Sangría: Mehr als nur ein Ballermann-Hit
Was für die Deutschen die Bowle, ist für die Spanier und Portugiesen die Sangría. Aufgrund des Ballermann-Tourismus ist das weinhaltige Kaltgetränk leider ziemlich in Verruf geraten. Dabei kann Sangría eine echt schöne Bowle-Alternative für den Sommer sein. Aber welche Weine eignen sich dafür am besten? Was folgt, sind ein paar Tipps.
Vor allem in den 1980er- und 1990er-Jahren machten Bilder von sturzbesoffenen Mallorca-Sauftouristen an der Platja de Palma die Runde. Vorwiegend Deutsche lagen da entweder halb komatös oder aber lallend Lieder gröhlend mit Sonnenbrand in der Sommerhitze am Ballermann. In der Regel hatten sie einen überdimensional langen Strohhalm im Mundwinkel, der in einem großen Plastikeimer mündete, aus dem man dann eben seine Sangría schlürfte. Mehr Klischee geht nicht. Diesem Phänomen widmete sich dann sogar 1997 Tom Gerhardt in der Filmkomödie “Ballermann 6”, der ja eigentlich Balneario Nº 6 hieß, bevor man ihn 2017 in Beach Club Six umbenannte, um endlich diesem furchtbaren Sauftourismus-Image zu entkommen. Was leider nur bedingt geklappt hat.
Ob Sangría an der Platja de Palma immer noch das Komasauf-Mittel schlechthin ist, vermag ich nicht zu sagen. Ich war das letzte Mal als Kind auf Mallorca. An die Alkoholleichen am Strand kann ich mich aber noch gut erinnern. Als Erwachsene weiß ich jetzt auch endlich, warum die Sangría die Touristen derart ausknockte. Da war halt nicht nur der billigste Billigwein mit drin, sondern in der Regel auch ein mehr als großzügiger Spirituosen-Schuss. Diesen hat man wahrscheinlich kaum geschmeckt, weil halt auch noch großzügig Zucker rein kam. Eiswürfel und Strohhalme sorgten dann zusätzlich dafür, dass man die Sangría wie Wasser trank, bevor man einfach umgekippt ist.
Sangría: Geschützter Begriff in Spanien und Portugal
Bei all diesen Exzessen verwundert es nicht, dass die Sangría nach wie vor unter dem Ruf als billiges Partygesöff zu leiden hat. Dabei hat sie das echt nicht verdient. Sangría hat nämlich Tradition. Wie es der Name vermuten lässt, stammt die Bezeichnung Sangría von dem Wort „Blut“ ab. Also „sangre“ im Spanischen oder „sangue“ im Portugiesischen. Der Begriff ist in beiden Ländern geschützt und bezeichnet ein aromatisiertes Weinmischgetränk, das kalt genossen wird. Analog zur deutschen Bowle eben. Nur, dass für eine Sangría nicht nur Wein und Fruchtstücke verwendet werden, sondern in der Regel auch Fruchtsaft.
Oft wird sie auch mit Spirituosen gemischt. Genau das ballerte damals am Ballermann dann auch so schön. Wahlweise gibt’s die Sangría auch in einer weißen Version. Und man kann auch Schaumwein – in diesem Fall dann vorzugsweise Cava – mit hineingeben. Statt Eiswürfel nutzt man im Hochsommer eigentlich Wasser, um die Sangría zu strecken, damit der Alkohol einen nicht direkt umwirft in der Hitze. Nun, Eiswürfel im Wein mögen verpönt sein, aber im Hochsommer sind sie in einer Sangría gerne gesehen. Das Mischgetränk bleibt so länger kühl – und das Strecken kann man sich dann auch sparen. Praktisch.
