Schaumweinherstellung: Vier Menschen stoßen mit gefüllten Sektgläsern an

Schaumweinherstellung: Alle Methoden im Überblick

Wenn es um die Schaumweinherstellung geht, kommt nicht nur die traditionelle Flaschengärung infrage. Denn die Erzeuger können auch auf weitere Verfahren zurückgreifen. Was folgt, ist eine praktische Übersicht.

Nach wie vor hält sich ja hartnäckig die Legende, dass der berühmte Mönch Pierre Pérignon in der Champagne den Schaumwein im späten 17. Jahrhundert erfunden haben soll. Was natürlich mal so gar nicht stimmt. Er war zwar Kellermeister des Klosters von Hautvillers bei Épernay, aber mit prickelndem Wein wollte er nichts zu tun haben. Im Gegenteil! Tatsächlich legte er sehr viel Wert auf die Vervollkommnung von Weinen – und wenn diese Kohlensäure bildeten, dann galt das bei ihm als Makel. Dass ihm trotzdem der Satz “Komm schnell, ich trinke Sterne!” angedichtet wurde, als er angeblich seinen allerersten Schaumwein verkostete, geht auf einen seiner Nachfolger zurück. Nämlich Dom Grossard, der 1821 in einem Brief den Bürgermeister des benachbarten Örtchens Aÿ beeindrucken wollte – und deswegen die Errungenschaften von Dom Pérignon aufblies. Der Mönch ist also nicht der Urvater der Schaumweinherstellung.

Offiziell sicherten sich diese Ehre die Mönche eines Klosters im südfranzösischen Limoux. Und das bereits 1531. Wobei es damals überall auf der Welt schon Schaumweine gab. Einfach, weil damals Weine nie ganz durchgoren. Es blieb also noch Zucker über. Und häufig auch noch lebendige Hefezellen. Eine weitere Gärung war also nicht unüblich. Sie fiel halt nur immer erst dann auf, wenn der Wein vom Holzfass in eine Flasche abgefüllt und verschlossen wurde. Denn so konnte das Kohlendioxid nicht entweichen, was dann zu der Kohlensäure führte. Seit dem 16. Jahrhundert hat sich natürlich einiges geändert. Die Methoden zur Schaumweinherstellung wurden perfektioniert. Schauen wir uns die unterschiedlichen Verfahren also mal an.

Schaumweinherstellung: die Rüttelpulte, die hier zu sehen sind, sind Teil des Prozesses
Rüttelpulte, um die Hefe in den Flaschenhals wandern zu lassen, kommen heute nur noch selten zum Einsatz. © DWI

Königin der Schaumweinherstellung: Traditionelle Flaschengärung

Als man im frühen 17. Jahrhundert in der Champagne anfing, bewusst Prickler zu produzieren, war die Schaumweinherstellung noch eine riskante Angelegenheit. Das Problem war die zweite Gärung in der Flasche. Immer wieder kam es vor, dass Flaschen während dieses Vorgangs explodierten. Zum einen, weil der Kohlensäuredruck zu groß war. Zum anderen, weil die Flaschenqualitäten noch höchst unterschiedlich waren. Kein Wunder, dass man damals den Champagner auch “vin diable”, also “Teufelswein” nannte. Erst Louis Pasteur fand im 19. Jahrhundert heraus, wie die zweite Gärung chemisch funktionierte – und wie man sie kontrollieren konnte. Seitdem hat sich am Prinzip der traditionellen Flaschengärung bei der Schaumweinherstellung nichts geändert.

Man versetzt einen fertigen Wein mit einer Mischung aus Wein, Zucker, Hefe, Hefenährstoffen und einem Klärungsmittel. Was man dann übrigens “liqueur de tirage” nennt. Alles kommt auf die Flasche, die man mit einem Kronkorken verschließt. Die zweite Gärung beginnt dann recht zeitnah. Im Anschluss findet noch die Autolyse statt, die dem Schaumwein seine typisch hefigen und nussigen Aromen verleiht. Es folgt das Rütteln (damit die abgestorbene Hefe in den Flaschenhals wandert), das Degorgieren (Entfernen der Hefe) und das Verkorken. Voilà: ein Schaumwein mit traditioneller Flaschengärung. Der Fachausdruck hierfür ist übrigens “Méthode traditionnelle”. In der Champagne – und auch wirklich nur da – darf sie auch “Méthode champenoise” genannt werden. Für viele hochwertige Schaumweine wie etwa Champagner, Crémant oder Winzersekt ist die traditionelle Methode verpflichtend.

Schaumwein spritzt aus einer Flasche
Wie ein Schaumwein bereitet wurde, kann man ihm meist nicht ansehen. © DWI

Schneller und günstiger: Transvasierverfahren

Bei der Schaumweinherstellung gilt die traditionelle Flaschengärung als teuerstes Verfahren. Zum einen, weil die Flaschen teilweise jahrelang ruhen, bevor man sie degorgiert. Zum anderen, weil der Rüttelprozess, auch wenn inzwischen dank Gyropalettes voll automatisiert, recht lange dauert. Vom Degorgieren mal ganz abgesehen! Hier geht ja zum Beispiel auch immer ein gewisser Schaumweinanteil verloren. Denn mit der Hefe spritzt halt auch jedes Mal ein wenig was vom Flascheninhalt mit raus. Meistens ist das nicht mehr viel – aber die Masse macht’s. Genau an dieser Stelle kommt das Transvasierverfahren für die Schaumweinherstellung ins Spiel.

