Blick auf die Donau im Abendlicht in der Wachau

Wachau: Österreichs Prestige-Weinregion

Riesling und Grüner Veltliner sind die beiden vinophilen Stars in der Wachau. Kein Wunder! Denn beide Rebsorten finden entlang der Donau ideale Bedingungen. Schauen wir uns das österreichische Anbaugebiet mal genauer an.

Steil türmen sich die kantigen und felsigen Berge entlang der Donau auf. Hier sind die Urgewalten, die vor Millionen von Jahren wirkten und dieses zerklüftete Fleckchen Erde formten, mit jedem Atemzug spürbar. Eine ebenso prachtvolle wie gewaltig anmutende Natur. Gewaltiger noch als die Steillagen der Mosel. Und komprimierter. Denn die niederösterreichische Wachau erstreckt sich gerade einmal 35 Kilometer entlang der Donau zwischen den Orten Melk im Westen und Krems im Osten. Doch diese 35 Kilometer haben es in sich. Denn hier befinden sich die 1.344 Hektar umfassenden Rebflächen, die von 208 Betrieben bewirtschaftet werden. Und die mit ihren Steinterrassen, die sich an die steilen Hänge mit bis zu 60 Prozent Gefälle förmlich zu klammern scheinen, die Landschaft prägen.

In dieser Pracht von Naturschönheit, die so in Österreich tatsächlich einzigartig ist, entstehen mit die besten Weine des Landes. Die Smaragde aus Grünem Veltliner und Riesling, die in Sachen Qualität mit den Großen Gewächsen aus Deutschland auf einer Stufe stehen, sind nicht nur für eine kleine Ewigkeit gemacht, sondern auch überall auf der Welt begehrt. Die Wachau fasziniert also auch im Glas. Warum gerade hier so einzigartige Charakterweine aus den beiden Rebsorten entstehen, hat etwas mit den Böden und dem Klima zu tun. Beides schauen wir uns jetzt einmal genauer an.

Blick auf Spitz in der Wachau im Herbst
Wachau im Herbst. © ÖWM/WSNA NÖ

Wachau: Wo Löss auf Urgestein trifft

Als sich vor 12 Millionen Jahren während des Miozän-Zeitalters die afrikanischen und eurasischen Kontinentalplatten aneinander rieben, entstand die Urdonau, aus der sich dann die uns jetzt bekannte Donau formte. Eingerahmt von den markanten Bergen, die sich durch die Kontinentalplattenverschiebung auftürmten. Sie sind quasi der besondere Schatz der Wachau, denn die Böden, die sich hier finden lassen, sind entsprechend uralt. Es ist vor allem kristallines Gestein, das dominiert. Also verschiedene Gneise, Amphibolite, Marmore und Quarzite. Was sie eint: sie alle sind waschechte Mineralienspender, die für ordentlich Charakter in den Weinen sorgen.

Bedeckt sind diese Urgesteine an vielen Stellen von einer Lössauflage. Diese stammt von Flugstaub, der sich während der diversen Eiszeiten im Windschatten der Berge absetzte. Dabei sammelte sich das meiste davon am Fuß der Felsenzüge. Hier kann die Schicht mehrere Meter dick sein. Je höher man kommt, desto dünner wird die Lössauflage. An einigen Stellen kommt nach einem oder zwei Zentimetern direkt das blanke Gestein!

Diese erheblichen Bodenunterschiede spielen bei der Rebsortenwahl der Winzer eine wichtige Rolle. Grüner Veltliner liebt zum Beispiel Löss. Darf er auf ihm gedeihen, bedankt er sich mit sehr viel Körper und einer schönen pfeffrigen Würze. Riesling hingegen mag es gerne karg. Wenn sich die Weinstöcke ein wenig quälen müssen, um tief in den Boden wurzeln, kann ein Feuerwerk an mineralischen Noten im Wein entstehen. Dementsprechend findet man in der Wachau Grünen Veltliner eher am Fuße der Berge, während Riesling meist auf einer Höhe von bis zu 250 Metern über der Donau gedeiht.

