Sherry hat jetzt neue Produktionsregeln
In Sachen Herkunft lassen die Spanier nicht mit sich spaßen, wenn es um Sherry geht. Dieser ganz besondere Weinstil ist seit 1933 festen (und sehr strengen) Regeln unterworfen. Und die hat man jetzt noch einmal kräftig erneuert.
Im Jahr 1587 raubte der englische Freibeuter Sir Francis Drake sage und schreibe 2.900 Sherry-Fässer aus der Stadt Cádiz, um den gespriteten Wein nach England zu bringen. Ohne Sherry wollte der portugiesische Seefahrer Magellan Anfang des 16. Jahrhunderts seine Weltreise nicht antreten. Und auch William Shakespeare (1564 bis 1616) war ein beinharter Sherry-Fan, der ihn nicht nur selbst in seiner Lieblings-Taverne genoss, sondern dem Sherry auch in zahlreichen seiner Dramen wie “Richard II.” oder den “Lustigen Weibern von Windsor” ein Denkmal setzte.
Ihr seht: Sherry begeistert die Menschen bereits seit Jahrhunderten. Die Produktionsregeln wurden allerdings erst im Jahr 1933 festgelegt. Damals wurde nämlich der Consejo Regulador gegründet, der all die unterschiedlichen Gesetze der enorm vielfältigen Sherry-Stile festlegte. Wobei der Begriff Sherry dann tatsächlich erst 1996 von der Europäischen Union für die spanischen Appellationen D.O. Jerez/Xérèz/Sherry und D.O. Manzanilla de Sanlúcar Barrameda geschützt wurde, damit Nachahmer keine Chance mehr hatten. In den knapp hundert Jahren seit Gründung der Consejo Regulador hat sich natürlich in der Sherry-Produktion einiges getan. Ein Weinstil ist immer auch ein Spiegel seiner Zeit. Und Zeiten ändern sich nun einmal. Trotzdem hat das Sherry-Gremium nun ein paar sehr signifikante Änderungen des Regelwerks bekannt gegeben. Und die schauen wir uns jetzt mal zusammen an.
Sherry: Aufspriten oder nicht?
Unter Sherry versteht man ja per se einen aufgespriteten Wein. Für einen trocknen Sherry vergärt man die Trauben ganz normal zu einem recht neutralen Grundwein, der etwa 11 bis 12 Volumenprozent Alkohol hat. Dieser wird dann klassifiziert. Sprich: der Kellermeister schätzt ein, für welchen Sherry-Stil der Grundwein infrage kommt und legt damit auch fest, ob der Wein biologisch (Stichwort Solera-System) oder oxidativ (also ohne Flor, dafür mit Sauerstoff) ausgebaut werden soll. Diese Einteilung ist sehr wichtig. Denn ist ein biologischer Ausbau vorgesehen, spritet man den Grundwein mit einem Neutralalkohol auf 15 bis 15,5 Volumenprozent Alkohol auf. Das ist nämlich die ideale Stärke, damit sich Flor entwickeln kann. Ist der Wein für einen oxidativen Ausbau bestimmt, spritet man indes auf 17 Volumenprozent Alkohol auf. Hier kann sich der Hefeflor dann nicht mehr entwickeln und so den Wein vor Sauerstoff schützen.
Ihr seht: das Aufspriten ist recht elementar. Oder besser: es war elementar. Denn zukünftig darf sich ein Wein auch Sherry nennen, wenn er den erforderlichen Alkoholgehalt auf natürliche Weise während der Gärung erreicht. Der Wein muss also nicht mehr prinzipiell angereichert sein, damit er den Herkunftsstatus Sherry tragen kann. Das ist damit eine tatsächlich riesige Änderung in den Sherry-Statuten.
Erweiterte Rebfläche
Was uns dann auch direkt zum nächsten Punkt bringt. Der Herkunft selbst. Sherry darf prinzipiell nur aus den D.O.s Jerez/Xérèz/Sherry und Manzanilla de Sanlúcar Barrameda stammen. Die Gebiete sind fest definiert. Und das seit gut 50 Jahren. Nun hat der Consejo Regulador die Anbaufläche in diesen Appellationen aber vergrößert. Was übrigens durchaus legitim ist. Solche Erweiterungen sind nicht neu und wurden zum Beispiel schon in der Champagne praktiziert. Dort diskutiert man seit einiger Zeit übrigens wieder, die Grenzen zu erweitern, um den Champagner-Bedarf besser decken zu können, um eben nicht auf mehr Ertrag setzen zu müssen. Was dann ja letztlich gut für die Qualität ist. Genau das ist dann auch der Grund, warum die Sherry-Herkunftsgebiete zukünftig etwas größer sind.
