Winzer Michael Melber zwischen seinen Reben im fränkischen Rödelsee

Weingut Melber: Der junge Winzer mit den alten Reben

Es ist ein echter Balance-Akt zwischen Tradition und Innovation, den Jungwinzer Michael Melber im fränkischen Rödelsee Tag für Tag meistert. Auf der einen Seite ist er den alten Reben verpflichtet, die seine Ahnen pflanzten. Andererseits führt er das Weingut Melber jetzt aber auch in eine moderne Wein-Zukunft.

Wenn man in Rödelsee nach Michael Melber fragt, kann es schnell mal zu Verwechslungen kommen. Je nachdem, ob man denn nun Vater oder Sohn sprechen möchte. Die halt beide so heißen. Wobei immer häufiger inzwischen der Junior gemeint ist. Denn dieser übernahm schließlich im Jahr 2023 mit gerade einmal 26 Jahren das elterliche Weingut Melber in Franken. Wenn Michaels Augen schelmisch unter dem blonden Pony hervorblitzen, dann mag man es kaum glauben, dass so ein junger Mensch bereits derart eigenständige Weine auf die Flasche bringt. Aber fangen wir lieber von vorne an mit der Geschichte. Denn Michael Melber hat da einen ganz besonderen Schatz, auf den er zurückgreifen kann. Und den er wahren muss: Die alten Reben, die etwa 70 Prozent der gesamten Rebfläche ausmachen.

Beim Weingut Melber begann alles mit einem dritten Michael. Nämlich dem Urgroßvater, der 1950 sein Weingut gründete. Allerdings nicht in Rödelsee, sondern im benachbarten Iphofen. Der Umzug nach Rödelsee erfolgte tatsächlich erst 1961. Nämlich als Sohn Wilhelm das Weingut Melber übernahm. Womit die Geschichte Fahrt aufnahm. Denn es war eben jener Wilhelm, der in den nächsten 20 Jahren Hektar um Hektar an Rebfläche kaufte und neu bestockte.

Alter Rebsorten-Reigen

Die ältesten Reben des Betriebs, die heute noch Ertrag abwerfen, stammen aus dem Jahr 1967. Also aus der Zeit direkt nach der Flurbereinigung in Rödelsee. Die meisten Weinstöcke pflanzte Wilhelm Melber in den 1970er- und 1980er-Jahren, bevor dann in den 1990er-Jahren sein Sohn Michael zusammen mit seiner Frau Birgit das Weingut Melber übernahm. Sie vergrößerten den Betrieb auf die heutigen 13 Hektar. Und auch der Rebsortenspiegel mit Schwerpunkt auf den Silvaner, flankiert von Riesling, Müller-Thurgau, Bacchus, Scheurebe, Grau- und Weißburgunder, Spätburgunder oder Dornfelder. Wobei es mit Kanzler auf der weißen und Cabernet Dorsa auf der roten Weinseite auch zwei kleine Exoten gibt.

Blick auf die Weingärten im fränkischen Rödelsee
Oh, du schönes Rödelsee! © Stefan Bausewein/Weingut Melber

Weingut Melber im Wandel der Zeit

Michael Melber sen. führte das Weingut in Rödelsee wirtschaftlich erfolgreich – und sehr traditionell. Was ja nicht schlecht ist. Natürlich füllte das Weingut Melber die besten Weine im Bocksbeutel ab. Ebenso natürlich gab’s Weinetiketten mit einem verschnörkelten Wappen. Und noch natürlicher wurde sehr deutlich hervorgehoben, wenn es sich bei einem Gewächs um einen Prädikatswein handelte.

Das waren die 1990er! Da redete man in Deutschland noch nicht so viel über schmeckbare Herkunft oder gar Terroir. Da verkaufte man Weine vor allem über deren Prädikate wie eben Spätlese oder Auslese. Und ja, ein wenig mehr Restzucker durfte auch dabei sein. Das alles hatte Tradition, brachte aber eben immer weniger Erfolg, weil das alles in den 2020er-Jahren drohte, ein wenig aus der Zeit zu fallen. Nicht unbedingt für die sehr treue Kundschaft. Aber eben für jüngere Generationen.

