Winzer Johannes Trapl aus dem Carnuntum im Porträt

Weingut Johannes Trapl: Filigrane Weine aus dem Carnuntum

Statt in Kalifornien Weinkarriere zu machen, übernahm Johannes Trapl lieber einen halben Hektar Rebfläche von seinem Vater und zog sein eigenes Ding im österreichischen Carnuntum durch. Eine Entscheidung, von der nicht nur er, sondern vor allem Weinliebhaber profitieren, denn seine Weine brillieren mit viel feiner Eleganz und Charakterstärke.

Eigentlich wollte Johannes Trapl Lebensmittelkontrolleur werden – und nicht in den landwirtschaftlichen Mischbetrieb des Vaters einsteigen. Der 1978 geborene Trapl hat letztlich beides nicht gemacht, sondern ist seinen eigenen Weg gegangen. Und das höchst konsequent und ohne Kompromisse. Typisch Charakterkopf eben.

Nach seinem Abitur 1998 machte er ein Praktikum beim legendären kalifornischen Weingut Cardinale, wo ihn dann auch direkt die Weinleidenschaft nachhaltig packte, wie er verrät: “Gleichzeitig mit mir waren andere junge Österreichische Winzer in Kalifornien und wir haben uns natürlich so viel wie möglich angeschaut. In jeder freien Minute waren wir in einer Kellerei und haben verkostet. Bei Cardinale stand ich 10 Tage ununterbrochen an der Füllanlage, damals wurden gerade die Top-Mountain-Cabernets gefüllt. Ich durfte mir, weil sie offenbar zufrieden mit mir waren, jeden Abend eine Flasche vom Ausspülen der Füllmaschine mitnehmen, die haben damals schon 130 Dollar gekostet. Und da die Winemaker der Kellereien ständig zusammensteckten und ihre besten Weine mitbrachten, lernte ich viele tolle Weine kennen.“

Winzer Johannes Trapl vor einer grauen Wand
Ein Winzer mit Visionen ©Steve Haider/Weingut Johannes Trapl

Von Kalifornien zurück ins Carnuntum

Und weil Trapl nicht nur viel lernte, sondern auch eine gehörige Portion Talent mitbrachte, bot man ihm an, als Assistant Winemaker in Kalifornien zu arbeiten – Aufstiegschancen garantiert. Wo andere mit glänzenden Augen zugegriffen hätten, hielt Johannes Trapl erst einmal inne, um zu überlegen, ob er das denn auch wirklich machen möchte. Zurück in Österreich fragte er seinen Vater, was dieser ihm denn bieten könne. Die Antwort war ebenso direkt wie die Frage: den halben Hektar Rebfläche der Familie, die der Großvater einst gepflanzt hatte. Mit der könne er machen, was er wolle – solange er dann auch die Konsequenzen tragen würde.

Dieses Angebot war für Johannes Trapl verlockender als Kalifornien. Denn hier konnte er jetzt erstmals seine eigenen Ideen in die Tat umsetzen. Nämlich Weine zu machen, die von ihrer Herkunft erzählen – konsequent und individuell. Damit fing er dann auch direkt an. Und weil ein halber Hektar jetzt nicht soooo betreuungsintensiv ist, arbeitete er nebenbei noch beim damals frisch gegründeten Weingut Muhr-van der Niepoort in der Nachbarschaft, bis er 2003 dann den finalen Schritt zum eigenen Weingut ging.

Weingarten von Johannes Trapl im Carnuntum
Ein Blick in den Weingarten ©Weingut Johannes Trapl

Pionierarbeit am Spitzerberg

Zusammen mit Dorli Muhr leistete er am Spitzerberg in Prellenkirchen Pionierarbeit in Sachen Blaufränkisch – ohne bis dato dort überhaupt eigene Reben zu besitzen. Durch einen Zufall konnte er aber 2004 Blaufränkisch-Trauben von eben diesem Spitzerberg kaufen: “Es war mir gar nicht so bewusst, dass Blaufränkisch in unserem Gebiet verkaufstechnisch gar keine Rolle spielte. Zu Hause in Stixneusiedl hatten wir Grünen Veltliner, Weißburgunder, Zweigelt, Merlot, Cabernet und anderes… einen richtigen Bauchladen für einen so kleinen Betrieb. Aber keinen Blaufränkisch. Wahrscheinlich, weil der Ertrag nieder und die Weine nicht so geschmeidig, nicht so farbtief sind.”