Um gezielt die Qualität noch mehr zu fördern, hat der Consejo Regulador eine weitere Änderung beschlossen. Die Einzellagen rund um das Sherry-Epizentrum Jerez sollen jetzt noch detaillierter bestimmt und erfasst werden. Diese speziellen Lagen nennt man in Spanien Pagos. Es kann also sein, dass es in Zukunft mehr Sherrys aus diesen Pagos gibt. Damit eben nicht nur Trauben und Produktionsprozess, sondern eben auch die Lage eine größere Rolle spielt.
Mehr Rebsorten für den Sherry
Apropos Trauben … Für die Sherry-Produktion waren bis dato ja vor allem drei weiße Rebsorten zugelassen. Palomino, auch Listán genannt, ist dabei die wichtigste Traube, die für einen Großteil der Produktion Verwendung findet. Palomino spielt bei mir persönlich übrigens auch eine große Rolle. Denn bei meiner WSET-Prüfung ist mir die Rebsorte tatsächlich nicht eingefallen. Asche auf mein Haupt. Aber das nur am Rande. Die beiden weiteren Trauben sind Pedro Ximénez (auch einfach mit PX abgekürzt) und Muscat of Alexandria. Die beiden letztgenannten Sorten sind vor allem für die Produktion von süßem Sherry wichtig.
Nun hat der Consejo Regulador aber sechs weitere Rebsorten zugelassen, die im Sherry-Gebiet mal wichtig waren, bevor die Reblauskatastrophe auch Spanien heimsuchte und die Rebflächen vernichtete. Beba, Cañocazo, Mantúo Castellano, Mantúo de Pilas, Perruno und Vigiriega spielten nach der Reblausplage keine Rolle mehr. Jetzt dürfen sie das wieder. Die Sortenvielfalt ist nun also erheblich größer.
Vom Viñedos de Jerez Superior bis zum Fino Viejo
Neben diesen großen Neuerungen gibt es auch noch ein paar kleinere Änderungen, die aber durchaus einen Einfluss haben. Bis dato durften zum Beispiel nur Sherrys aus Jerez, El Puerto, Sanlúcar und Trebujena die Bezeichnung Viñedos de Jerez Superior tragen. Das weichte der Consejo Regulador jetzt etwas auf. Alle Sherrys, die aus der D.O. Jerez kommen, dürfen sich nun so nennen. Auch für den Manzanilla Pasada gibt es eine Korrekur. Dieser besonders komplexe Sherry hatte zuvor eine nicht genauer definierte Reifezeit, die so zwischen sechs und neun Jahren lag. Um das zu normen, sind jetzt mindestens sieben Jahre Reife vorgeschrieben.
Und dann hat der Consejo Regulador mit dem Fino Viejo noch eine neue Sherry-Kategorie eingeführt. Wie es der Name bereits verrät, handelt es sich hierbei um einen Fino. “Viejo” hingegen heißt übersetzt “alt”. Es handelt sich also um einen lange gereiften Fino-Sherry. Auch hier wurden sieben Jahre Reifezeit verbindlich vorgegeben. Wobei der Fino Viejo sooo neu nicht ist, um ehrlich zu sein. Unter diesem Namen findet man Sherrys in Hülle und Fülle auf dem Markt. Nur ist der Titel jetzt halt auch endlich offiziell.
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*Dieser Text wurde weder in Auftrag gegeben, noch vergütet. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und spiegelt ausschließlich meine persönliche Meinung wider. Gesetzte Links sind nicht kommerziell und dienen allein Service-Zwecken.
Wieder ein toller und lehrreicher Beitrag, Nicole. Schon mal daran gedacht, selbst ein Buch zu schreiben?
LG aus der kriminellen Gasse
Stefan
Danke, lieber Stefan. 😊 Gute Bücher über Wein allgemein gibt es schon so viele. Da braucht es nicht noch eins von mir. 😉 Herzliche Grüße und einen entspannten Wahlsonntag
Nicole
Wie sagte Frodo einst so schön: „Not quite. There’s room for a little more.“ 🙂 Gute Bücher kann es bekanntlich nicht genug geben und einen Käufer hättest du schon. Lese Deine Beiträge tatsächlich mit steigendem Interesse – und du schreibst nicht mal über Bier. 😀 Du musst also was verdammt richtig machen.
Wir sind gerade vom Urnengang wiedergekommen und harren jetzt der Dinge, die da kommen
Herzliche Grüße zurück
Stefan
Jetzt werde ich glatt rot. Danke! 😊 Ausschließen sollte man ja bekanntlich nichts. Aber ich bin mit meinem Blog allein tatsächlich sehr zufrieden. 😉
Wir haben unsere Kreuze auch schon gemacht. Jetzt also auf die erste Hochrechnung warten …
LG
Nicole
Ja, aber 18:15 werden wir schlauer sein. Ich ahne aber bereits Schlimmes.