Pinot Bianco Vorberg Riserva: Vertikale von und mit der Cantina Terlan
Vor einigen Wochen lud die südtiroler Cantina Terlan zu einer besonderen digitalen Vertikale ein. Verkostet wurden drei Jahrgänge der Pinot Bianco Vorberg Riserva. Höchste Zeit, mal in die Weißburgunder-Welt der Kellerei einzutauchen.
Bei der Cantina Terlan gehört Weißburgunder regelrecht zur DNA. Früh hat man hier gewusst, dass die kargen Terlaner vulkanischen Quarzporphyrböden den Pinot Bianco aus der Reserve locken und dass er in den hohen Lagen überragende Qualitäten liefert. An den steilen Südhängen des Tschöggelbergs wachsen die Trauben an bis zu 70 Jahre alten Rebstöcke auf 450 bis 900 Metern Höhe. Aus dem Filetstück auf 500 bis 600 Metern entsteht seit 1993 die Pinot Bianco Vorberg Riserva. Ein Terlaner Weißburgunder, der dank seiner Eleganz und dem subtilen Facettenreichtum zu den besten Pinot-Blanc-Gewächsen zählt, die ich bis dato im Glas hatte.
“Ein von Natur aus geringer Ertrag bringt uns am Vorberg so genial-salzige Weine, mit einer tollen Spannung und außergewöhnlichem Reifepotenzial“, kommt Kellermeister Rudi Kofler ins Schwärmen, wenn er vom Vorberg erzählt. Er meint damit die hohe Mineralität, die sich hier fast schon perfekt ausdrückt. Und diese kommt nicht von ungefähr. Vorberg ist eine historische Bezeichnung für die Südhänge des Tschöggelbergs. Und diese sind stark vom Quarzporphyr geprägt.
Pinot Bianco Vorberg Riserva: Terroir matters
Dieses vulkanische Urgestein bildet aufgrund seiner Härte und Erosionsbeständigkeit direkt hinter dem Weinort Terlan steile Geländestufen mit hohen, nahezu senkrechten Wänden. Krass abfallende, teilweise schwer erreichbare Weinterrassen wurden der wilden Natur Stück für Stück im Laufe der Jahrhunderte abgetrotzt. In seiner Zusammensetzung unterscheiden sich die subvulkanischen Gesteine hier vom klassischen Vulkanstein: ein hoher Quarzanteil prägt skelettreiche, sandiglehmige Böden mit leicht sauren pH-Werten durch das fehlende Calcium-Carbonat. Die Folge?
Eine hohe Wasserdurchlässigkeit bei begrenzter Nährstoffverfügbarkeit bringt Mikrostress für die Reben und mit ihm natürlich niedrige Erträge und eigene, terroirspezifische Polyphenole, die die Pinot Bianco Vorberg Riserva als Wein unverwechselbar machen. Zudem profitiert die Rebsorte davon, dass die Böden die Wärme gut speichern, was für Reife der Trauben gerade in den hohen Lagen wichtig ist. Besonders zum Ende der Reifephase tragen die hohen Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht in den Höhenlagen dazu bei, dass sich die Aromen tiefgründig und komplex ausbilden, ohne die Säure zu zerstören.
Cantina Terlan und der Pinot Bianco
Weißburgunder wurde bei der Cantina Terlan schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts angebaut. Aber erst Kellermeister Sebastian Stocker, von 1955 bis 1993 in Amt und Würden, erkannte sein großes Potenzial. Mit ihm begann bei der Cantina Terlan eine richtige Weißburgunder-Kultur, die schon früh auf eine lange Reifezeit setzte, auch zu Zeiten, als gereifte Weißweine wenig populär waren.
