Lauter Weinkorken aus der Vogelperspektive fotografiert

Weinkorken: Tatsächlich immer erste Wahl?

Es ist so etwas wie eine vinophile Gretchenfrage: Weinkorken oder Schraubverschluss? Oder vielleicht sogar Kronkorken oder Glasstopfen? Kurzum: Welcher Weinflaschenverschluss liegt in der Beliebtheit nicht nur vorne, sondern ist tatsächlich auch die beste Lösung für optimalen Weingenuss? Dröseln wir das hier mal ein wenig auf.

Kaum ein anderes Geräusch lässt die Weinwelt wohl derart wohlig erschaudern wie das “Plopp”, das man hört, wenn ein Weinkorken aus einer Flasche gleitet. Denn ja, es gibt nicht eben wenige Weinmenschen, für die genau dieser Laut bereits zum Weingenuss dazugehört. Weil es sich einfach schön anhört. Oder weil man so einen Weinkorken viel eher mit Handwerk verbindet als einen Schraubverschluss. Außerdem fühlt er sich wahrscheinlich einfach schon im Kopf viel hochwertiger an als so ein schnöder Schrauber. Und eh! Inzwischen haben ja fast nur noch hochwertige Weine einen Weinkorken. Denn edle Gewächse können mit einem Schraubverschluss ja gar nicht jahrzehntelang reifen. Mal ganz davon abgesehen, dass man sich auch noch sehr distinguiert fühlen kann, wenn man bei einer gereiften Flasche den Weinkorken mit einem Federkorkenzieher öffnet, damit da nichts bröselt. Hach ja, das ist edel!

Dieses Bild vom elitären Weintrinker, das leider immer noch viel zu vielen Menschen zur Schau stellen, bekommt dann aber ziemlich schnell erste Risse, wenn der Weinkorken plötzlich richtig schön muffig und modrig riecht. TCA! Mist, der Wein korkt. Genau in solchen Momenten geht dann schnell mal die ganze Weinwelt für einen unter. Willkommen in der Realität.

Tatsächlich hatte ich genau so ein Erlebnis mal mit einem befreundeten Weinhändler, dem ich während eines gemeinsamen Weinabends mein Leid klagte, dass bei mir neulich erst in einer anderen Weinrunde mein bester Wein des Abends korkte. Und dass ich mir wünschte, das Gewächs hätte einen Schraubverschluss gehabt. Mein Freund schaute pikiert, meinte, dass so etwas halt dazugehöre – und dass ich mich nicht so anstellen solle. Eine halbe Stunde öffnete er seinen Favoriten des gemeinsamen Weinabends – und zuckte schockiert zusammen. Denn der Wein hatte tatsächlich einen Korkton! Mein Freund durfte also direkt am eigenen Leib erfahren, dass sich so etwas dann doch nicht so leicht wegstecken lässt.

Junger Mann im weißem Hemd riecht an einem Weinkorken und hält die Weinflasche in der anderen Hand
Genau dieser Moment kann mit einem Weinkorken auch mal schrecklich sein. © SIphotography/iStock

Schattenseiten des Weinkorkens

Nach Klischees und einer kleinen Anekdote können wir uns dem Thema Weinkorken aber gerne mal etwas ernsthafter annähern. Denn auch wenn der Korken für viele Menschen nach wie vor das Nonplusultra ist, darf man da ja ruhig mal etwas kritischer hinschauen. TCA ist da nämlich nur einer von vielen unterschiedlichen Aspekten. Denn auch so ein Weinkorken ist nicht für die Ewigkeit bestimmt. Nach 20 bis 25 Jahren sollte man ihn durchaus einmal vom Originalabfüller austauschen lassen. Einfach, weil der Weinkorken bis dahin nicht mehr ganz so viel Luft abhält, vollgesogen oder aber schon bröckelig ist. Gut, für die Normalsterblichen unter uns Weinliebhabern mag das jetzt nicht wirklich relevant sein. Trotzdem wollte ich mal betonen, dass so ein Weinkorken nicht ewig hält.

Apropos Ewigkeit: Es dauert eine kleine selbige, bis so ein Weinkorken überhaupt entstehen kann. Denn eine Korkeiche in Portugal, Spanien, Frankreich, Tunesien, Algerien oder Marokko muss stolze 25 Jahre alt sein, bis sie zum ersten Mal geschält werden darf. Und das dann auch nur alle zehn Jahre. Da bekommt man plötzlich eine Ahnung davon, wie viele Eichen es braucht, um den weltweiten Weinkorken-Bedarf zu decken. Kein Wunder, dass zur Jahrtausendwende die Qualität irgendwann derart nachließ, dass viele Winzer sich nach Alternativen umschauten. Und die gucken wir uns einfach mal an.

