Winzer Franz und Christina Netzl aus Göttlesbrunn

Weingut Franz und Christine Netzl und die große Zweigelt-Liebe

Im Carnuntum kommt man um eine Rebsorte nicht herum: Zweigelt. Das Weingut Franz und Christine Netzl in Göttlesbrunn hat es hier zu wahrer Meisterschaft gebracht. Schauen wir uns die Weine einfach mal genauer an. Und die Menschen dahinter.

Rubin Carnuntum. Genau diesen Wein verbindet man wohl automatisch mit Zweigelt aus Carnuntum. Nicht ohne Grund, denn das, was hier die Winzer aus der Region an Qualitäten auf die Flasche bringen, hat sich inzwischen mehr als etabliert. Teilweise war das Marketing rund um die Marke Rubin Carnuntum allerdings derart gut, dass viele Weinliebhaber nichts anderes mehr wahrgenommen haben, wenn es um Zweigelt ging. Damit hat man der Rebsorte etwas Unrecht getan. Okay, viel Unrecht. Denn wie vielfältig sie sein kann, beweisen unter anderem die Weine vom Weingut Franz und Christine Netzl (nicht verwandt mit dem Winzer Martin Netzl).

Auf den 28 biologisch bewirtschafteten Hektar sind 70% mit roten Reben bestockt. Und davon macht Zweigelt den Löwenanteil aus. Wobei auch St. Laurent, Merlot, Cabernet Sauvignon und Syrah hier ganz wunderbar gedeihen. Aber Zweigelt ist nun mal der “King”, weswegen auch alle Cuvées vom Weingut Franz und Christine Netzl zu mindestens 65% daraus bestehen. Was aber nicht bedeutet, dass sich ausschließlich alles um den Zweigelt dreht. Er ist zwar der große Botschafter des Weinguts, aber die eigentliche Philosophie geht dann doch weit über die Huldigung einer einzelnen Rebsorte hinaus.

Blick in die Reben im österreichischen Carnuntum
Ein Blick in die Reben – und aufs Carnuntum ©Julius Hirtzberger/Weingut Franz und Christine Netzl

Weingut Franz und Christine Netzl: Auf den Charakter kommt es an!

Denn als Franz Netzl zusammen mit seiner Frau Christine aus dem familiären Mischbetrieb ein Weingut machte, war die Grundintention von Anfang an klar: In allen Weinen sollte sich der Charakter der Rebsorte wiederfinden, aber eben auch zugleich die Seele des Terroirs spiegeln. Und das bedeutete mühsame Detailarbeit. Welche Rebsorte gedeiht wo am besten? Wieviel muss im Keller getan werden – wie wenig darf interveniert werden?

Obwohl Franz Netzl inzwischen auf eine jahrelange Erfahrung zurückblicken kann, wandert er trotzdem noch stundenlang zwischen den Reben entlang und hegt und pflegt sie liebevoll. Dazu kommt dann noch die Tüftelei im Keller. Ob nun im Wingert oder im Keller – ihm steht da inzwischen in Form seiner Tochter Christina die nächste Generation zur Seite. Während der Vater die Tradition mitbringt, sorgt sie für den Frischen Wind beim Weingut Franz und Christine Netzl.

Winzer Christina und Franz Netzl bei der Arbeit im Weingarten
Vater und Tochter bei der Arbeit im Weingarten ©Julius Hirtzberger/Weingut Franz und Christine Netzl

Eine Familie zieht an einem Strang

Wer denkt, dass das Konfliktpotenzial birgt, ist mächtig auf dem Holzweg. Denn auch wenn für Franz Netzl Tradition sehr wichtig ist, ist ihm auch an Innovation gelegen. Vor allem an gemeinsamer Innovation. Deswegen steckt er mit seiner Tochter Christina auch gerne stundenlang die Köpfe zusammen, wenn es darum geht, neue Wege zu beschreiten. Oder bestehende zu verbessern. Gegenseitiger Respekt ist für solch eine nahe Zusammenarbeit Grundvoraussetzung.

Christina Artner-Netzl (ja, Artner wie Weingut Artner und Peter Artner, der ihr Mann ist und sie in ihrer Arbeit neben seiner eigenen tatkräftig unterstützt) ist nämlich nicht im Schatten ihres Vaters, sondern konsequent gleichberechtigt an dessen Seite tätig. Und der frische Wind, den sie mit ins Weingut Franz und Christine Netzl brachte, wird von ihr wie folgt beschrieben: “Wein ist für mich Kreativität, Passion und Leidenschaft, die ich spüre, die ich lebe und mit jedem Jahrgang anders interpretiere.”

