Drei Jahrgänge vom Riesling Wöllsteiner Äffchen vom Weingut Fogt aus Rheinhessen

Riesling “Wöllsteiner Äffchen” vom Weingut Fogt im Jahrgangs-Vergleich

Lieber jung oder gereift? Wie mögt ihr Riesling lieber? Diese Frage kam bei mir neulich auf, als ich verschiedene Jahrgänge des Rieslings “Wöllsteiner Äffchen” vom Weingut Fogt verkostet habe.

Lasst uns erst einmal ein paar Fakten abarbeiten, bevor wir zum Eingemachten kommen: dem Riesling “Wöllsteiner Äffchen” vom Weingut Fogt. Es ist schließlich immer gut zu wissen, woher der Wein kommt – und wie er gemacht wird. Let’s go. Die Einzellage Äffchen in Wöllstein gehört zur Großlage Rheingrafenstein im Bereich Bingen. Die Lage wurde 1522 mit dem Namen “hinder dem affen Born” urkundlich erwähnt.

Was das mit Affen zu tun hat? Gar nix! Denn in Rheinhessen wurden früher Ulmen als Effen bezeichnet. Der Rest ist dann Sprache im Wandel der Zeit. Der Boden des windgeschützten Südhangs besteht hauptsächlich aus Tonmergel, in dem sich immer wieder Kiesflecken finden. So auch im Boden der Riesling-Parzelle vom Weingut Fogt. Der Kiesanteil sorgt dafür, dass sich der Tonboden leichter erwärmt und diese Wärme bis in die Nacht hinein abgibt.

Riesling “Wöllsteiner Äffchen” vom Weingut Fogt

Die Jahrgänge 2018, 2017, 2016 vom Riesling Wöllsteiner Äffchen vom Weingut Fogt
Da waren es noch drei Rieslinge ©nk/Bottled Grapes

Kommen wir zur Vinifikation. Nach einer selektiven Handlese werden die Riesling-Trauben im Keller mit den Füßen leicht angedrückt und nach einer Maischestandzeit schonend gepresst und spontan vergoren. Der Riesling liegt dann sechs Monate auf der Hefe, bevor er auf die Flasche kommt.

Seit dem Jahrgang 2018 nutzen Anna-Maria und Georg Fogt für das “Wöllsteiner Äffchen” einen Schraubverschluss statt eines Korkens. Aus zweierlei Gründen. Zum einen, weil der 2018er Riesling dank des prächtigen Sommers schnell reifte. Um diesem Prozess ein wenig Einhalt zu gebieten, ist so ein luftdichterer Drehverschluss eine prima Sache. Zum anderen war das Ehepaar mit der Korkenqualität nicht so zufrieden. 

Riesling im Jahrgangsvergleich

Aus gutem Grund, wie ich am eigenen Leib erfahren musste. Denn eigentlich wollte ich mit dem Riesling “Wöllsteiner Äffchen” vom Weingut Fogt eine kleine Vertikale mit den Jahrgängen 2016, 2017 und 2018 machen. Es wurde dann aber spontan ein Jahrgangsvergleich von 2016 und 2018, denn der 2017er hatte einen Korkschmecker. Der war damit dann raus. Kann bei Korken halt immer mal passieren.

Nach der ersten kleinen Enttäuschung war ich dann aber tatsächlich auch recht froh, denn neben zwei höchst spannenden, weil unterschiedlichen Rieslingen, die ich genießen konnte, kam ich so noch auf ein ganz anderes Thema. Gehen wir also endlich mal ins Detail.

“Wöllsteiner Äffchen” 2018

Direkt aus dem Kühlschrank und rein ins Glas präsentierte sich das “Wöllsteiner Äffchen” 2018 mit einer deutlichen Phenolik, gepaart mit Orangenzesten, etwas Pfirsich und nassem Stein. Ich persönlich mag es ja, wenn erst einmal nicht ganz so viel Frucht die Nase reizt. 😉 Am Gaumen dann vollmundig und durchaus mit ordentlich Druck, aber eben nicht so breit und nach hinten raus undifferenziert, wie ich es bei vielen anderen Rieslingen des Jahres 2018 schon erlebt habe.

