Geschäftsführer Gerhard J. Lobner im Weingut Mayer am Pfarrplatz

Weingut Mayer am Pfarrplatz: Willkommen in Wien!

In den vergangenen zehn Jahren hat das Weingut Mayer am Pfarrplatz quasi eine Renaissance erlebt und ist wieder zu einem der vinophilen Highlights Wiens avanciert.

Tradition und Geschichte reichen auf Dauer nicht aus, um sich an der Spitze zu halten. Noch vor gut zehn Jahren musste das Weingut Mayer am Pfarrplatz genau diese leidvolle Erfahrung machen. 1683 vom Wiener Wein-Pionier Franz Mayer gegründet, kann das Weingut eben auf eine sehr lange Tradition und Geschichte zurückblicken. Und sich mit dem Prädikat schmücken, dass Ludwig van Beethoven 1817 hier im Döblinger Vorstadthaus im 19. Wiener Bezirk seine legendäre neunte Sinfonie komponierte.

Doch irgendwann wurde es ruhig um das Weingut. Während andere Winzer für Aufmerksamkeit oder gar für Furore sorgten, verschwand das Weingut Mayer am Pfarrplatz zusehends im Schatten seiner interessanten Vergangenheit. So ging das bis zum Jahr 2007. Als nämlich Hans Schmid das Weingut kaufte. Und eine Vision hatte: ihm wieder zum alten Glanz verhelfen. Mit Gerhard J. Lobner holte er sich einen Geschäftsführer an Bord, der genau das für ihn umsetzen sollte.

Weingut Mayer am Pfarrplatz: Meet the Team

Lobner fackelte nicht lange und fing an. Vor allem mit der Qualitätssteigerung. Immerhin verfügt das Weingut Mayer am Pfarrplatz über mehr als 100 verschiedene Kleinstlagen in und um Wien. Nicht wenige davon in Filetstücken der legendären Großlage Nussberg. Damit musste doch etwas anzufangen sein! Zusammen mit der Kellermeisterin Barbara Wimmer und dann auch mit dem Önologen Dragos Pavelescu wollte Lobner die Stärke des Terroirs endlich wieder voll und ganz ausspielen, denn “Wien mit seinem besonderen Terroir zählt sicher zu den spannendsten und gleichzeitig charmantesten Orten, um besondere Weine entstehen zu lassen”, verrät Lobner.

Lobner und Pavelescu zwischen den Reben in Wien
Geschäftsführer Lobner zusammen mit seinem Önologen Pavelescu ©Weingut Mayer am Pfarrplatz

Die Böden sind geprägt von Flysch-Mergel mit einem hohen Anteil von Muschelkalk. Gerade dieser Muschelkalk ist meist ein Garant für finessenreiche Weine. Hinzu kommt dann noch das Klima. Einerseits sorgen warme Winde aus der pannonischen Tiefebene dafür, dass die Trauben gut reifen und ihre volle Aromatik entwickeln können. Andererseits gibt es aber auch das kühlere Klima von Wienerwald und Donau. So werden die Trauben eben nicht überreif.

Riesling rules

Apropos Trauben. Die große Stärke vom Weingut Mayer am Pfarrplatz ist ganz eindeutig Riesling. Was übrigens auch Lobner zu verdanken ist. Inzwischen bewirtschaftet das Team um den Geschäftsführer sage und schreibe 30 Prozent aller Wiener Riesling-Flächen. Und die machen dann 40 Prozent der Gesamtproduktion des Weinguts aus.

Die Ried Preussen am Wiener Nussberg hat es Gerhard J. Lobner dabei ganz besonders angetan. Er ist seit langem überzeugt: Die speziellen Eigenschaften dieser 1,2 Hektar großen Parzelle machen sie zu einem Platz, auf dem große Rieslinge von unverkennbarer Eigenständigkeit entstehen können. Mit dieser Hingabe steht Lobner noch dazu in der Tradition seines Hauses, denn schon Franz Mayer höchstselbst bestimmte die Ried Preussen für seine Rieslinge.

Ried Preussen vom Weingut Mayer am Pfarrplatz
Ried Preussen ist DIE Riesling-Hochburg ©Herbert Lehmann/Weingut Mayer am Pfarramt

Charakterweine des Weinguts Mayer am Pfarrplatz

Der Riesling Ried Preussen 2017, der aus 45 Jahre alten Rebstöcken gewonnen wird, ist mit seiner Eleganz und seinem zurückhaltenden Auftreten ein ganz eigenes Kaliber. “Es ist ein Wein, der sich nicht sofort öffnet”, sagt Lobner. Da springt kein fröhliches Blüten- und Pfirsich-Bouquet hervor, vielmehr sind die Aromen eher würzig als fruchtig. Mit etwas Geduld und Zeit tritt ein seidiger Ausdruck hervor, klare, brillante Steinobst-Töne werden spürbar und die typischen rauchigen Nussberg-Aromen treten hervor, die auch ein wenig an Zimt und Orangenzesten erinnern. Am Gaumen zeigt er sich straff, von puristischer Strenge, mineralisch, zugleich mit viel Zug, getragen von einer sehr feinen, ungemein eleganten Säure.

Seit kurzem darf die Ried Preussen zudem das Prädikat “ÖTW Erste Lage“ für sich in Anspruch nehmen, denn 2018 haben sich die wichtigsten Weingüter Wiens (die WienWein Gruppe, der auch das Weingut Mayer am Pfarrplatz angehört), dem Klassifizierung-Prozess der Österreichischen Traditionsweingüter angeschlossen. Dabei wurde die Ried Preussen eben dank des idealen Klimas und des besonderen Bodens als “ÖTW Erste Lage“ klassifiziert.

