Statue von Dom Pérignon in Épernay

Dom Pérignon: Der Mensch hinter dem Mythos

Vom Mönch zum Prestige-Champagner – das muss man erstmal schaffen. Der Champagner Dom Pérignon gehört seit vielen Jahrzehnten zu den Big Playern. Doch um den Mönch Dom Pérignon ranken sich nach wie vor viele Halbwahrheiten in der Weinwelt. Hier kannst du jetzt den Menschen hinter dem Mythos entdecken.

Um es direkt am Anfang ganz deutlich zu sagen: Dom Pérignon hat den Champagner NICHT erfunden. Auch wenn sich dieser „Fakt“ als Halbwissen leider immer noch hartnäckig hält. Gerne zusammen mit dem Satz „Komm schnell, ich trinke Sterne!“, den der Benediktinermönch gerufen haben soll, als er eben den Champagner angeblich erfand. Und auch wenn man bei Moët & Chandon – zu diesem Champagnerhaus gehört die Marke Dom Pérignon – den Mönch immer noch als Erfinder stilisiert und damit Millionen von Touristen in die Champagne lockt, ist es halt trotzdem nicht wahr.

Wobei der Sternetrinkspruch jetzt nicht auf dem Mist von Moët & Chandon gewachsen ist. Der geht nämlich auf Dom Grossard zurück – einem der Nachfolger Dom Pérignons als Kellermeister des Klosters von Hautvillers bei Épernay. Im Jahr 1821 wollte Dom Grossard dem Bürgermeister von Aÿ ein wenig Geld fürs Kloster aus dem Kreuz leiern. Deswegen gab er ein wenig mit Dom Pérignon an. Also genauer genommen mit dessen Verdiensten für das Kloster. Nur leider schoss Dom Grossard dabei leider halt etwas übers Ziel hinaus. So dichtete er seinem Vorgänger halt nicht nur an, den Champagner an sich erfunden zu haben, sondern legte ihm gleich auch noch den Sternetrinkspruch in den Mund. Damit bereitete er dann quasi den Weg zum Mythos, den Moët & Chandon aus Marketingsicht dann später perfektionieren sollte. Aber wer war denn nun dieser Pierre Pérignon, der als Dom Pérignon lange Zeit nach seinem Tod zur Legende werden sollte, eigentlich?

Champagnerflasche neben einem Champagnerbuch
Eigentlich muss man zu diesem Champagner nicht viel sagen – oder etwa doch? © NK/Bottled Grapes

Über den Menschen Dom Pérignon

Eigentlich ist über Pierre Pérignon erstaunlich wenig bekannt. So weiß man zum Beispiel nicht einmal genau, wann er geboren wurde. Wahrscheinlich irgendwann um das Jahr 1638 herum. Der Ort steht allerdings fest. Er erblickte nämlich im Marne-Örtchen Sainte-Menehould das Licht der Welt. Und ist damit ein waschechtes Kind der Champagne. Leider gibt es keine Dokumente, die verraten, warum und wann der Mann in den Benediktinerorden eintrat. Fest steht nur, dass er in der Abtei Hautvillers von 1668 bis zu seinem Tod am 14. September 1715 die Position des Cellerars bekleidete. Der altbackene Begriff hört sich mächtig nach Kellermeister an, oder? Was ja auch stimmt. Nur war der Kellermeister im 17. und 18. Jahrhundert halt für die komplette wirtschaftliche Versorgung des Klosters zuständig.

Aber in Hautvillers war damals schon die Weinproduktion die Haupteinnahmequelle. Dementsprechend trieb sich Dom Pérignon tatsächlich die meiste Zeit in den Weingärten und eben im Weinkeller herum. Heute weiß man, dass auch bei ihm der ein oder andere Flascheninhalt zu prickeln anfing. Allerdings unbeabsichtigt. Und eigentlich suchte Dom Pérignon nach Mitteln und Wege, um genau diese Kohlensäurebildung zu verhindern. Was ihm freilich nicht gelang. Damals wusste man halt noch nicht, was eine Gärung ist – und konnte sie dementsprechend auch nicht kontrollieren, um ein zweites Einsetzen selbiger zu verhindern. Ein großes Graus für Dom Pérignon – ein großes Glück für uns.