“Von der Vinifizierung ist es im eigentlichen Sinne ein ganz traditioneller Wein, den wir seinen natürlichen Weg mit viel Zeit gehen lassen“, fasst der jetzige Kellermeister Rudi Kofler die Grundidee der Pinot Bianco Vorberg Riserva zusammen. Ein Jahr Reife im Fass, weitere sechs Monate im Beton und ein teilweiser biologischer Säureabbau sorgen für einen cremig-warmen Weißburgunder mit viel Tiefe und Struktur. Aber auch einer großen Spannung, die von der Säure und der langen Hefelagerung herrührt.
Nach Meinung der Cantina Terlan zeigt die Pinot Bianco Vorberg Riserva ihr volles Potential meist erst nach zwei bis drei Jahren Reife. Deshalb findet auch Klaus Gasser, Verkaufsleiter der Cantina Terlan: “Man sollte den Vorberg auf keinen Fall zu jung trinken und auch mal den Mut haben, einen Vorberg reifen zu lassen. Wir haben das große Glück, dass Sebastian Stocker das früh erkannt hat und immer an gereifte Weißweine geglaubt hat. Deshalb ist es für uns heute ganz natürlich, die Langlebigkeit beim Weißburgunder als höchste Priorität zu sehen.“
Auch jung ein Genuss: Pinot Bianco Vorberg Riserva
Und ja, die Pinot Bianco Vorberg Riserva ist tatsächlich äußerst langlebig, wie die Vertikale mit den Jahrgängen 2019, 2016 und 2010 neulich beeindruckend unter Beweis stellte. Doch auch jung macht dieser Wein enorm viel Freude. Die typische Vielschichtigkeit der Lage lässt sich nämlich auch im 2019er ganz wunderbar erkennen. Weißer Pfirsich, saftige Birne, gelber Apfel und eine höchst animierende Feuersteinnote vereinen sich hier. Am Gaumen schmelzig und elegant, mit einer seidigen Textur, von der man sofort angefixt wird. Ergo: die Pinot Bianco Vorberg Riserva kann sich auch in jung schon mehr als sehen lassen.
Wobei ich Sebastian Stocker zustimme. Auch wenn man es sich kaum vorstellen kann. Aber die Pinot Bianco Vorberg Riserva gewinnt mit dem Alter tatsächlich noch. Da lohnt es sich, die eine oder andere Flasche zu lagern. Beim 2016er kamen zu den bereits genannten Aromen noch Quitte und Kamille hinzu. Vielleicht auch noch ein wenig Ananas. Die Struktur brillierte nach wie vor mit seidiger Eleganz, war aber noch kompakter und tiefgründiger. Beim 2010er trat zudem noch die Feuersteinnote mehr in den Vordergrund, während die Aromen sich noch viel, viel subtiler präsentierten. Und … mein Gott! Diese vornehme Eleganz, die auch bei dem elf Jahre alten Wein mit einer derart lebendigen und feinen Säure glänzte, dass ich den Wein erstmal minutenlang ehrfürchtig anstarren musste, bevor ich wieder einen klaren Gedanken fassen konnte.
Perfekter Speisenbegleiter
Kurzum: die Pinot Bianco Vorberg Riserva ist ganz, ganz großes Weinkino. Hier lohnt es sich sehr, auch privat mal eine Vertikale mit unterschiedlichen Jahrgängen durchzuführen. Der Wein ist der beste Beweis dafür, dass Weißburgunder als Rebsorte ein großes Potential hat. Wenn denn die Reben unter klugen Händen am richtigen Ort wachsen dürfen. Und auch noch eine gehörige Portion Geduld im Keller gestattet ist. Gut Ding will halt Weile haben. Die Pinot Bianco Vorberg Riserva macht übrigens solo sehr viel Freude, eignet sich aber auch perfekt als Speisenbegleiter. Ich persönlich habe zum Beispiel den 2010er nach der Verkostung zu Pasta mit frischem Trüffel genossen. Den 2016er gab er zu einem Risotto mit Steinpilzen und den 2019er zu einer Auswahl mit milden Käsesorten, die die Fruchtigkeit des Weins betonten. Nur mal so als kleine Anregung. 😉
Copyright Titelbild: © Cantina Terlan
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