Der Klassiker: Tempranillo
Welches Obst man für eine Sangría am besten verwendet, ist eigentlich selbsterklärend. Unbehandelte Orangen und Zitronen stehen da an erster Stelle. Dicht gefolgt von Äpfeln, Nektarinen oder Pfirsichen. Manche Menschen mögen es gerne exotisch und greifen zu Mango oder Ananas. Letztlich sind der eigenen Fantasie da keine Grenzen gesetzt. Selbiges gilt auch für die möglichen Fruchtsäfte und Spirituosen, die zum Einsatz kommen können. Bleibt halt nur die Frage, welchen Wein man am besten nehmen sollte.
Wie es der Name Sangría verrät, ist das Weinmischgetränk ursprünglich rot. Generell sollte der Wein sehr viel Frucht haben und im Edelstahltank ausgebaut worden sein, damit die Gerbstoffe nicht ganz so im Vordergrund stehen. Der große Klassiker ist da wahrscheinlich ein Tempranillo. Gerne als Joven – also der untersten Ausbaustufe. Was jetzt aber nicht heißt, dass man einfach einen Billig-Tempranillo nehmen sollte. Ein bisserl Qualität darf’s dann doch schon sein. Zumal Joven ja auch nur bedeutet, dass es sich um einen jungen Wein handelt, der in der Regel ein Holzfass nie gesehen hat. Also genau das, was wir für eine Sangría brauchen.
Noch mehr Rotwein für deine Sangría
Wenn du kein großer Fan von spanischen Rotweinen bist, kannst du auch zu einem fruchtigen Merlot oder Zweigelt greifen. Bei wenig Tannin denkt man ja gerne auch an Vernatsch aus Südtirol oder dem deutschen Pendant Trollinger aus Württemberg. Der Sangría-Wein darf aber eben auch gerne etwas Körper haben. Da sind die beiden dann ebenso raus wie Pinot Noir. Aber wie wäre es mit einem Gamay? Den verwende ich gerne. Kleiner Insider: Wenn bei mir im Sommer noch ein Fläschchen Beaujolais Nouveau übrig ist, dann landet der Inhalt auf jeden Fall in meiner Sangría.
Egal, für welchen Wein du dich entscheidest, er darf gerne auch eine gewisse Restsüße haben. So kannst du auf den Zusatz von Zucker verzichten. Ein halbtrockener Portugieser eignet sich da recht gut. Manche Menschen schwören aber auch auf einen ausschließlich im Edelstahltank ausgebauten Primitivo. Wie gesagt: Deine eigenen Vorlieben sind da entscheidend.
Wein-Vorschläge für eine weiße Sangría
Neben der roten Sangría kannst du natürlich auch eine Blanco-Version machen, indem du Weißwein verwendest. Hier bieten sich in der Regel aromatische Rebsorten an. Ein trockener Riesling könnte vielleicht etwas zuviel Säure mit ins Spiel bringen. Aber ein halbtrockener Kabinett von der Mosel … why not? Mir schweben aber tatsächlich eher Trauben wie Sauvignon Blanc, Scheurebe oder auch Muskateller für eine Sangría Blanco vor. Grauburgunder geht auch super, weil er wenig Säure hat.
Du kannst aber alternativ auch direkt nur Schaumweine nehmen, wenn du deine Sangría auch ein wenig prickeln soll. Stilecht ist natürlich ein Cava. Diese werden in der Regel aber mit dem Süßegrad brut angeboten. Das ist dann zu trocken. Mein Tipp: Greife einfach zu einem Prosecco. Hier findet man oft noch genug Restsüße. Mit Wasser und Saft kannst du dann selbst bestimmen, wie alkoholhaltig deine Sangría sein soll – oder ob es dank der Zugabe von Spirituosen noch ein paar Umdrehungen mehr sein dürfen. Vor allem im Hochsommer ist das allerdings nicht wirklich zu empfehlen. Du willst ja schließlich nicht enden wie die Ballermann-Touristen, oder? 😉
Copyright Titelbild: © Muenz/iStock
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