Die Menschen hinter der Weinmanufaktur Wandraschek

Wandraschek Weinmanufaktur: Bordeaux aus dem Kremstal

Das österreichische Kremstal ist für Grünen Veltliner und Riesling bekannt. Was treibt einen Quereinsteiger dazu, ausgerechnet dort auf internationale Rotweinsorten wie Cabernet Sauvignon zu setzen? Ein Blick hinter die Kulissen der Wandraschek Weinmanufaktur.

Streng genommen beginnt die Geschichte der Wandraschek Weinmanufaktur mit einer Ablehnung. Und geht mit Hartnäckigkeit weiter, die letztlich zum Erfolg führte. Denn in den 1990er-Jahren liebte Wolfgang Wandraschek (neben seiner Frau) nichts mehr als einen guten Wein aus dem Bordeaux. Die Krux: der angestellte Architekt konnte sich die Qualitäten, die er bevorzugte, nicht dauerhaft leisten. Als 1993 ein Acker hinter dem Haus von Conny und Wolfgang Wandraschek zum Verkauf angeboten wurde, sah der Architekt seine große Chance: Warum nicht einfach selbst Cabernet Sauvignon anpflanzen und einen Wein im bordelaiser Stil vinifizieren? So für den Eigengebrauch. Und für gute Freunde.

Gut, Wolfgang Wandraschek war kein gelernter oder studierter Winzer. Und das Kremstal war schon damals eher Anbauregion für Grünen Veltliner und Riesling, was Weingüter wie Aigner oder Moser eindrucksvoll beweisen. Aber wo ein Wille, da ein Weg. Also fuhr er kurzerhand zur nächsten bekannten Rebschule und wollte Cabernet-Stöcke kaufen. “Die verkaufe ich dir nicht, das wächst dort nicht!” So die Reaktion des Besitzers. Aber Wolfgang Wandraschek gab nicht auf. Hartnäckigkeit lag ihm im Blut. Und so bekam er doch noch irgendwann seine Rebstöcke.

Wolfgang Wandraschek probiert einen Rotwein
Wolfgang Wandraschek probiert seinen Wein ©Wandraschek Weinmanufaktur

Die Wandraschek Weinmanufaktur und der Falstaff

“Der Wandraschek ist übergeschnappt”, lachten die benachbarten Winzer hinter seinem Rücken. Ein Quereinsteiger ohne Wein-Ausbildung! Und dann nicht nur rote Reben, sondern gleich auch noch internationale! Das konnte doch nichts werden! Allen Unkenrufen zum Trotz, machte der passionierte Hobbywinzer weiter. “Drei Jahre später konnten wir das erste Fass Cabernet Sauvignon vinifizieren”, erinnert sich Tochter Iris Wandraschek. Mehr aus Jux denn aus ernsthaften Ambitionen (die Idee kam während eines langen Abends mit guten Freunden auf) schickten die Wandrascheks ihren ersten eigenen Wein an den Falstaff-Verlag, um ihren Cabernet Sauvignon bewerten zu lassen.

Dass genau dieser Wein aus dem Stand weg “Falstaff Sortensieger” wird, konnte niemand ahnen. “Meine Eltern wussten eine zeitlang gar nichts vom Falstaff-Sieg”, erinnert sich Iris Wandraschek, die damals noch ein Kind war und mit an der alten Korbpresse stand. “Erst, als ein Wiener Top-Restaurant angerufen hat und Wein bestellen wollte, haben sie durch den dortigen Sommelier davon erfahren. Von dem Wein gab es damals allerdings so wenig, dass er zu dieser Zeit bereits so gut wie ausgetrunken war. Ich glaube, sie konnten gerade noch 12 Flaschen zusammenkratzen.” Das war die Geburtsstunde der Wandraschek Weinmanufaktur.

Einfahrt zur Weinmanufaktur Wandraschek im Kremstal
Willkommen! ©Wandraschek Weinmanufaktur

Parallelen zwischen Kremstal und Bolgheri

Eine Lachnummer war die Familie dann natürlich nicht mehr. Im Gegenteil. Nachbarn wie Rebschulenbesitzer zollten dem Architekten Achtung. Letzterer wurde sogar ein enger Freund von Wolfgang Wandraschek. Und beide schmunzeln immer noch sehr gerne, wenn das Gespräch auf die Anfänge der Wandraschek Weinmanufaktur gelenkt wird.