Weinkorken aus Bordeaux in einer Nahaufnahme
Weinkorken-Klassiker. © hfng/iStock

Weinkorken-Varianten in günstig und teuer

Artverwandt zum Weinkorken ist der sogenannte Presskorken, für den man geschreddertes Korkgranulat nimmt und das dann mit Kleber in eine Weinkorkenform bringt. Eigentlich ist das eine prima Resteverwertung. Uneigentlich kann es aber gerade bei einer besonders günstigen Produktion doch schon mal vorkommen, dass dieser Kleber vielleicht mal den Weingeschmack beeinflusst. Deswegen kleben Hersteller manchmal auch Korkscheiben an die beiden Enden des Pressverschlusses, damit es eben nicht zu Einwirkungen kommt. Diese Korken heißen dann folgerichtig Verbundkorken. Eine weitere Variation sind die Scheibenkorken, die halt vor allem bei Schaumweinen zum Einsatz kommen.

Presskorken gelten gemeinhin als extrem günstige Alternative – und haben dementsprechend nicht unbedingt den besten Ruf. Aber in abgewandelter Form gibt es sie eben auch in teuer – und besonders edel. Diam-Verschlüsse gehören zum Beispiel dazu. Hier wird schließlich mit gemahlenem Korkmaterial gearbeitet. Und ja, auch um Diam gab es mal eine Diskussion, dass der Weinkorken eventuell den Geschmack des Weins beeinflusst. Trotzdem schwören viele Winzer auf diese Edel-Verschlüsse. Vor allem bei ihren hochwertigen Gewächsen. Und dann gibt es wieder Winzer, die es komplett anders halten. Was uns nahtlos zum Schrauber bringt.

Bildhübsches Stilleben mit Wein, Käse und Trauben in der Natur
Statt Weinkorken darf es auch mal ein Schraubverschluss sein. © Gregory Lee/iStock

Ist der Schraubverschluss eine gute Alternative?

Es war so um die Jahrtausendwende herum, da hatte Winzer Johannes Hirsch genug von der schlechten Weinkorkenqualität. Jeder vierte Korken war fehlerhaft! Zum Glück hatte der Winzer aus dem österreichischen Kamptal mal eine zeitlang in Neuseeland gearbeitet. Dort setzte man bereits damals für hochwertige Weine bevorzugt Schraubverschlüsse ein. Und das funktionierte ganz prima. Kurzerhand stellte Hirsch all seine Lagenweine auch auf Schrauber um – und löste damit in Österreich einen kleinen Skandal aus. Die Empörung rund um den vermeintlich billigen Verschluss war so groß, dass sogar der damalige Falstaff-Redakteur zum Boykott der Hirsch-Weine aufrief. Was natürlich nichts daran änderte, dass der Winzer bei seiner Entscheidung blieb. Und auch der Franke Paul Weltner stellte bereits vor zwanzig Jahren auf Schraubverschluss um. Zum einen wegen der mangelhaften Qualität der Weinkorken, zum anderen, weil selbst diese ihm zu sehr den Geschmack beeinflussten.

Beide Winzer waren da sicherlich Vorreiter für etwas, das heute vollkommen normal ist. Nämlich hochwertige Weine mit einem Schrauber zu verschließen. Wobei sich in den vergangenen Jahren auch viel getan hat. Früher hieß es ja immer, dass ein Wein unter Schraubverschluss nicht reifen könne. Das stimmt eindeutig nicht mehr. Bei hochwertigen Varianten wie Stelvin oder auch Vintop steht einem natürlichen Gasaustausch nichts mehr im Weg. Und auch bei Weinliebhabern kommt es inzwischen an, dass Schraubverschlüsse kein Zeichen von niedriger Qualität beim Wein sind. Da tun sich eigentlich nur noch Menschen schwer, denen das “Plopp” des Weinkorkens absolut heilig ist. Vielleicht geben sie sich deswegen vielleicht auch eher mit einem Synthetikkorken zufrieden?

So sieht ein synthetischer Weinkorken aus der Nähe aus
Günstiger Weinkorkenersatz: Synthetikkorken. © Ganna Zelinska/iStock

Synthetikkorken für die Massen

Eigentlich ist die Bezeichnung Synthetikkorken ein wenig irreführend. Denn sie suggeriert ja, dass hier ausschließlich Plastik in unterschiedlichen Variationen zum Einsatz kommt. Was auch durchaus sein kann. Der Verschlusshersteller Vinventions verwendet für seinen Nomacorc Ocean zum Beispiel recyceltes Plastik aus Ozeanen. Andererseits besteht deren Nomacorc Select Green ausschließlich aus pflanzlichen Biopolymeren. Sprich: Zuckerrohr. Was aber natürlich nichts daran ändert, dass hier ganz tief in die Technikkiste bei der Herstellung gegriffen wird.