Prinzipiell sind die ersten Schritte mit der traditionellen Flaschengärung identisch. Nur, dass man hier die Hefe nicht in die Flaschenhälse wandern lässt. Es wird nicht gerüttelt und degorgiert. Denn man füllt den Flascheninhalt einfach in einen großen Drucktank um. Hier wird der Schaumwein dann mechanisch gefiltert, mit einer Dosage versetzt und wieder auf Flaschen gezogen. Fertig ist der Schaumwein. Diese Methode ist wesentlich günstiger und hat einen großen Vorteil. Da die zweite Gärung in der Flasche stattfand und damit auch die Autolyse, kann man den Unterschied zur traditionellen Flaschengärung nicht wirklich schmecken. Wie man beide Schaumweinherstellungsmethoden trotzdem voneinander unterscheiden kann? Am Etikett! Steht dort nämlich nur “Flaschengärung” und eben nicht “traditionelle Flaschengärung” drauf, kannst du dir sicher sein, dass hier das Transvasierverfahren zum Einsatz kam. Ach ja, und am Verkaufspreis erkennt man den Unterschied meistens auch recht gut. 😉

Nahaufnahme von Schaumweinflaschen mit Hefe in einem Rüttelpult
Für das Transvasierverfahren nicht nötig: Rüttelpulte © DWI

Besonders wirtschaftlich: Tankgärverfahren

Aber Moment mal, wo kommt eigentlich dieser Drucktank für die Schaumweinherstellung her? Dafür springen wir kurz nach Italien, Anfang des 20. Jahrhunderts. Damals erfand nämlich der Mailänder Önologe Federico Martinotti eben jenen Drucktank. Das Transvasierfahren hatte er damals freilich nicht im Blick. Martinotti ging es um eine Schaumweinherstellung, die komplett in diesem Drucktank stattfinden sollte. Es war die Geburtsstunde des Tankgärverfahrens. Hierfür ist es wichtig, dass bereits die erste Gärung ausschließlich in einem normalen Edelstahltank stattfindet, damit die fruchtigen Noten im Vordergrund stehen. Dem fertigen Wein setzt man dann Hefe, Zucker, Hefenährstoffe und ein Klärungsmittel zu. Dann geht’s direkt ab in den Drucktank für die zweite Gärung, wo diese dann eben Kohlendioxid freisetzt, die sich im Wein löst. Hallo, Kohlensäure!

Wie beim Transvasierverfahren wird der Schaumwein dann im Drucktank filtriert. Eine Dosage entfällt in der Regel, denn diese könnte die frisch-fruchtigen und floralen Noten schnell überdecken. Auch Anklänge von Haselnüssen, Mandeln und Brioche (wie man sie bei der Flaschengärung findet) entfallen hier. Weil keine Autolyse stattfindet. Es gibt einen Schaumwein, für den das Tankgärverfahren, das man übrigens auch “Méthode charmat” (nach Eugène Charmat benannt, der den Drucktank weiterentwickelte) oder “Metodo Martinotti” nennt, quasi stellvertretend steht. Prosecco. Die meisten Prosecchi entstehen auf diese Weise.

Schild mit Prosecco O'Clock - Schaumweinherstellung
Tankgärverfahren? Einen Proseccco, bitte! © Alena Kravchenko/iStock

Schaumweinherstellung: Karbonisierung und Méthode Ancestrale

Die wohl einfachste Methode, um einen Schaumwein zu produzieren, ist die Karbonisierung. Hierbei wird fertiger Wein einfach mit Kohlensäure versetzt und dann unter Druck abgefüllt. Dieses Verfahren ist super typisch für Perlweine. Da keine zweite Gärung stattfindet, behält der Schaumwein den Charakter des verwendeten Weins bei. Karbonisierte Weine sind meist spritzig-frisch und perlen angenehm im Mund.

Seit einigen Jahren ist ein Verfahren stark im Kommen, das lange als vergessen galt. Nämlich die Méthode Ancestrale, die man auch unter dem Namen Méthode Rurale kennt. Dabei handelt es sich dabei um die ursprünglichste Form der Schaumweinherstellung. Womit wir wieder bei den Mönchen aus Limoux im 16. Jahrhundert wären. Die gaben noch gärenden Wein in ein Gefäß und verschlossen dieses. Voilà: Schaumwein. Und zwar einer, der keine zweite Gärung durchlaufen hat, sondern der bereits durch die erste Vinifikation prickelt. Du ahnst es wahrscheinlich schon. Mit der Méthode Ancestrale wird der sogenannte Pétillant Naturel bereitet, der abgekürzt einfach PetNat heißt – und der von Jahr zu Jahr immer beliebter wird. Der einzige Unterschied heute: dass man den PetNat vor dem Verkauf filtern kann. Wobei viele Kellermeister die Hefe auch einfach drin lassen. Womit du jetzt voll den Durchblick in Sachen Schaumweinherstellung hast.

Copyright Titelbild: © ​​SeventyFour/iStock

*Dieser Text erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern dient lediglich der Inspiration. Er wurde weder beauftragt noch vergütet und spiegelt lediglich meine persönliche Meinung wider. Gesetzte Links sind nicht kommerziell, sondern dienen ausschließlich Service-Zwecken.

Kommentar verfassen