Die Sache mit der Sektsteuer in Deutschland
Wer Schaumwein liebt, der greift tief in die Tasche. Zumindest in Deutschland. Und damit ist nicht der Preis für eine Flasche Sekt, Champagner und Co. gemeint. Sondern die gute alte Sektsteuer. Die gibt es bereits seit 1902. Der Grund für ihre Existenz ist schon lange hinfällig. Trotzdem berappen wir noch immer 1,02 Euro pro Flasche.
Plopp. Wer einen Sektkorken knallen lässt, darf sich nicht nur auf die kommende Schaumwein-Köstlichkeit freuen, sondern ist auch noch ein ziemlich guter Bürger, der mit seinem Plopp genau 1,02 Euro in die Staatskasse spült. Sektsteuer und so. Oder besser gesagt: Schaumweinsteuer. Denn so heißt diese Verbrauchssteuer offiziell. Wobei tatsächlich der Winzer diese Steuer bezahlt, sobald die Flaschen sein Lager verlassen.
Aber weil der Winzer ja was verdienen will, gibt er es an den Konsumenten weiter. Logisch. Und der bezahlt dann neben der Sekt- auch noch die übliche Mehrwertsteuer. Es wird also streng genommen doppelt abkassiert. Da wird man ja mal fragen dürfen, warum das so ist. Werfen wir also einen Blick in die Vergangenheit. Die Sache mit der Sektsteuer begann nämlich Anfang des 20. Jahrhunderts.

Ursprünge der Schaumweinsteuer
Wir schreiben das Jahr 1902. Deutschland braucht Geld. Genauer gesagt Kaiser Wilhelm II. Nämlich um seine Kriegsflotte zu finanzieren. Und um den Bau des Nord-Ostsee-Kanals voranzutreiben. Letzteren nannte er bei dessen Einweihung übrigens spontan in Kaiser-Wilhelm-Kanal um. Aber das ist eine andere Geschichte – und temporär obendrein. Im Gegensatz zur Schaumweinsteuer war der Spontanname ja vergänglich. Bleiben wir also beim Thema. 50 Pfennig musste für jede Schaumwein-Flasche berappt werden damals.
Deutschland liebte schon damals die diversen Prickler. Die Korken knallten ohne Ende, die Staatskasse füllte sich. Der Staat wurde gierig und setzte den Steuerpreis immer wieder rauf. Die Bürger jammerten nicht, sondern soffen weiter. Und bezahlten.

Kriegsfinanzierung mit Sekt
Erst im Jahr 1933 wurde die Schaumweinsteuer ausgesetzt. Die Wirtschaft lag am Boden und musste angekurbelt werden. Trinkt, Leute, trinkt! Das war natürlich nur eine von vielen, vielen Maßnahmen. Aber sie funktionierte. Zumindest bis 1939. Ihr ahnt, was kommt. Man brauchte mal wieder Kohle für einen weiteren Krieg. Und zack, da war sie wieder, die Sektsteuer. Dieses Mal mit einer Reichsmark pro Flasche.
Als der Zweite Weltkrieg endlich vorbei war, konnten die meisten Menschen zwar nicht mal von Schaumwein träumen, aber die Steuer blieb trotzdem. Auch, als die Trümmer beseitigt waren und die Wirtschaft blühte und gedeihte. Momentan verlangt Vater Staat eben die bereits genannten 1,02 Euro pro Normalflasche.

Für welche Schaumweine die Sektsteuer fällig ist
Ab wann aber muss genau gezahlt werden? Das ist ganz genau festgelegt. Alle Schaumweine, die bei 20°C einen Flascheninnendruck von über 3 bar haben, sind steuerpflichtig. Sekt, Spumante, Crémant, Champagner und wie die Prickler mit ihrer Flaschengärung alle heißen, sind also fällig. Nur Perlweine sind fein raus. Die kommen meist ja nur auf 1 bis 2,5 bar, weil die Kohlensäure erst nach der Gärung reingepumpt wird. Aber sobald die 3 bar erreicht sind, muss halt in die Tasche gegriffen werden. Und das gilt auch für ausländische Produzenten, die auf dem deutschen Markt verkaufen.
Jetzt folgt natürlich noch das übliche Gebet, das auch unter dem Namen Rotkäppchen-Sekt-Bashing bekannt. 😉 Meiner Meinung nach kann man nämlich gar nicht oft genug betonen, dass die Sektsteuer auch bei der supergünstigen Discounter- und Supermarkt-Ware fällig ist. Wenn ihr also eine Flasche für 2,50 Euro (im Angebot gar nicht mal so selten) kauft, davon automatisch 1,02 Euro an Vater Staat gehen, Flasche, Korken und Etikett auch noch bezahlt werden müssen, kann man sich denken, welche Traubenqualität da in so nem Billig-Sekt steckt. Hey, wem’s schmeckt: Cheers! Für mich ist das indes aber nichts. Call me Winzersekt-Fangirl. 😉

Sektsteuer: Über den Tellerrand geblickt
Bevor ihr jetzt denkt, dass das hier voll der Jammer-Text über die böse, böse Schaumweinsteuer ist, die uns Weinliebhaber irgendwie benachteiligt … möp. Nö. Es ist halt, wie es ist. Und es ist ja nicht so, dass wir Weinmenschen die einzigen Genießer sind, die aufgrund ihrer Leidenschaft zusätzlich in die Taschen greifen müssen. Stichwort Biersteuer. Oder aber die Steuer auf Wodka, oder Branntwein, oder Alkopops.
Erstaunlich ist höchstens, dass erst Kaiser Wilhelm II. Anfang des 20. Jahrhunderts auf die Idee gekommen ist. Schließlich gab es bereits im Mittelalter eine Weinsteuer, die als “Ungeld” oder auch als “Böspfennig” bezeichnet wurde. Ihr seht: Weingenuss zu versteuern, hat eigentlich eine sehr, sehr lange Tradition, die wohl irgendwann während der Renaissance abhanden gekommen sein muss.

Ein paar harte Zahlen zur Schaumweinsteuer
Kommen wir aber endlich mal zum Eingemachten. Den Zahlen. Denn mit einer knappen halben Milliarde Euro jährlich spült die Sektsteuer nicht eben wenig Geld in die Staatskasse. Wobei die Höhe von 449 Millionen Euro aus dem Jahr 2013 stammt. Damals wurde schon weniger Schaumwein getrunken. Denn noch 2011 kamen 545 Millionen Euro zusammen. Es wird zwar immer gesagt, dass die Deutschen seit 10 Jahren mehr Sekt saufen, aber die Zahlen erzählen eine andere Geschichte. Nämlich dass der Trend stark rückläufig war.
So kam der Staat im Jahr 2017 etwa “nur” auf 367,93 Millionen Euro Steuereinnahmen. Da sind wir von einer halben Milliarde doch schon deutlicher entfernt! Aber immerhin: der Trend berappelt sich, es wird wieder mehr Sekt gesoffen. 2018 kamen so Steuern in Höhe von 377,73 Millionen Euro zusammen. Es geht also wieder aufwärts. 😉 Eine andere Zahl finde ich persönlich übrigens viel beeindruckender. Nämlich wenn man die Steuern umrechnet, dann bedeutet das, dass etwa 370 Millionen Korken von Sektflaschen im Jahr 2018 geknallt haben. Sehr beeindruckend.
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