Winzerin Christina Netzl im Weinkeller des Weinguts
Christina Netzl spürt ihrem Wein nach ©Julius Hirtzberger/Weingut Franz und Christine Netzl

Wenn auch der Jahrgang schmeckbar wird

Neben der Individualität von Rebsorte und Lage kommt inzwischen beim Weingut Franz und Christine Netzl dank Tochter Christina also auch noch die unterschiedliche Ausdruckskraft eines jeden Jahrgangs zum Tragen. Damit sich alle drei Komponenten, die den Charakter eines Weins ausmachen, auch voll entfalten können, sieht sich das Vater-Tochter-Gespann nicht als “Macher” des Weins – sondern als deren “Begleiter”.

Wobei eine Begleitung auch durchaus lenken darf. Zum Beispiel mit der Entscheidung, was wo angepflanzt wird. Die Lagen des Weinguts bestechen mit ihrer Unterschiedlichkeit. Löss, Lehm, Schotter und Sand bilden die Grundlage in den Hängen mit Süd-Ost-Ausrichtung. Hinzu kommen dann noch die vielen unterschiedlichen Mikroklimata, deren gemeinsamer Ursprung der warme pannonische Einfluss sowie die kühlende Wirkung der Donau ist.

Rotwein vom Weingut Franz und Christine Netzl
Guter Wein braucht Zeit ©Julius Hirtzberger/Weingut Franz und Christine Netzl

Die Weine vom Weingut Franz und Christine Netzl

Womit wir jetzt endlich bei den Weinen selbst wären. Was sie eint – und zwar weiß wie rot – ist ihr Tiefgang sowie ihre vielen Facetten. Wer bis dato noch fest der Überzeugung ist, dass aus Zweigelt nur harmlose Weine vinifiziert werden, dem empfehle ich, direkt zu einem der Flaggschiff-Weine vom Weingut Franz und Christine Netzl zu greifen. Nämlich dem Zweigelt Ried Haidacker. Erst 2017 zur Ersten Lage im Carnuntum klassifiziert, gehört diese Riede zu den wichtigsten der Region. Die 35 Jahre alten Reben wurzeln tief in den Lössboden – die kargen Schottereinschwemmungen, die obenauf liegen, zwingen sie dazu.

Eine Handlese versteht sich bei diesem Prachtexemplar von Lage von selbst. Ebenso wie eine vorherige Selektion. Wobei neben den Trauben dann sogar die Beeren nach der Lese erneut selektiert werden, bevor es an die Vinifikation geht. Was folgt, sind 18 Monate in 500-Liter-Fässern aus neuem Holz. Das Ergebnis ist ein saftiger und vollmundiger Wein voller reifen Kirschen, Brombeeren, einem Hauch Lakritz und einer zauberhaften Kräuterwürze. Beim 2017er sind die Tannine noch straff, aber derart feingliedrig und elegant, dass man ihn jetzt schon fantastisch genießen kann, der Wein aber zugleich auch noch ein langes Leben vor sich hat. Genau das macht ja große Weine aus: Sie machen auch in jungen Jahren schon viel Freude, freuen sich aber auch darauf, mit großer Würde altern zu dürfen.

Barrique-Fässer im Keller vom Weingut Franz und Christine Netzl
Hier reifen die roten Schätze ©Julius Hirtzberger/Weingut Franz und Christine Netzl

Zweigelt ist der King!

Aber nicht nur die großen Lagenweine des Weinguts Franz und Christine Netzl beeindrucken. Denn das macht auch schon der Ortswein “Edles Tal”. Hier hätten wir eine Cuvée aus Zweigelt (natürlich!), Merlot und Syrah. Eine einheimische Rebsorte trifft hier also zwei französische Klassiker. Alle Trauben stammen von den Lagen Hagelsberg, Holzweg und Schüttenberg, die allesamt stark vom pannonischen Klima beeinflusst werden. Das verheißt Intensität! Und in der Tat: dunkle Waldbeeren, vollreife Herzkirschen, ein wenig Lakritz und sogar ein wenig Tabak geben sich hier nach 18 Monaten in gebrauchten Barriques die Hand mit einer frischen und lebendigen Struktur, die von den super geschmeidigen Tanninen geprägt ist. Dann noch ein Hauch Würze, etwas Nougat und eine feine Mineralik. Das lädt ebenso zu einem großen Trinkfluss wie zu feinem Sinnieren über das Carnuntum ein.

Copyright Titelbild: ©Julius Hirtzberger/Weingut Franz und Christine Netzl

*Dieser Text wurde weder in Auftrag gegeben, noch vergütet. Er entstand ohne Einfluss des Weinguts Franz und Christine Netzl und spiegelt ausschließlich meine persönliche Meinung wider. Gesetzte Links sind nicht kommerziell und dienen allein Service-Zwecken.

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