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Winzer Paul Weltner in Hamburg: Sylvaner – traditionell und doch ganz anders

Wer in der Großstadt lebt – und das auch noch im Norden – kann zwar viel guten (und vor allem höchst unterschiedlichen) Wein genießen, trifft aber nicht unbedingt häufig auf den Winzer selbst. Es sei denn, eben dieser nimmt die Einladung eines Händlers an, mal seine Weine zu präsentieren. So wie etwa der Franke Paul Weltner, der dem Ruf von Christian Budde und dessen Oxhoft folgte und vergangenen Samstag bei hohen Temperaturen in lockerer Hinterhofatmosphäre seine Weine ausschenkte und erklärte.

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Fast wäre Paul Weltner zu seiner eigenen Verkostung zu spät gekommen. Aber nur fast. Autobahn und Verkehr und Stau und so. Leicht verschwitzt (wie alle – wir hatten schließlich über 30 Grad) stand er dann aber doch in Shorts und lockerem Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln pünktlich in der Weinhandlung Oxhoft. Halleluja! Dabei wäre diese große Eile eigentlich gar nicht nötig gewesen. Denn bei den meisten von Christian Budde geplanten Veranstaltungen gibt es ganz bewusst kein pünktlich oder zu spät.

Zwischen 16 und 21 Uhr kann man halt kommen und gehen, wann man will; man kann sich die Probierreihenfolge selbst aussuchen oder vom Winzer aus Franken empfehlen lassen; die kleinen Köstlichkeiten, die Christian persönlich zubereitet, essen, wann man will; sitzen, wo man will; quatschen, mit wem man will. Lockeres und geselliges Weinbeisammensein statt starrer Verkostungsfolge eben. Herrlich!

Paul Weltner und der Liter-Riesling

So kam es, dass die Gäste erst nach und nach eintrudelten und Paul Weltner sich ein wenig akklimatisieren konnte. Die einen saßen im Oxhoft rum und quatschten miteinander, während sie ein Gläschen von Weltners geschmeidigem Riesling brut genossen, die anderen zog es schon mal mit einem Teller in der Hand in den kleinen Hinterhof, der sich nach und nach kuschelig füllte. Und irgendwann drehte sich dann tatsächlich alles um die Weine selbst. Jeder in seinem Tempo und nach eigenem Gusto.

Ich bin da ja etwas spießig veranlagt und ließ mich dementsprechend von Paul Weltner selbst durch seine Weine führen. Nach dem frischen und unkomplizierten Liter-Riesling kam erst einmal die Allzweckwaffe ins Glas. Eine Blend aus Sylvaner und Müller-Thurgau. Fruchtig, frisch. Aber hier ließ sich schon erahnen, was bei den anderen Weinen dann immer deutlicher werden sollte: Paul ist ein Meister des mineralischen Stils.

Paul Weltner und die Tradition

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Als der erste Sylvaner, ein Ortswein, ausgeschenkt wurde, bestätigte der Winzer, was ich längst vermutet hatte: In seinem Keller wird so wenig wie möglich interveniert. Die Arbeitet findet im Wingert statt. Böden und Lagen, darauf kommt es Paul Weltner an. Deren Stilistiken herauszuarbeiten, ist ihm eine Herzensangelegenheit. Klar, bei den Guts- und Ortsweinen kommen Reinzuchthefen zum Einsatz. Alle anderen Weine aber werden spontan vergoren. Das ist dann auch schon der einzige Unterschied. Alle Weine werden ansonsten gleich behandelt. Nur so lassen sich spezifische Charakteristika eben auch tatsächlich herausarbeiten.

Und dann kam ich im Sylvaner-Himmel an. Sylvaner. Mit Y. Fränkische Tradition wird bei Weltner per se groß geschrieben. Deswegen verweigert er sich auch der neuen Bocksbeutelform, die ja etwas kantiger ist. Seine Sylvaner kommen alle bitteschön in den traditionellen Bocksbeutel – vom „normalen“ Lagenwein bis hin zum Großen Gewächs. Wobei ich das Wort „normal“ im Zusammenhang mit Pauls Sylvanern nicht so recht verwenden mag. Sie sind nämlich alle durch die Bank weg außergewöhnlich gut. Mineralisch? Auf jeden Fall! Und höchst unterschiedlich! Den Genussvogel abgeschossen hat am Samstag ganz eindeutig der 2006 Sylvaner Küchenmeister: mineralisch, dicht, würzig. Mit frischer Frucht und lebendiger Säure. Ein Paradebeispiel dafür, wie gut auch Sylvaner reifen kann. Ein Herzenswein!

Winzerromantik? Kannste knicken!