Michael Melber und sein Vater im Weingarten
Vater und Sohn tauschen sich nach wie vor sehr rege aus. © Stefan Bausewein/Weingut Melber

Der Junior übernimmt

Genau an dieser Stelle kommt dann Michael Melber ins Spiel. Junior. Dass er das Weingut einmal übernehmen würde, war eigentlich schon immer klar. Für seine Eltern – aber auch für ihn. Nach seinem Abschluss zum Weinbau-Meister an der LWG in Veitshöchheim war es dann 2023 so weit. Natürlich bekam Michael ein wenig Zeit, um sich zu orientieren. Aber die Betriebsübergabe war beim Weingut Melber kein so schleichender Prozess wie es sonst meist üblich ist. Michael bekam schnell die volle Verantwortung. Und diese konnte der sonst doch etwas schüchterne junge Mann, der lieber seine Weine als seinen Mund über Herkunft, Qualität und Unverwechselbarkeit sprechen lässt, problemlos stemmen.

Zunächst galt es, Abläufe besser kennenzulernen und Marktmechanismen zu verstehen. Das Terroir, mit dem er arbeitet, brauchte keine zusätzliche Begegnung. Damit ist er schließlich groß geworden. 70 Prozent aller Reben haben über 35 Jahre auf dem Buckel – und sind damit älter als der Winzer selbst. Und der Großteil davon gedeiht auf dem legendären fränkischen Keuperboden. Also auf einem Konglomerat aus Schilsandstein, Tonanteilen, Gipssedimenten und auch Mergel oder Löss. Dieser tiefgründige Boden speichert nicht nur hervorragend Wasser, sondern speichert auch noch die Wärme des Tages, um sie in der Nacht wieder an die Weinstöcke abzugeben. Ach ja, und dann ist Keuper auch noch für seine hohe Mineraltität bekannt, die man sofort in den Weinen schmecken kann. Michael Melber weiß also ganz genau, aus welcher Parzelle er welche Qualität und welchen Charakter bekommt.

Gipskeuper prägt das Terroir beim Weingut Melber
Keuper it is! © Stefan Bausewein/Weingut Melber

Erste Änderungen fürs Weingut Melber

Aber Weine zu machen, die die Stammkundschaft überzeugen und auch Neukund:innen begeistern, war 2023 ja nur eine der vielen Baustellen, die der Jungwinzer zusammen mit seiner Partnerin Marie Wittmann in Angriff nahm. Die beiden haben sich in Südtirol kennen und lieben gelernt. Die gebürtige Österreicherin zog daraufhin nach Franken, ließ sich zur fränkischen Gästeführerin ausbilden, macht seitdem ihre Touren. Und wenn sie nicht eben das Marketing für das Weingut Melber verantwortet, dann leitet sie stellvertretend in Teilzeit ein Kliniklabor in der Nähe. Eine echte Powerfrau also, auf deren Unterstützung Michael Melber zu einhundert Prozent zählen kann.

Dem Paar war schnell klar, dass sie den Bocksbeutel für die Lagenweine beibehalten wollten. Aber bitte! Die Etiketten! Statt Schnörkel gibt es jetzt dreidimensionale Prints, die die Lagen vom Weingut Melber quasi spürbar machen. Die fruchtig-frischen Gutsweine bekamen direkt ein komplett neues – und knallbuntes – Gewand.

Michael Melber und Marie Wittmann stellen das Weingut Melber in Franken für die Zukunft auf
Stellen das Weingut Melber für die Zukunft auf: Michael Melber und Marie Wittmann. © Stefan Bausewein/Weingut Melber

Das Weingut Melber und die neue Wein-Klassifikation

Zugleich setzte das Paar bereits 2023 die Klassifikation des neuen Weingesetzes um, die eigentlich erst 2025 in Kraft tritt. Die Basis bilden die Literweine, die ideal für den Alltagsgenuss und für Weinschorlen sind. Seitdem Michael Melber jun. für die Weine verantwortlich ist, kann man übrigens bereits hier schon Terroir schmecken. So gibt es einen Silvaner „I“ und einen „R“, was dann mal für Iphofen bzw. Rödelsee steht. Beide Literweine sind erstaunlich unterschiedlich. Die Gutsweine kommen direkt danach. Hier begeistert mich vor allem die Scheurebe mit ihrer Spritzigkeit und ihrer tänzelnden Säure immer wieder. Für mich ist das ein herrlicher Sommerwein, den ich vor allem gerne zu Meeresfrüchten oder zum Grillen genieße.