Detailaufnahme vom Riesling Ried Preussen vom Weingut Mayer am Pfarrplatz
Ein Riesling für Liebhaber ©Niklas Stadler/Weingut Mayer am Pfarrplatz

Hier wird Handarbeit groß geschrieben

Nun reichen Klima und Boden und alte Rebstöcke natürlich nicht aus, um derartige Charakter-Weine zu vinifizieren. Denn so ein Wein entsteht bekanntlich nicht nur im Keller, sondern auch (vor allem) im Weingarten. Beim Weingut Mayer am Pfarrplatz setzt man deswegen konsequent auf eine nachhaltige Bewirtschaftung und ist dementsprechend auch “Nachhaltig Austria” zertifiziert.

Da verwundert es dann auch nicht, dass in allen Weingärten ausschließlich per Hand gelesen wird. In mehrfachen Lesedurchgängen wird zudem akribisch selektiert, damit auch tatsächlich nur die besten Trauben ihren Weg in den Keller finden. Dieser aufwändige Prozess wird übrigens nicht nur beim Riesling betrieben, sondern bei allen Rebsorten. Und somit auch beim legendären Wiener Gemischten Satz.

Ried Langteufel am Nussberg in Wien
Vom Langteufel hat man eine spektakuläre Aussicht auf Wien ©Herbert Lehmann/Weingut Mayer am Pfarrplatz

Wiener Gemischter Satz vom Langteufel

Und von dem hat das Weingut jetzt einen ganz speziellen neu im Portfolio: den Ried Langteufel ÖTW Erste Lage 2018. Langteufel. Wir sind also wieder am Nussberg. Der Langteufel trägt seinen Namen übrigens nicht ohne Grund: er erstreckt sich auf 900 Meter Länge und 400 Meter Breite, zudem läuft er am Ende spitz zu, als wollte er einem Beelzebub die Zunge zeigen. Die höchste Stelle liegt direkt auf dem Kamm des Nussbergs auf 338 Meter Seehöhe, von dort zieht sich der Hang nach unten bis an die Grenze der Bebauung, wo auf 228 Höhenmeter bereits die ersten Villen des Nobelviertels Grinzing stehen. Rund 80 Prozent dieser ungewöhnlichen Riede werden vom Weingut Mayer am Pfarrplatz bewirtschaftet – und diese Bewirtschaftung ist aufgrund der Länge oft schwierig. Schon im 14. Jahrhundert verfluchten die Bauern die Lage deswegen als teuflisch – der Name ward geboren.

Aber zurück zu dem neuen Wiener Gemischten Satz, der hier jetzt entstanden ist und für den Lobner erstmals die Rebsorten Riesling, Grüner Veltliner, Zierfandler und Rotgipfler in Flaschen füllt. “Der Langteufel ist wirklich ganz speziell“, schwärmt Lobner, “diesen besonderen Charakter wollte ich herausarbeiten.“ Und das ist ihm auch gelungen! Schon jetzt in seiner ersten Jugend springt die intensive Aromatik in die Nase: Pfirsich, helle Blüten, Minze, weißer Pfeffer. Am Gaumen zeigt er sich straff und engmaschig, getragen von salziger Mineralik. “Dieser Wein wird ein Langstreckenläufer“, sagt Lobner. Recht hat er damit. Was aber nichts daran ändert, dass dieser Gemischte Satz auch jetzt schon enorm viel Freude bereitet. Ich habe es getestet. 😉

Copyright Titelbild: ©Paul Breuss/Weingut Mayer am Pfarrplatz

*Dieser Text entstand mit Wissen des Weinguts Mayer am Pfarrplatz, aber ohne dessen Einfluss. Er wurde weder beauftragt noch vergütet, sondern spiegelt meine eigene Meinung wider. Gesetzte Links sind nicht kommerziell und dienen ausschließlich Service-Zwecken.

8 Kommentare

  1. …ein profunder Kenner des Weinguts bin ich nicht, dazu hatte ich bislang zu wenig aus dem Sortiment im Glas und somit ist mir ein abschließendes Urteil nicht möglich. Aber es war bis jetzt leider nichts dabei, das mich „geflasht“ hat, deshalb kuck‘ ich da aktuell nicht aktiv in diese Richtung. Wenn ich weinmäßig an Wien denke, dann führen die Gedanken zur Zeit geradewegs zu Jutta Ambrositsch… 🙂

    1. Jutta Ambrositsch. Sehr klein, aber sehr, sehr fein. Unbedingte Zustimmung. Aber meiner Meinung nach ein anderes Paar Schuhe. 😉

  2. …unbestritten ein anderes Paar Schuhe! Aber man tut seinen Füßen ja auch nichts Gutes, wenn man schlecht bis gar nicht passendes Schuhwerk trägt… 😉

    1. Zum Glück passen meine Füße in viele unterschiedliche Schuhe. Ich möchte die unterschiedlichen Geherlebnisse nicht missen. 😉

      1. Gut, beim Thema Schuhe bin ich als Mann sowieso regelmäßig unterlegen. 😀 Gilt zwar als Vorurteil, hat sich bei mir aber immer wieder bestätigt.
        Vielleicht kommt mir ja tatsächlich mal ein „Pfarrplatz“ ins Glas, der mir ausnehmend gut paßt, aktuell habe ich aber zu viele andere Wünsche…

          1. Gut, ob da jetzt die Ausnahme die Regel bestätigt, weiß ich nicht. Mit Arbeits-, Haus-, Winter-, Wanderschuhen etc. komm‘ ich gerade mal auf 8 Paar, wenn ich dagegen schon auf die ‚zig Tangoschuhe schaue… 😀

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