Während sich immer mehr Gäste um Paul drängten, um mit ihm über die Weine zu quatschen, setzte ich mich zu seiner Mitarbeiterin Juliane – und hatte ein kleines Aha-Erlebnis. Es ist nämlich höchst interessant, diese ganze Sache mit der Weinmacherei zwar von intern, aber nicht vom Winzer selbst mitzubekommen. Wie es ist, wenn man dank Frost oder Hagel oder beidem einen Großteil seiner Ernte verliert.

Oder warum Frostkerzen auf einem Instagram-Bild zwar extrem romantisch aussehen, aber in Wahrheit das komplette Gegenteil sind: zum einen, weil der Winzer hier gerade um seine Existenz kämpft (Frostschäden), zum anderen, weil die Kerzen innerhalb kürzester Zeit angezündet werden müssen. Da stürmt man dann schon mal mit 30 Mann mitten in der Nacht den Weinberg hoch, nachdem man alles an Familie und Freunden kurz vorher aus dem Bett geklingelt hat. Das ist alles – nur nicht romantisch. Mal abgesehen davon, dass es ökologisch gesehen die Hölle ist, und Frostkerzen bei Paul deswegen per se nicht zum Einsatz kommen.

Neben den höchst interessanten (und für mich sehr spannenden) Einblicken in den Winzeralltag stand ein Wein noch aus: die Scheurebe. Jaha, die Bouquet-Rebsorte an der sich die Weingenussgemüter scheiden. Entweder man liebt sie oder man mag sie echt nicht so gerne. Ich gehöre zur letztgenannten Fraktion. Scheurebe ist mir meist zu opulent-fruchtig, wuchtig und übertrieben. Und den Sauvignon Blanc konnte ich ja nun nicht probieren, den hatte Paul Weltner nicht dabei, obwohl er zu den wenigen deutschen Winzern gehört, die Scheurebe UND Sauvignon Blanc anbauen. Dass der Sauvignon nicht mit von der Partie war, ging übrigens auf die Kappe von Oxhoft-Inhaber Christian, der der Rebsorte nichts abgewinnen kann. Aber das ist ein anderes Thema…

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Vom Sylvaner zur Scheurebe und zurück

Kommen wir zurück zur Scheurebe. Erst als gefällige Blend, dann reinsortig als aktueller Jahrgang. Was soll ich sagen? Die große Liebe ist es nach wie vor nicht. 😉 Ja, die Scheurebe von Paul Weltner ist schon ganz gehörig mineralisch und dadurch erheblich interessanter, aber das fruchtig-opulente Bouquet lässt sich halt nicht unterdrücken. Ein wenig gezähmt, aber mir persönlich immer noch zu vordergründig und präsent.

Momentan jedenfalls. Mein Mann schwenkte nämlich gedankenversunken sein Glas und fragte sich laut, wie der 2018er wohl so in fünf Jahren schmecken könnte. Eine hervorragende Frage! Und Idee! Pauls Weine haben den Tag über ja konsequent gezeigt, dass sie allesamt super reifen können. Warum sollte da die Scheurebe eine Ausnahme bilden? Eben! Wir werden deswegen demnächst noch einmal gen Oxhoft pilgern und ein paar Flaschen von genau dieser Scheurebe mitnehmen und im Weinkeller verscharren. Auf dass sie sich entwickeln möge! Und wenn wir schon mal da sind, dann können wir ja auch gleich noch ein paar Flaschen Sylvaner mitnehmen. 😉

Nachweis Titelbild: ©Oxhoft; alle anderen Fotos: ©Bottled Grapes

*Dieser Text entstand ohne den Einfluss des Winzers. Er spiegelt lediglich meine persönliche Meinung wider. Gesetzte Links dienen Servicezwecken und sind somit nicht kommerziell.

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5 Kommentare

  1. Auch ich halte Paul Weltner für einen herausragenden Winzer in Franken. Allerdings ist mir persönlich die Guts- bzw. Ortsweinebene ein bißchen zu gefällig, ist halt Geschmackssache. Außerdem sind das die Weine, die das Geld bringen, möglicherweise wird deshalb auch mehr auf die Vorlieben der mehrheitlichen Kundschaft geschaut, was aber überhaupt nicht verwerflich ist.
    Aber ab der Ersten Lage-Liga beginnt der große Spaß für mich…

    1. Sehe ich ähnlich: mit den Guts- und Ortsweinen wird das Geld verdient. Da ist eine gewisse Beliebigkeit nur logisch. Sie sollen ja vielen Menschen gefallen. Ab Lage wird es dann nicht nur bei Weltner, sondern auch bei vielen anderen Winzern richtig spannend.

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