Blick auf die Donau im österreichischen Weinbaugebiet Wachau
Höchst idyllisch – und beeindruckend: Wachau ©ÖWM/Egon Mark

Besonderheiten des Wachauer Klimas

Neben den Böden ist aber auch das Klima ein entscheidender Faktor, wenn es um die Frage geht, wo welche Rebsorte gepflanzt werden soll. Auch in diesem Fall hat die Wachau eine Besonderheit zu bieten. Denn in der Region treffen gleich zwei Klimaeinflüsse aufeinander. Allerdings nicht frontal. Tatsächlich verzahnen sie sich. Da hätten wir zum einen das atlantische Klima aus dem Westen. Es bringt den Regen in die Wachau und sorgt dafür, dass es kaum Temperaturschwankungen gibt. Auch die milderen Winter gehen auf die Kappe des atlantischen Klimas.

Das pannonische Klima aus dem Osten hingegen ist sehr warm und trocken, mit heißen Sommern und bitterkalten Wintern. Je nach Hanglage, Exposition und Geländeformation entstehen so höchst unterschiedliche Mikroklimata, mit denen man als Winzer umgehen muss. An Stellen, wo es mehr regnet, pflanzen sie zum Beispiel lieber Grünen Veltliner, weil dieser nicht so sehr zum Pilzbefall neigt wie Riesling. Dieser hingegen mag die Wärme des pannonischen Klimas sehr, kann er so doch eine volle Fruchtaromatik ausbilden.

Donau und Steinmauern: Noch mehr Klima

Es gibt aber noch zwei weitere Faktoren, die sich auf das Klima auswirken. Da wäre zum Beispiel die Donau selbst. Dank ihrer gigantischen Wassermassen hat sie einen mildernden Einfluss. Im Sommer etwa sorgt sie dafür, dass sich die Hitze am Fuß der Berge nicht staut. Denn sie absorbiert sie und gibt sie wieder ab, sobald es kühler wird. Das wiederum hat zur Folge, dass es die Wachauer Weinreben auch im Herbst schön warm haben. Mal ganz davon abgesehen, dass die Winter zusätzlich abgemildert werden.

Trockensteinmauer und Weinstöcke in der Wachau in Niederösterreich
Auch die Trockensteinmauern prägen die Optik der Wachau. © ÖWM/Fotostudio Semrad

Einen Einfluss aufs Mikroklima innerhalb der einzelnen Weinberge haben indes die Trockensteinmauern, die den steilen Weinterrassen ihre typische Optik verleihen. Diese Steinmauern wurden bereits im Mittelalter von bayerischen Mönchen angelegt, die damit dafür sorgten, dass in der Wachau Weinbau überhaupt erst wirtschaftlich möglich wurde. Ohne sie wäre es einfach zu steil, um die Parzellen vernünftig pflegen zu können. Die Trockensteinmauern verhindern Erdrutsche, bieten einer großen Anzahl von Insekten und Kleintieren ein Zuhause, speichern Wärme und geben diese auch ab. Wie wichtig diese Mauern sind, zeigt allein ihre Menge. Würde man sie alle nämlich direkt zu einem Feld zusammenbauen, käme man auf drei Millionen Quadratmeter!

Wachau-Stars: Grüner Veltliner und Riesling

All das sorgt für ideale Bedingungen für vor allem zwei Rebsorten. Nämlich eben Grünen Veltliner und Riesling, die hier quasi das Königspaar bilden. Generell ist die Wachau eine Weißweinregion. Denn neben den beiden Majestäten findet man vor allem Neuburger, Weißburgunder und Gelben Muskateller. Sie spielen aber allesamt eine Statistenrolle. Die große Bühne gehört ausschließlich den beiden Herrschern des Weinkönigreichs namens Wachau. Zum einen, weil diese beiden Rebsorten hier nun einmal individuell optimale Bedingungen vorfinden. Zum anderen aber auch, weil man bereits seit über 40 Jahren extrem viel dafür tut, um herkunftsgeprägte Weine auf die Flasche zu bringen. Denn 1983 schlossen sich die vier Wachauer Winzer Franz Hirtzberger sen, Josef Jamek, Franz Prager und Willi Schwengler (damals Direktor der Winzergenossenschaft Wachau, heute als Domäne Wachau bekannt) zur Vereinigung Vinea Wachau Nobilis Districtus – kurz Vinea Wachau genannt – zusammen.