Obwohl diese Varianten recht hochwertig sind, bilden sie im Meer der Synthetikkorken nur eine Ausnahme. Denn meistens ist ganz klar: Sie müssen so günstig wie möglich produziert werden können – und dann halt trotzdem ihren Zweck erfüllen. Nicht zu vergessen, dass auch sie eben dieses “Plopp” erzeugen und damit dem vinophilen Unterbewusstsein eine gewisse Wertigkeit vorgaukeln. Genau deswegen verwenden vor allem Produzenten von industriellen Massenerzeugnissen Synthetikkorken. Muss man einfach mal so klar sagen.

Vor allem, weil ich auf Instagram immer wieder mitbekomme, dass viele User den Unterschied zwischen einem Weinkorken und einem Synthetikkorken gar nicht so richtig kapieren. Immer wieder ist da von “komisch” aussehenden Korken die Rede. Wenn ich dann nachhake (manchmal bekomme ich dann sogar ein Korkendetailbild), stellt sich schnell heraus, dass dieser Verschluss nicht mal ansatzweise in der Nähe einer Korkeiche war. Da bin ich dann Snob und rümpfe gerne mal die Nase. Denn die meisten Synthetikkorken stehen für mich nicht für Hochwertigkeit. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel.

Statt Weinkorken kann man eine Weinflasche auch mit einem Kronkorken verschließen
Nicht nur etwas für Bierflaschen: Kronkorken. © Valentyn Volkov/iStock

Zwei Exoten: Kronkorken und Glasstopfen

Synthetikkorken kommen ausschließlich bei Weinen zum Einsatz, die man jung trinken sollte. Und ich frage mich, ob da nicht dann auch Kronkorken eine gute Alternative wären. Diese mögen bei PetNats zwar inzwischen Standard sein. Aber eben nicht bei Weinen. Wobei es auch hier natürlich wieder Ausnahmen gibt. Das Weingut Galler aus der Pfalz nutzt zum Beispiel für ihren Piwi in der Mehrwegflasche einen Kronkorken. Und auch Johannes Trapl aus dem österreichischen Carnuntum verschließt seinen “Uni 6” damit. Aber in der breiten Weinmasse hat sich der Kronkorken leider noch nicht durchgesetzt. Klar, man assoziiert ihn eher mit Bier und Softdrinks. Aber warum nicht mal etwas Neues wagen?

Etwas etablierter, dafür aber nicht unbedingt bekannter ist der Glasstopfen. Was ich aber sehr gut verstehen kann. Glasverschlüsse sind nicht nur aufwändig in der Herstellung (und teuer) und haben eine recht schlechte Ökobilanz, sondern sind auch im Handling etwas umständlich. Wenn man allerdings gerne Weine aus der österreichischen Südsteiermark genießt, dann hat man es häufiger mit einem Glasverschluss zu tun. Weingüter wie Tement, der Sattlerhof oder auch Lackner-Tinnacher verwenden allesamt Vinolok, wie der Glasverschluss-Marktführer heißt.

Ob Kunstkork oder Naturkork, ein Korkschmecker kann beide treffen
Natur- und Kunstkorken können eine friedliche Koexistenz führen © couleur / Pixabay

Weinkorken oder nicht?

Du siehst: Zum Weinkorken gibt es eine Menge Alternativen. Wir Weinliebhaber machen uns ja selten Gedanken zum Verschluss. Uns geht’s halt eher um den Inhalt einer Flasche. Trotzdem kann man sich ja mal Gedanken machen. Mir persönlich sind Weine mit Schraubverschluss inzwischen am liebsten. Sie sind praktisch, leicht händelbar, benötigen zum Öffnen kein zusätzliches Equipment – und man erlebt höchst selten fehlerhafte Überraschungen im Glas. Wobei es ein Ammenmärchen ist, dass Schraubverschlüsse keinen Korkton entwickeln können. Sie müssen nur einmal falsch gelagert worden sein, schon ist es geschehen. Aber das kommt wie gesagt nur sehr, sehr selten vor.

Aber was ist denn deine Meinung zum Thema? Muss es zwingend immer ein Weinkorken sein? Oder kannst du dir – selbst bei den hohen Weinqualitäten – auch einen anderen Verschluss vorstellen? Und hast du da vielleicht sogar einen Favoriten?

Copyright Titelbild: © KarpenkovDenis/iStock

Dieser Text wurde weder beauftragt noch vergütet. Er spiegelt ausschließlich meine eigene Meinung wider und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Gesetzte Links sind nicht kommerziell und dienen alleine Service-Zwecken.

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