Vertikale mit dem Impérial Rot von Schloss Halbturn
Kaum ein anderes Weingut aus dem Burgenland steht für derart langlebige Weine wie Schloss Halbturn. Wo vielen Weinen bereits die Luft ausgeht, fängt hier der Spaß meistens erst richtig an. Nichts untermauert diese These besser, als eine kleine Vertikale. Deswegen kamen bei mir jetzt vom Impérial Rot die drei Jahrgänge 2010, 2009 und 2008 vergleichend ins Glas.
Über das Weingut Schloss Halbturn selbst muss ich nicht mehr viel schreiben. Das habe ich schließlich an anderer Stelle auf Bottled Grapes schon ausführlich getan. Der Qualitätsgedanke und die hohen Anforderungen an das Lagepotenzial vereinen alle Weine. Das ist also auch beim Impérial Rot nicht anders. Hier lohnt sich aber durchaus ein längerer Blick auf die Zusammensetzung der Cuvée. Da hätten wir zum einen die Rebsorten für einen klassischen Bordeaux-Blend: Cabernet Sauvignon, Merlot und Cabernet Franc.
So weit, so gut, so gängig. Viele Weingüter eifern schließlich ihren Idealen aus dem Bordelais nach. Schloss Halbturn allerdings kopiert nicht, sondern kreiert. Deswegen findet man im Rotwein Impérial Rot auch immer einen gehörigen Anteil Blaufränkisch. Die Rebsorte bringt nicht nur eine Portion Eigenständigkeit in die Cuvée, sondern vermählt als Vorzeige-Traube aus dem Burgenland das Regionale mit dem Internationalen. Das hört sich nicht nur spannend an, das schmeckt auch so. Aber kommen wir zunächst zu ein paar Fakten in Sachen Lagen und Vinifikation.
Impérial Rot: Lage und Vinifikation
Die Trauben für diese Cuvée stammen von den beiden Lagen Wittmannshof und Jungenberg. Während Wittmannshof vom Rotschotter geprägt wird, durch den sich Kalksedimentschichten ziehen, findet man im Boden vom Jungenberg Quarz und Muschelkalk mit Schieferschichten, die zusätzlich auch noch einen hohen Tongehalt aufweisen.
Gelesen wird natürlich per Hand – und nur unter Verwendung von Kleinkisten, damit das Lesegut vollkommen unversehrt bei der dann zusätzlich stattfindenden Selektion ankommt. Es folgen Kaltmazeration, Spontangärung im offenen Holzgärständer und 14 Monate im Barrique, bevor der Wein ungefiltert auf die Flasche kommt und erst einmal lange, lange Zeit so in Ruhe weiterreifen darf. Schließlich ist das Weingut Schloss Halbturn bekannt dafür, seinen Weinen die Zeit zu lassen, die sie auch benötigen.
Schloss Halbturn: Ein Wein, drei Jahrgänge
Soviel zu den Gemeinsamkeiten, der drei Jahrgänge 2010, 2009 und 2008, die bei mir ins Glas kamen. Widmen wir uns also endlich den Weinen selbst. Alle drei schimmern in einem dunklen Rubinrot im Glas, wobei Kerndichte und Randaufhellung durchaus variieren, wie man an dem Bild recht gut erkennen kann. Während der Impérial Rot 2010 satte Aromen von jungen Kirschen, Tabak und Mineralien aufweist, besticht der 2009er eher durch reife Kirschen und einem Touch von Zigarrenkiste. Da sind also leichte Unterschiede wahrnehmbar. Saftig und dicht sind sie beide.
Der 2010er glänzt durch würzige und mineralische Noten im Abgang, der 2009er vor allem durch sehr präsente Noten von Zartbitterschokolade. Kirschen sind in der Nase des 2008er nicht zu finden. Hier dominieren schwarze Beeren wie Brombeeren und Heidelbeeren – inklusive einiger Holz-Nuancen und einem leichten Laubgeruch. Ja, ja, das Alter. Wunderschön. Am Gaumen dann aber kaum Frucht, sondern eher frische Wiesenkräuter und sehr viel Zartbitterschokolade.
Die Jungs müssen an die frische Luft!
Was alle drei Weine eint: die straffen Tannine. Die sind ja per se erstmal sehr gut, denn sie unterstreichen das enorme Lagerpotenzial des Impérial Rot. Gleichzeitig waren sie für mich aber auch ein Zeichen dafür, dass die drei Jahrgänge eine Runde im Dekanter vertragen könnten. Also habe ich sie allesamt mal schön für zwei Stunden karaffiert, um ihnen Luft und Zeit zu geben.
Eine weise Entscheidung, wie sich dann herausstellte. Denn alle wurden zugänglicher. Beim 2010er dominieren plötzlich Knubberkirschen. Außerdem gesellen sich jetzt Orangenzesten hinzu. Beim Jahrgang 2009 finden sich nun auch Aromen von Brombeeren und Cassis, während die Zartbitterschokolade noch präsenter wird, was den Wein sehr weich und samtig macht. Das hat mir persönlich sehr gut gefallen. Auch der 2008er ist zugänglicher geworden. Hier jetzt viele, viele Kräuter und Noten von Leder. Allerdings ist mir die Säure etwas zu präsent, die Tannine nach wie vor sehr straff.
Kulinarisches Aha-Erlebnis
Ich war schon am Grübeln, ob ich beim 2008er vielleicht ein unglückliches Zeitfenster erwischt habe und der Wein gerade halt einfach per se verschlossen ist. Damit lag ich allerdings komplett falsch, wie sich herausstellte, als mein Mann mit dem Essen kam. Es gab Steak mit Pak Choi und grünem Spargel sowie Baguette mit selbstgemachter Kräuterbutter (was bei uns bedeutet: viele, wirklich viele, viele Kräuter). Hier war der 2008er eine Offenbarung! Zwar konnten auch die anderen beiden Jahrgänge überzeugen, weil sie die Würze des Essens spielend tragen konnten. Aber der 2008er wurde auf einmal richtig elegant und seidig. Das Ruppige der Tannine, das mich vorher so störte, verschwand gänzlich. Absolut beeindruckend! Wenn auch nicht überraschend.
Nicht ohne Grund findet man die Weine von Schloss Halbturn nur selten im Weinfachhandel. Wer sie in Deutschland kaufen möchte, der muss sich schon ans Weingut selbst wenden. Oder man hat eben Glück und isst in einem Restaurant mit sehr guter Weinkarte. Gerade in der gehobenen Gastronomie findet man die Weine eigentlich regelmäßig. Sie sind nämlich tatsächlich der ideale Speisenbegleiter. Das hat mir diese kleine Vertikale mal wieder bewiesen. Es hat schon das Steak und die vielen frischen Kräuter in der Butter gebraucht, damit der 2008er seine volle Schönheit offenbart, die ich sonst tatsächlich übersehen hätte. Und das wäre eine Schande gewesen!
Copyright Titelbild: ©Bottled Grapes
*Bei den Weinen der Vertikale handelt es sich um Kostmuster. Der Text spiegelt ausschließlich meine eigene Meinung wider und wurde weder beauftragt noch gekauft. Die gesetzten Links dienen Servicezwecken und sind nicht kommerziell.
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