Wenn das Kremstal nicht Kremstal heißen würde, sondern Bolgheri, hätte vielleicht ein kometenhafter Aufstieg begonnen. Denn auch Marchese Mario Inscisa della Rocchetta pflanzte bekanntlich Cabernet Sauvignon an, um seinen Bordeaux-Durst selbst zu stillen. Gut, das war bereits 1944. Und er setzte zudem auch noch auf Cabernet Franc. Aber die Grundintention war doch recht ähnlich. Die Details machen hier den großen Unterschied. Denn zum einen lag der österreichische Weinbau in den 1990er-Jahren nicht mehr am Boden, sondern stand gerade wie Phönix aus der Asche vom Weinskandal auf. Als der Neffe Rocchettas indes auf den außergewöhnlichen Wein seines Onkels aufmerksam wurde, waren in der Toskana bereits die 1970er-Jahre angebrochen – Chianti und Co. flogen qualitativ (wenn auch leider nicht quantiativ) unter dem Radar der Weinwelt.

Und zufällig hieß dieser Neffe halt auch noch Piero Antinori, der mit seinem Tignanello gerade einen der ersten Super-Toskaner auf den Markt gebracht hatte und nun mit dem edlen Tropfen des Onkels selbiges tat. Die Karriere des Sassicaia, so der Name des Weins, ist wohl hinlänglich bekannt.

Rotweinlager der Weinmanufaktur Wandraschek
Der „Rotweintempel“ ©Pamela Schmatz/Wandraschek Weinmanufaktur

Klein und authentisch: Wandraschek Weinmanufaktur

Nun ist es müßig, darüber zu grübeln, warum die Wandrascheks nicht bloß eine solche Verwandtschaft hatten, die den Traumstart der Weinmanufaktur nutzten, um diese so richtig groß und bekannt zu machen. Denn eigentlich wäre es doch traurig, wenn aus dem liebevollen Hobby ein kommerzialisierter Großbetrieb geworden wäre.

Bis heute besitzt die Wandraschek Weinmanufaktur zwei Hektar Rebfläche. “Auch wenn es insgesamt sehr wenig ist – unsere Lagen verteilen sich mittlerweile über das gesamte Kremstal. So ist der Grüne Veltliner von der Ried Steiner Kögl, ein Weingarten eng angrenzend an die Wachau mit Urgesteins-Untergrund, während der Riesling von der Ried Rohrendorfer Windleithen ein durch Löss geprägter Weingarten ist”, ergänzt Iris Wandraschek, die inzwischen nicht nur als Psychotherapeutin in einer Klinik und in einer eigenen Praxis arbeitet, sondern sich bei der Wandraschek Weinmanufaktur ums Marketing, den Verkauf und den Social Media-Auftritt kümmert.

“Generell ist es so, dass sich die ältere Generation mehr und mehr zurückzieht und wir jüngeren verstärkt für die Entscheidungen im Weingut verantwortlich sind. Das empfinde ich als einen ganz wichtigen Schritt! Gregor, mein jüngerer Bruder, ist dabei in erster Linie für Keller und Weingärten verantwortlich”, ergänzt Iris Wandraschek. Wobei auch Gregor nicht allein von der Wandraschek Weinmanufaktur lebt. Er arbeitet als Kellermeister beim Weingut Hermann Moser.

Familie Wandraschek aus dem Kremstal in Österreich
Die ganze Familie auf einem Blick ©Pamela Schmatz/Wandraschek Weinmanufaktur

Nach wie vor ist die Weinmanufaktur ein Nebenerwerb

Eigentlich wollten Iris und Gregor Wandraschek 2021 den großen Schritt machen und hauptberuflich von der Weinmanufaktur leben können. Aber COVID-19 wird ihnen da wohl einen Strich durch die Rechnung machen. Aber immerhin: Die Flaschenproduktion konnte auch so schon von 12.000 auf etwa 15.000 gesteigert werden – ein Traubenzukauf von befreundeten Winzern macht es möglich. Denn obwohl der Schwerpunkt nach wie vor auf den roten Rebsorten liegt, gibt es inzwischen aber auch Riesling und Grünen Veltliner im Sortiment. Wie es dazu kam, verrät Ines: “Uns wurde plötzlich ein schöner Cabernet Sauvignon-Weingarten in der Rohrendorfer Ried Windleithen angeboten, der einen Teil Riesling mit dabei hatte. Somit war die Sache dann relativ schnell klar.”

Das Herz der Wandraschek Weinmanufaktur schlägt aber nach wie vor rot. Und das liegt nicht nur an der 2012 vom Vater entworfenen und gebauten neuen Betriebsstätte, die schnell von der Presse den Beinamen “Rotweintempel” erhielt, sondern weil Wolfgang Wandrascheck seine Bordeaux-Liebe direkt an seine Kinder weitergegeben hat. “Auch schon in den Jahren vor dem ersten eigenen Wein haben wir Urlaube ausschließlich in Weinregionen gemacht, waren vielfach bei Verkostungen dabei und durften immer schon fleißig am Weinglas riechen. Ein Leben ohne Wein ist daher für mich unvorstellbar”, schwärmt Iris Wandraschek.