Steile Weinbergsterrassen in Österreich
Die steilen Terrassen sind wahrlich nicht einfach zu bewirtschaften. © ÖWM/Fotostudio Semrad

Sie wollten eigenständige Weine bereiten, die für die Wachau stehen – und die einer Qualitätspyramide folgen sollten. Neben Riesling und Grünen Veltliner ließen sie zwar auch Neuburger und Gelben Muskateller als Rebsorten zu, aber schnell gewannen die beiden Majestäten die Oberhand. Ihnen traute man es am ehesten zu, das jeweilige Terroir schmeckbar zu machen. Die Qualitätsbasis bilden die Weine namens Steinfeder. Sie sind moderat im Alkohol, frisch und fruchtig und jung zu trinken. In der Mitte findet man die Federspiel-Weine, die schon etwas mehr Tiefgang und Charakter haben und von ein paar zusätzlichen Jahren Flaschenreife profitieren. An der Spitze stehen die bereits erwähnten Smaragde. Es sind absolute Charakterköpfe mit ebenso dichter wie tiefkomplexer Struktur, die einem deutschen Großen Gewächs in nichts nachstehen. Die größten von ihnen können jahrzehntelang in Würde altern!

Von Vinea Wachau zum DAC-System

Was mit vier Winzern in den 1980er-Jahren begann, wurde im Laufe der Zeit zu einer regelrechten Qualitätsbewegung, der sich knapp 200 weitere Betriebe anschlossen. Also fast alle in der Wachau beheimateten Weingüter! Das brachte die Region schnell in die vorderste Reihe österreichischer Weine – und begründete das heutige Renommee. Dies ist nicht zuletzt den Smaragden aus so legendären Lagen (die in Österreich übrigens Rieden heißen) wie Achleiten und Kirnberg zu verdanken. Insgesamt gibt es in der Wachau 155 Haupt- und Subrieden, die allesamt unterschiedlich Expositionen, Böden und Mikroklimata haben. Die Vielfalt, die den 1.344 Hektar entspringt, ist also enorm. Der Vereinigung Vinea Wachau ist es gelungen, all diese Unterschiede mit ihren Lagenweinen übersichtlich zu bündeln. Eine große Leistung!

Auf dieser ruhte man sich aber nicht aus! Denn seit 2020 gibt es gerade bei der Herkunftsbestimmung wieder mächtig viel Bewegung. Als man in Österreich im Jahr 2002 das DAC-System (Districtus Austriae Controllatus) einführte und 2003 erstmals im Weinviertel umsetzte, hielt es niemand in der Alpenrepublik für möglich, dass sich auch die Wachau irgendwann diesem System anschließen würde. Dort hatte man doch dank Vinea Wachau schon einen eigenen Codex! Es gab nur einen gewaltigen Unterschied.

Blick auf die Ried Achleiten in Niederösterreich
Die Ried Achleiten gehört zu den besten Lagen in der Wachau. © ÖWM/Robert Herbst

Denn obwohl sich Vinea Wachau über das Terroir definiert, stützt sich die Qualitätsaufteilung einzig und allein auf die Alkoholwerte beziehungsweise die Mostgewichte (das deutsche Prädikatssystem lässt grüßen) – und wider erwarten eben nicht über die Herkunft. Genau das ist aber bei DAC der Fall. Hier teilen sich Gewächse in Gebiets-, Orts- und Riedenweine auf. Statt Volumenprozente steht die Geschmackstypizität der Region im Vordergrund. Das gefiel den Wachauer Winzern, die sich selbst daran machten, DAC-Statuten für ihre Region zu definieren, die seit 2020 auch gelten.

Eine Region im Wandel

Vinea Wachau wurde deswegen aber nicht aufgelöst. Die Vereinigung besteht weiterhin parallel zum DAC-System. Trotzdem kam es 2020 zu einem kleinen Paukenschlag in der österreichischen Weinwelt, als ausgerechnet mit FX Pichler das wohl bekannteste und renommierteste Weingut der Region aus Vinea Wachau ausstieg, um sich komplett dem DAC-Herkunftsgedanken zu widmen. Ob dieser Austritt bei Vinea Wachau dazu führt, die eigenen Statuten zu überdenken oder diese vielleicht sogar dem DAC-System komplett anzupassen, bleibt abzuwarten. Fest steht nur, dass in der Wachau gerade mächtig viel in Bewegung ist.

Copyright Titelbild: © ÖWM/Robert Herbst

*Dieser Text erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Gesetzte Links sind nicht kommerziell, sondern dienen alleine Service-Zwecken.

 

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