Womit wir bei den Ortsweinen wären, die schon deutlich Charakter zeigen. Beim Rödelseer Silvaner trocken zum Beispiel, steht nicht so sehr die Frucht, dafür aber die Würze im Vordergrund – gepaart mit einem Niagara-Trinkfluss und einem erstaunlich langen Abgang. Hier bekommt man ziemlich viel Wein für wenig Geld. Oder anders ausgedrückt: Kaufempfehlung!

Jungwinzer Michael Melber im Flaschenkeller seines Weinguts in Rödelsee
Der Jungwinzer scheut sich nicht vor der ernomen Verantwortung. © Stefan Bausewein/Weingut Melber

Jungwinzer mit enormen Potenzial

Die Genuss-Königsklasse sind aber natürlich auch beim Weingut Melber die Lagenweine. Hier sticht ganz klar der Rödelseer Küchenmeister Silvaner hervor. In der Nase kommt die 2023er-Edition recht gelbfruchtig daher, doch am Gaumen zeigt sich dann schnell ein eher kühlerer Charakter. Es ist ein sehr ruhiger, aber auch ein sehr präziser Wein. Ein Gewächs, das eindringlich flüstert und mit feiner Würze von seiner Herkunft erzählt. So etwas liebe ich persönlich sehr! Falls dir auch noch der 2022er dieses Silvaners über den Weg läuft: Bitte unbedingt beide Jahrgänge nebeneinander verkosten!

Beim 2022er hatte der Jungwinzer bereits seine Hände mit im Spiel. Hier ist alles noch sehr verhalten und schüchtern. Ein Wein, der noch nicht so recht an sich selbst zu glauben scheint. Der 2023er allerdings zeigt selbstbewusst, was er hat und kann – ohne dabei unangenehm anzugeben. Diese krassen Unterschiede sind zum Teil natürlich dem Jahrgang geschuldet. Sie zeigen aber auch den enormen Entwicklungssprung, den Michael Melber innerhalb nur eines Jahres als Winzer gemacht hat. Das ist schon sehr beeindruckend. Und es lässt einen ahnen, dass vom Weingut Melber noch sehr, sehr viel mehr kommen wird. Ein Betrieb, den es lohnt, genauer im Auge zu behalten. Und in der Zwischenzeit kann man ja die Gunst der Stunde nutzen, dass ausnahmslos alle Weine zu absurd günstigen Preisen für diese Qualitäten ab Hof oder im Online-Shop zu kaufen sind. 😉

Copyright Titelbild: © Stefan Bausewein/Weingut Melber

*Dieser Text wurde vom Weingut Melber weder beauftragt noch vergütet. Er spiegelt meine persönliche Meinung wider und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Gesetzte Links sind nicht kommerziell und dienen alleine Servicezwecken.

Zum Newsletter anmelden & eBook sichern!

Melde dich zu meinem Newsletter, der alle zwei Monate erscheint, an und erhalte direkt das eBook "Wein verkosten wie ein Profi".

Du kannst dich jederzeit wieder abmelden. Den Link findest du am Ende jedes Newsletters.

* Pflichtfeld

3 Kommentare

  1. Hallo Frau Korzonnek,

    beim Weingut Melber hätten mich aber doch die Details interessiert, aus denen der „enorme Entwicklungssprung“ besteht. Wie wird im Weinberg gearbeitet? Mit oder (hoffentlich) ohne Herbiziden? Einsaaten zur Bodenlockerung? Nur natürlich Kompostdüngung? Ertragsreduktion auf wie viel hl/ha? Hefewahl und Gärführung im Keller bei den verschiedenen Rebsorten? Dauer des Feinhefelagers? Stil beim Restzucker? BSA bei Weißweinen?
    Auch die Webseite des Weingutes liefert da leider außer den Stichworten „naturnah“ und „nachhaltig“ nichts Genaues. Das erscheint mir als zu wenig. Gerade in Iphofen und Rödelsee schläft die Konkurrenz ja nicht.

    Weinfreundliche Grüße nach Hamburg!

    1. Lieber Herr Riedl,
      vielen lieben Dank für Ihr Interesse an unserem Weingut. Wir laden Sie herzlich zu uns ins Weingut ein, um unsere Weine, die Philosophie und natürlich auch uns besser kennenzulernen.
      Melden Sie sich gerne bei uns unter: info@weingut-melber.de

      Herzlichst Michael und Marie-Sophie vom Weingut Melber

Kommentar verfassen