Rotweinglas auf einem Rotweinfass im Weinkeller
Die Rotweine sind ganz im bordelaiser Stil gehalten ©Wandraschek Weinmanufaktur

So wird bei der Wandraschek Weinmanufaktur gearbeitet

Bewirtschaftet wird bei der Weinmanufaktur naturnah. Frei nach dem Motto “So wenig wie möglich, soviel wie nötig” wird auf den Einsatz von Pestiziden und Herbiziden verzichtet. “In den nächsten Jahren möchten wir uns hier aber noch weiter entwickeln und immer mehr in Richtung biologischen Weinbau gehen”, verrät Iris Wandraschek.

Das Motto gilt übrigens nicht nur im Weingarten, sondern auch im Keller. Nach der Kaltmazeration der Maische kommt es zur spontanen Gärung. Danach wird Seih- von Presswein getrennt und in einzelne Barriques (diese kommen ausschließlich direkt aus Frankreich) gefüllt. “Vor allem bei der Zugabe von Schwefel sind wir sehr zurückhaltend”, betont Iris. Die Weine lagern insgesamt 23 Monate im Fass und werden in dieser Zeit 6x umgezogen und damit geklärt. Nach der Reifung im Barrique kommen die Weine völlig unfiltriert auf die Flasche, wo sie weitere 1,5 Jahre ruhen, bevor sie in den Verkauf kommen. “Wir geben den Weinen also sehr viel Zeit um zu reifen, um sich zu entwickeln. Ein sehr schöner Gedanke, gerade in der schnelllebigen Zeit wie heute. Hoffentlich gibt es durch die Krise ein paar Menschen mehr, die solche Produktionsweisen, die sehr zurückhaltend und nachhaltig sind, als zielführend erachten”, hofft Iris Wandraschek.

Betriebsgebäude der Weinmanufaktur Wandraschek
Das Betriebsgebäude wurde natürlich von Vater Wolfgang entworfen ©Wandraschek Weinmanufaktur

Konsequent dem bordelaiser Stil verschrieben

Der Flaggschiff-Wein der Wandraschek Weinmanufaktur ist nach wie vor der Cabernet Sauvignon Grand Reserve, der auch 1999, 2005 und 2014 Sortensieger beim Falstaff wurde. Aber auch auf alle anderen sortenreine Rotweine ist man sehr stolz, denn Fachleute bezeichnen sie alle als sehr Bordeaux-nah.

Und das kann durchaus Auswüchse haben, wie Iris Wandraschek verrät: “Dazu muss ich noch eine kleine Geschichte erzählen. Bei einer Bordeaux-Blindverkostung werden unsere Weine immer wieder als sogenannte ‘Piraten’ eingesetzt. Winzer Franz Hirtzberger, ein guter Bekannter des Hauses hat vor einigen Jahren bei einer dieser Verkostungen gemeint, als er unseren Cabernet Sauvignon blind verkostet hat: ‘Das ist endlich mal ein ordentlicher Bordeaux!’”

Der Rotweintempel der Weinmanufaktur Wandraschek im Kremstal
Ein Blick in den „Rotweintempel“ ©Wandraschek Weinmanufaktur

Ausdrucksstarke Weine der Wandraschek Weinmanufaktur

Neben dem Cabernet Sauvignon macht aber auch der Pinot Noir seit 2007 von sich reden. Ebenso wie der Merlot oder die Cuvée aus Merlot, Cabernet Sauvignon und Zweigelt. Was sie alle eint: der feine, filigrane und höchst elegante Stil. Denn ja, auch ich hatte beim Verkosten direkt das Bordeaux im Sinn. Solch ein Vergleich ist in der Tat sehr angebracht.

Wobei man bei der Wandraschek Weinmanufaktur aber preislich nach wie vor auf dem Boden geblieben ist. Ebenso wie mit der Intention hinter allen Weinen, wie Iris Wandraschek betont: “Wir machen sehr ausdrucksstarke Weine mit einem großen Trinkanimo und einer schönen Saftigkeit. Wichtig ist uns außerdem ein sparsamer Holzeinsatz (dieser ist vor allem in den letzten Jahren nochmal zurückgegangen), die Sortenfrucht sollte im Vordergrund stehen. Auch die Säure betreffend arbeiten wir eher zurückhaltend. Generell ist uns wichtig, sogenannte Genussweine zu produzieren. Weine, die sich in den ersten 10 Jahren wunderbar entwickeln, die man vergessen und wiederentdecken kann, über die man stundenlang sinnieren kann, wenn man möchte.”

Copyright Titelbild: ©Pamela Schmatz/Wandraschek Weinmanufaktur

*Dieser Text wurde weder in Auftrag gegeben, noch vergütet. Er entstand ohne Einfluss von der Wandraschek Weinmanufaktur und spiegelt ausschließlich meine persönliche Meinung wider. Gesetzte Links sind nicht kommerziell und dienen allein Service-Zwecken.

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