Riesling Wöllsteiner Äffchen 2018 vom Weingut Fogt schimmert hellgelb im Glas
Mein neuer Sommerfavorit: 2016er „Wöllsteiner Äffchen“ ©nk/Bottled Grapes

Keine Frage, der braucht Zeit und Luft. Die Säure: anfangs recht spitz. Nach zwanzig Minuten Wartezeit beruhigte sich das allerdings etwas. Der Petrolton verflog. Der Riesling wurde runder und damit auch ruhiger. Aus der spitzen wurde eine schöne tänzelnde Säure. Ich persönlich mag so etwas sehr. Ein Hoch auf den Trinkfluss! Zumal jetzt auch noch die Fruchtaromen besser durchkamen. Pfirsich, etwas Mango. Kein nasser Stein mehr, dafür Marille. Auch sehr schön.

“Wöllsteiner Äffchen” 2016

Der 2016er glänzte indes mit Zitrusfrüchten und Pfirsicharomen, so direkt aus dem Kühlschrank probiert. Im Gegensatz zum 2018er war hier anfangs kein Petrolton wahrnehmbar – die entwickelte sich aber mit der Zeit. Wenn auch nur leicht und damit dezent. Generell ist der Riesling “Wöllsteiner Äffchen” 2016 einer der eleganten Sorte: Vollerer Körper, verführerisch mollig (aber nicht erschlagend), schön rund.

Nach einiger Zeit war ich von der Nase hin und weg: Feuerstein, Graphit, Buntstiftspitzen gesellten sich zum Pfirsich. Und hey, da war er ja wieder, der nasse Stein! Sehr schön! Die Reife tut dem Riesling wirklich gut! So wunderschön elegant, mit super eingebundenem Säurebogen. Da habe ich beim Verkosten gleich ein wenig aufrechter gesessen, um dem Riesling gerecht werden zu können.

Einer für den Balkon, einer als Speisenbegleiter

Und genau hier entdeckte ich das Thema, an dem sich mein Mann und ich den Rest des Nachmittags abarbeiteten. Denn während ich mit dem 2018er “Wöllsteiner Äffchen” am liebsten auf den Balkon und in die Sonne gesetzt hätte (Februar! Und es hat natürlich geregnet!), um ihn einfach so, ganz unkompliziert zu genießen, assoziierte ich bei dem gereifteren 2016er direkt diverse Speisen wie etwa Risotto mit Lachs, Kürbisgemüse oder eine schöne Pilzpfanne. Sprich: eine ganz andere Nummer.

Riesling Wöllsteiner Äffchen 2016 vom Weingut Fogt auf einem Tisch und in ein Glas eingeschenkt
Idealer Speisenbegleiter: Riesling „Wöllsteiner Äffchen“ 2016 ©nk/Bottled Grapes

Da kam mir natürlich auch die ewige Debatte in den Sinn, ob es denn nun besser ist, einen Wein jung oder aber gereift zu genießen. Verfolgt man so die Debatten in der Weinwelt, ist selbige in zwei Lager geteilt. Während die eine Hälfte den neuesten Jahrgang nicht schnell genug ins Glas bekommen kann, singt der andere Teil ein konsequentes Loblied auf noch konsequenter gereifte Weine.

Riesling – jung oder gereift?

Muss das denn sein? Ich meine, muss man sich tatsächlich entscheiden? Klar, es ist immer spannend mitzubekommen, wie sich ein Wein über die Jahre entwickelt. Das kann man aber nur, wenn man ihn auch mal jung genossen hat. Und wenn man einen Wein gereift mag, spricht ja trotzdem nichts dagegen, ihn auch jünger toll zu finden.

Eben je nach Laune. Und nach Situation. Das “Wöllsteiner Äffchen” vom Weingut Fogt wird mich im Sommer bestimmt den ein oder anderen lauschigen Abend auf den Balkon begleiten. In der 2018er-Edition. Während ich jetzt schon weiß, dass der 2016er bei so manchem Abendessen mit Weinfreunden ins Glas kommen wird. Da muss ich mich nicht großartig entscheiden, ob ich jetzt lieber jung oder gereift trinke. Möchte ich auch gar nicht. Ich genieße einfach beides. Wie ist es denn bei euch so? Wofür schlägt euer Herz?

Copyright Titelbild: ©nk/Bottled Grapes

*Dieser Text erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Er wurde weder in Auftrag gegeben, beeinflusst oder vergütet, sondern spiegelt lediglich meine persönliche Meinung zu selbst gekauften Weinen wider. Alle gesetzten Links sind nicht kommerziell und dienen alleine Service-Zwecken.

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