Süppchen kocht.

Österreichische Winzer stellen auf der ProWein in Düsseldorf aus
Der Messeauftritt der Österreicher war aus einem Guss. © Messe Düsseldorf / ctillmann

ProWein 2023 und die “World of Zero”

Eines der großen Themen auf der ProWein 2023 war ohne Frage das Thema alkoholfreier Wein. Dafür richtete die Messe dann ja auch eigens die “World of Zero” ein, wo sich Entalkoholisierer ebenso präsentierten wie Vertriebler und andere Hersteller alkoholfreier Weine. Inklusive einer kleinen freien Verkostungszone. Natürlich wurde die “World of Zero” vorab sehr groß angekündigt. Und ebenso natürlich fiel sie dann doch deutlich kleiner aus als der Marketing-Wind vorab versprach. Angeblich soll sich jeder zweite Messebesucher mit alkoholfreien Weinen beschäftigt haben. Das mag zutreffen. Denn tatsächlich war in der “World of Zero” nur ein Bruchteil aller alkoholfreien Weine präsent.

Der Großteil der Produkte verteilte sich auf alle Hallen. Nämlich direkt an den Ständen der Aussteller. Fast jeder Winzer und Importeur hatte alkoholfreie Varianten mit im Gepäck. Der Trend war also da. Nur die freie Verkostungszone der “World of Zero” war meiner Meinung nach nicht so stark frequentiert, wie es die aktuelle Pressemitteilung der Messe Düsseldorf vermuten lässt. Aber ich bin da auch nur ein paar Mal durchgeeilt, weil ich zu meinem nächsten Termin musste. Allein der Stand von Kolonne Null mit seiner Sado-Maso-Aufmachung war konsequent gut besucht.

Was bei der ganzen Thematik allerdings gefehlt hat, war die Suchtprävention. Auf dem Weinfachhändlertag 2022 in Heilbronn, griff eine Dame der ProWein noch den Input von Weinhändler Holger Schwarz (Viniculture, Berlin) dankbar auf und kündigte eigene Stände für Suchtprävention an. Gesehen habe ich diese auf der ProWein 2023 dann aber nicht. Einzig Wine in Moderation hatte einen eigenen kleinen Stand. Obwohl es mehr ein Tisch war. Ein Katzentisch, um genau zu sein. In einer Ecke vor Halle 10, die perfekt ignoriert werden konnte. So ganz rund wurde das Alkoholfrei-Thema von der Messeleitung dann also doch nicht gemacht.

Freie Verkostungszone der World of Zero auf der ProWein in Düsseldorf
Nicht ganz so stark frequentiert wie in der Pressemitteilung dargestellt: World of Zero. © Messe Düsseldorf / ctillmann

Wein aus der Bierflasche

Die ProWein 2023 hatte mit alternativen Verpackungen aber noch einen weiteren Schwerpunkt. Hier brillierte vor allem das Weingut Galler mit seinem neuen Wein in der Bier-Pfandflasche. Schon im Vorfeld war das Medieninteresse gigantisch. Während der Messe gab Ansgar Galler ein Interview nach dem nächsten. Am letzten Messetag hatte seine Stimme einen echten Reibeisencharme. 😉 Aber eine Bierflasche zu nehmen und ein bereits etabliertes Pfandsystem zu nutzen, das ist schon eine ebenso simple wie geniale Idee. Die ganze Aufmerksamkeit war also mehr als verdient.

