Bottled Grapes, Sölviin, Sylt, Keitum, Sylt-Wein, Wein, Weinanbau, Winzer

Deutschlands nördlichster Weingarten in Keitum auf Sylt

Dass auf Sylt überhaupt Wein angebaut wird, ist ja irgendwie schon aufsehenerregend genug. Noch außergewöhnlicher ist aber, dass der nördlichste Wein der Republik von Nicht-Winzern in Flaschen gefüllt wird. Ein Ortsbesuch.

Gut versteckt hinter der Landebahn des Flugplatzes findet man ihn: den nördlichsten Weingarten Deutschlands. Ist die Anbaufläche des Weinguts Balthasar Ress von der Straße aus noch prima zu finden, muss man hier tatsächlich schon ein wenig suchen. Deswegen ein kleiner Tipp: wenn ihr auf dem Parkplatz gegenüber der Kirche St. Severin in Keitum seid, dann geht doch einfach mal den Feldweg rein und haltet linker Hand nicht nur nach Rindern, sondern eben auch nach Reben Ausschau. 😉

Übersehen kann man die Fläche nicht. Immerhin ist sie inzwischen zwei Hektar groß. Angefangen haben die drei Sylter Brigitte Quendler (Sommeliere), Olaf Klein (Heizungs- und Sanitärfachmann) und Henning Lehmann (Architekt) im Mai 2009 allerdings mit 0,7 Hektar. Ziemlich zeitgleich mit dem Weingut Ress beantragten die drei Nicht-Winzer Anbaufläche, ließen den Boden und dessen Beschaffenheit untersuchen und legten schließlich mit 2.700 Reben los.

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Wenn der Sylt-Wein auf seinen Weinberg trifft © Bottled Grapes

Harte Wetterbedingungen für den nördlichsten Weinberg Deutschlands

Während Ress auf Rivaner und Solaris setzt, bauen die drei Sylter von Anfang an nur letztgenannte Rebsorte an. Zum einen, weil sie recht pflegeleicht ist, zum anderen, weil sie was abkann. Und dass muss sie auch. Denn die Rebfläche hat leichte Hanglage und ist der süd-westlichen Hauptwindrichtung gnadenlos ausgeliefert. Wer schon mal auf Sylt war, wird wissen, wie stürmisch es dort sein kann.

2011 und 2012 konnten die drei Sylter, die komplett ökologisch arbeiten, erstmals Wein lesen. Damals waren die Mengen noch so gering, dass es gerade für den Eigenbedarf reichte. Was nicht zuletzt daran lag, dass sie zunächst ohne Reberziehungssystem arbeiteten. Und dass die Schafe, die dort auf natürliche Art und Weise mähen sollten, etwas zuviel Gefallen an den Trauben fanden. Aber hey, die Nicht-Winzer lernten und lernten, legten ein Reberziehungssystem an und machten eine Menge richtig. Während sich der Gesamtertrag 2012 noch auf 55 Liter beschränkte, konnten 2013 bereits 215 Liter abgefüllt werden. Zu diesem Zeitpunkt kam der Wein dann auch unter dem Namen Sölviin (übersetzt: Sylt-Wein) auf den Markt. 2013 war dann auch das Jahr, in dem die Sylter anfingen, mit einem befreundeten Winzer zusammen zu arbeiten. Bis dato kelterten, filtrierten und füllten sie ihren Wein selbst ab. Jetzt werden die Trauben zwar noch in Tinnum gekeltert, aber der Rest findet dann beim Winzer in Weisenheim statt.

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Den Sölviin gibt’s mit schicker Holzkiste zu kaufen © Bottled Grapes

Sylt: Hobby-Winzer im Aufwind

Mit den Jahren stieg in Keitum auch die Erntemenge von 410 Liter (2014) und 850 Liter (2015) bis auf 900 Liter im Jahr 2016. Allein 2017 war für die drei Sylter wetterbedingt ein herber Rückschlag. Da kamen lediglich 400 Flaschen in den Handel. Da aber inzwischen die Rebfläche auf zwei Hektar erweitert werden durfte, konnten 2018 sage und schreibe 1.220 Liter gewonnen werden. Wer weiß? Vielleicht wird der Wein dadurch ja jetzt sogar ein wenig günstiger? Mit etwa 25 Euro die Flasche ist er wahrlich kein Schnäppchen. Trotzdem ist der Wein noch deutlicher günstiger das Ress-Pendant Söl‘ring. Verwunderlich ist das nicht. Da die Weinanbaufläche einem der drei Macher gehört, müssen die ambitionierten Hobby-Winzer keine Pacht bezahlen. Außerdem leben sie vor Ort. Die laufenden Kosten sind also wesentlich reduzierter als beim Weingut Balthasar Ress.

Wobei jetzt natürlich noch die Frage im Raum steht, wie der Sölviin denn nun so schmeckt. Das verrate ich euch parallel auf meinem Instagram-Account. Denn ja, als ich das letzte Mal auf Sylt war, habe ich nicht nur den Weingarten kurz auf eigene Faust gesucht, gefunden und besucht, sondern mir auch eine Flasche Sölviin gegönnt. Versteht sich von selbst. Irgendwie. 😉

Bildnachweis Titelfoto: © Bottled Grapes

* Dieser Text entstand ohne dem Wissen der Winzer. Er wurde also weder beauftragt noch vergütet, sondern spiegelt lediglich meine persönliche Meinung wider.

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