Damals waren die Carnuntum-Weine noch geprägt von wuchtiger Kraft und fetten roten Früchten. Eher halt so die Brummer statt filigrane Wunderwesen. Doch Johannes Trapl wollte eben genau das: den natürlichen Charakter eines Weins mit all seiner Eleganz zeigen. Das setzte er mit dieser Blaufränkisch-Charge in die Tat um. Das Ergebnis: die Weinwelt horchte auf – und blickte erstmals gen Stixneusiedl, wo Trapl auf weiter Flur der einzige Winzer war und so einfach sein Ding machen konnte. Wobei er per se nie irgendwelchen Trends hinterher gelaufen ist – und das auch nie machen wird. Dafür hat er zuviele eigene Visionen. Und vor allem: Ambitionen. Seine Weine sind stets originär und nie eine Kopie von irgendwas.

Auf was Johannes Trapl verzichtet

Weinflasche aus dem Sortiment vom Weingut Johannes Trapl
Auffällige Etiketten inklusive ©Weingut Johannes Trapl

Doch zurück zu diesem 2004er Blaufränkisch, der in der Fachwelt für Aufsehen sorgte. Sortensieg bei der Falstaff Rotweingala! Und dann auch noch zwei Grand Cru-Siege beim A la Carte-Magazin! Johannes Trapl wurde quasi über Nacht bekannt. Statt jetzt aber diese Aufmerksamkeit zu nutzen und die Masse mit Weinen zu bedienen, ging Trapl weiterhin konsequent seinen eigenen Erfahrungsweg.

Für ihn bedeutete das zunächst einmal konsequent akribische Arbeit in den Weingärten. Hier liegt sein Interessenschwerpunkt seit Jahren auf dem Pflanzenwachstum. Denn dieses wird von ihm konsequent nicht gepusht, wie er betont: “Ich habe noch nie in meinem Leben Mineraldünger gestreut. Daher habe ich die Reben auch nicht mit Salz durstig gemacht“. Und das ist beim eher trockenen Klima im Carnuntum auch durchaus wichtig. Die zusätzliche Arbeit mit Begrünungen und Kompost und feinfühlige Laubarbeit lassen die Trauben langsamer reifen und intensivere Aromen ausbilden.

Winzer Johannes Trapl mit seiner Frau Melanie
Johannes Trapl und seine Frau Melanie ©Weingut Johannes Trapl

Aus dem Alltag im Weingarten

Für Johannes Trapl ist auch das Alter der Reben ein entscheidender Faktor. Er vergleicht sie mit Kindern, die in ihren jungen Jahren viel Aufmerksamkeit brauchen und schnell wachsen. Das müsse man sie ausleben lassen. Durch Düngung würden die Pflanzen aber auch nach zehn bis fünfzehn Jahren nicht ruhiger und selbstständiger werden. Mit Begrünungen steuert Trapl die Wüchsigkeit der Reben und freut sich, dass die Weingartenarbeit mittlerweile “wie am Schnürchen“ läuft. Damit aber noch nicht genug. Im Jahr 2006 hat Johannes Trapl sein Refraktometer weggeschmissen. Nicht der Zuckergehalt der Beeren bestimmt den Lesezeitpunkt, sondern ihr Geschmack. Deswegen ist Trapl ständig in den Weinbergen unterwegs und probiert, was das Zeug hält.