Diese bekam Galler übrigens nicht nur von der Presse, sondern auch von vielen Kollegen. Im Vorfeld einer Piwi-Verkostung verriet mir der Winzer, dass er sich die Pfandflasche eigentlich schützen lassen wollte. Dass das aber nicht ging. Ihm ist klar, dass die Idee schnell kopiert werden wird. Was ja an sich nicht so eine schlechte Sache ist. Denn jedes Gramm Glas, das eben nicht eingeschmolzen werden muss, ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Winzer Ansgar Galler mit seinem Wein aus der Bierpfandflasche
Kick-off zur ProWein 2023: Natürlich war auch Ansgar Galler mit dabei. © Messe Düsseldorf / ctillmann

Deutscher Trend und australischer Popstar

Und dann habe ich tatsächlich noch einen Trend entdeckt, der bis dato komplett an mir vorbeigegangen ist. Maischevergorener Grauburgunder aus Deutschland. Fast jeder deutsche Winzer, den ich besucht habe, zückte gegen Ende der jeweiligen Verkostung noch einen Wein, den er “ganz neu” im Programm habe – und der “out of the Box” sei. Und wirklich jedes Mal handelte es sich dabei um einen maischevergorenen Grauburgunder. Also des Deutschen liebste Weißweintraube, die dann wie ein Rotwein vinifiziert wurde. Mit dem Begriff Orange Wine, der ja nunmal auch treffend wäre, wollten die Produzenten in der Regel nichts zu tun haben. Auch hier war die Begründung – in Variationen – meist identisch. Ihr maischevergorener Grauburgunder sei nämlich sauber und hätte keine Fehltöne wie ein Orange Wine. Äh. Okay. Davon mal abgesehen, waren einige dieser maischevergorenen Grauburgunder aber tatsächlich erstaunlich gut. Einer sogar richtig enorm elegant. Nämlich der vom Weingut Neiss aus der Pfalz. Dass solch ein Grauburgunder jetzt überall entsteht, war tatsächlich meine große Überraschung auf der ProWein 2023.

Was mich nicht minder überrascht hat: wie viele männliche Fachbesucher wegen des Kurzauftritts von Kylie Minogue steilgegangen sind. Der australische Popstar vermarktete auf der ProWein 2023 ihre Roséweine aus der Provence sowie ihren brandneuen alkoholfreien Prosecco. Womit sie praktisch der atmende Marketing-Hattrick war: Promi trifft auf Roséwein, trifft auf Schaumwein, trifft auf alkoholfrei. Ich persönlich habe von diesem kleinen Stelldichein nur Fotos gesehen und in der Realität nichts davon mitbekommen. Mir waren da andere Themen wichtiger. Aber die Masse an Bildern in den sozialen Medien hat dann doch gezeigt, dass diese Kombi bestens funktioniert hat. 😉

Popstar Kylie Minogue im Gespräch mit Moderatorin Frauke Ludowig auf der ProWein 2023
Kylie Minogue und Frauke Ludowig. © Messe Düsseldorf / ctillmann

ProWein 2023: Top oder Flop?

Ob die ProWein 2023 jetzt ein totaler Erfolg oder ein großer Flop war, sei mal dahingestellt. Zu hören war im Nachgang beides. Die Wahrheit wird – wie so oft – irgendwo dazwischen liegen. Noch handelt es sich eben nach wie vor um die weltweit größte Fachhandelsmesse für Wein. Mag sein, dass die Wine Paris der ProWein irgendwann den Rang ablaufen wird. Aber noch ist es nicht so weit. Und auch auf das Säbelrasseln mancher deutscher Verbände, nämlich dass sie im nächsten Jahr nicht wieder auf der Messe präsent sein werden, möchte ich nicht weiter eingehen. Die Zeit wird zeigen, ob diese Verbände tatsächlich auf das internationale Fachpublikum im eigenen Land verzichten wollen.

Für mich war die ProWein 2023 ein idealer Ort, um neue Weine zu entdecken. Und vor allem, um mich zu vernetzen und bereits bestehende Kontakte zu pflegen. Gerade abends war es dann doch eher Klassentreffen denn Messe. Aber genau das macht für mich den Charme der ProWein aus.

Copyright Titelbild: © Messe Düsseldorf / ctillmann

Dieser Text wurde weder beauftragt noch vergütet. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und spiegelt ausschließlich meine persönliche Meinung wider. Gesetzte Links sind nicht kommerziell und dienen alleine Service-Zwecken.

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