Die Weinlese beginnt dann relativ früh mit einer ersten Selektion. So werden Wüchsigkeit und Triebstärke reduziert. Beim zweiten Lesedurchgang haben die Trauben so auch nicht mehr so viel “Babyspeck und sind relativ kühl in der Aromatik“, wie Johannes sagt. Das alles stärkt seine Betriebsphilosophie, die er so erklärt: “Wie schaffe ich es auf natürlichem Wege, mit mehr Ertrag den Wuchs zu steuern und mit mehreren Leseschritten die Selektionen zu machen? Es ist halt mehr Arbeit, als einmal durchzufahren oder zu gehen. So steuern wir auch den Stil: etwas mehr Frische, lebendiger – mir taugt das! Bei den Signatur-Weinen wird im Keller auch nicht mehr eingegriffen das steuern wir über die Blends der Fässer oder Amphoren.“

Ein Blick in den Weinkeller von Johannes Trapl
Ein Blick in den Weinkeller von Johannes Trapl ©Weingut Johannes Trapl

In Johannes Trapls Keller regiert die Zeit

Womit wir dann jetzt wohl im Weinkeller von Johannes Trapl angekommen wären. 😉 Hier regiert vor allem eins: Zeit. Trapl übt nämlich Verzicht. Er verzichtet auf Zuchthefen und Enzyme und setzt stattdessen auf Spontangärung. Auch auf Schönung und Filtration verzichtet er. Da verwundert es dann auch nicht, dass ein Großteil der Trauben nicht entrappt und mit den Füßen gestampft wird. Damit kann er die Maischestandzeit verkürzen, denn, so der Winzer, “schon nach zwei Tagen haben sie alles abgegeben ohne massive Tanninauslaugung.“

Das bewahrt nicht nur viel Frische, sondern eben auch viel lebendigen Charakter, der bei Trapls Weinen konsequent leise und mit Bedacht daherkommt. Seine Weine müssen nicht kraftvoll brüllen, um am Gaumen auf sich aufmerksam zu machen – sie überzeugen dort einfach durch filigrane Präzision. Und das können sie, weil Johannes Trapl ihnen halt die Zeit gibt, die sie brauchen, um genau diesen feinen Charakter zu entwickeln, der auch dem des Winzers, bzw. dessen eigenem Geschmack entspricht: “Ich mag keine Weine trinken, die noch in den Windeln stecken. Erst mit Reife zeigen die Weine, was in ihnen steckt, und das ist sicher nicht sechs Monate nach der Ernte.“

Winzer Johannes Trappel hält der Kamera eine Flasche Wein entgegen
Take this! ©Steve Haider/Weingut Johannes Trapl

Johannes Trapl: Nah dran an der Natur

Bei derart viel Konsequenz verwundert es auch nicht weiter, dass Johannes Trapl seine inzwischen 23 Hektar, auf denen zu 70% rote Rebsorten gedeihen, seit 2015 biodynamisch bewirtschaftet – 2019 folgte die Demeter-Zertifizierung. Mit Beharrlichkeit und Präzision hat er sich in die erste Riege der Carnuntum-Winzer gearbeitet. Und seinen Platz dort auch mehr als verdient. Denn von der Basis bis hin zu seinen Signatur-Weinen ist er derjenige, der mit seinen Weinen den natürlichen Terroir- und Herkunftsgedanken im Carnuntum am stärksten prägt.

Während ich diese Zeilen schreibe, habe ich übrigens seinen Blaufränkisch Reserve “Prellenkirchen” 2017 im Glas – und bin gerade völlig hin und weg vor Begeisterung. Diese feine Kirschfrucht! Dieser schlanke Körper! Und dann noch diese zarte Struktur! Hier herrscht perfekte Harmonie – und zwar nicht von der langweiligen, sondern von der fordernden und höchst lebendigen Sorte. Dazu noch die kühle Eleganz … einfach umwerfend. Von den fetten roten Carnuntum-Brechern ist das sehr, sehr weit entfernt. Und das ist auch gut so!

Copyright Titelbild: ©Steve Haider/Weingut Johannes Trapl

*Dieser Text entstand mit Wissen des Winzers, aber ohne dessen Einfluss. Er wurde weder beauftragt noch vergütet, sondern spiegelt ausschließlich meine eigene Meinung wider. Gesetzte Links sind nicht kommerziell und dienen ausschließlich Service-Zwecken.

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