Weltberühmt: Champagne Dom Pérignon
Dieses Etikett erkennt eigentlich jeder. © NK/Bottled Grapes

Errungenschaften von Dom Pérignon

Um das Glück dann vollends perfekt zu machen, gab Dom Pérignon irgendwann sein Bestreben, die Bubbles aus dem Wein zu bekommen, auf. Denn der Benediktiner war halt auch ein sehr pragmatischer Mensch. Er konnte das Prickeln nicht verhindern. Also wollte er es wenigstens besser händelbar machen. Dem Benediktiner fiel auf, dass die Flaschen leichter zerbarsten, sobald sich die Blubberbläschen entwickelten. Also ließ er einfach dickere Weinflaschen anfertigen, die er dann verwendete. Problem gelöst. Heute wissen wir natürlich, dass durch die Kohlensäure der Druck in der Flasche steigt – und sind dankbar, dass bereits jemand auf die Idee mit den dickeren Flaschen gekommen ist. Auch wenn diese heutzutage aufgrund der hohen Stückzahl alles andere als nachhaltig sind.

Ach ja, und dann störte sich Dom Pérignon noch daran, dass der Korken bei diesen schäumenden Weinen immer so aus der Flasche schoss. Kurzerhand verband er diesen deswegen mithilfe einer Kordel am Flaschenhals – und erfand damit den Vorläufer der Agraffe. Also dem kleinen Drahtgestell, das heute so gut wie jeden Schaumweinkorken sichert. Nun hat sich Dom Pérignon aber nicht nur rund um Schaumwein viel Gutes und Nützliches einfallen lassen. So fand er zum Beispiel heraus, dass man die Qualität eines Weines steigern kann, wenn man zuvor den Ertrag am Rebstock reduziert. Und der Geschmack wird viel harmonischer, wenn man mehrere Rebsorten miteinander verschneidet. Damit ist Dom Pérignon also auch der Vater der Ertragsreduktion sowie der Assemblage.

Grabplatte von Dom Perignon
Hier liegt der berühmte Mönch begraben. © Curtis Forman/Wikimedia Commons

Hat der Mönch alleine gearbeitet?

Die Lagerung von Champagnern in den Kreidegängen, die den Untergrund der Champagne quasi durchziehen, ist übrigens auch Dom Pérignon zu verdanken. Ihm fiel nämlich auf, dass die Weine dort besser reifen. Es geht aber noch besser. Denn das Fassungsvermögen von 0,75 Litern für eine Normalflasche haben wir auch Dom Pérignon zu verdanken. Diesen Wert legte er fest, nachdem er das Trinkverhalten seiner Mitbürder während der Mahlzeiten beobachtete. Und 0,75 Liter war nun einmal die durchschnittliche Weinverzehrmenge während des Abendessen. Natürlich pro Person. Damp Drinking kannte man damals halt noch nicht.

Es gibt da allerdings eine Kleinigkeit, die gerne mal verschwiegen wird. Dom Pérignon arbeitete nämlich nicht alleine. Im 17. Jahrhundert war es durchaus üblich, dass sich die Kellermeister zweier Klöster für ihre Aufgaben zusammentaten. Im Falle Dom Pérignons war es Bruder Jean Oudart von der Abtei Saint-Pierre aus Monte de Châlons, der ihm zur Seite stand. Und bis auf die Füllmenge einer Standardflasche sollen die beiden all diese Errungenschaften gemeinsam gemeistert haben. Nur eben, dass Dom Oudart nach dessen Tod kein so schöner Satz in den Mund gelegt wurde. Und auch kein Champagner nach ihm benannt. Deswegen ist er heutzutage halt so gut wie unbekannt, während Dom Pérignon sozusagen in aller Munde ist. Irgendwie traurig.

Foto eines Prestige-Champagners
Weltberühmt: Dom Pérignon. © NK/Bottled Grapes

Vom Mönch zum Prestige-Champagner

Aber wie wurde Dom Pérignon eigentlich eine Champagnermarke? Genau diese Frage bringt uns jetzt wieder zu Moët & Chandon. Beziehungsweise nur zu Jean-Remy Moët, der bereits während der Französischen Revolution (1789 bis 1799) ein gefragter Champagnerhändler war, da er Napoleon Bonaparte als Fanboy gewinnen konnte. Dieser Jean-Remy Moët kaufte kurz nach Ende der Französischen Revolution die ehemalige Abtei Hautivillers – und damit halt die einstige Wirkungsstätte von Dom Pérignon. Das war allerdings noch nicht die Geburtsstunde des inzwischen legendären Champagners. Auf die Idee kamen erst Jean-Remys Nachfahren im Jahr 1921, als die gelesenen Trauben eine besonders gute Qualität hatten.

Es gab da nur ein kleines Problem: Die Namensrechte an Dom Pérignon besaß damals das Champagnerhaus Mercier. Obwohl diese den Namen nie für eine eigene Marke nutzten, verkauften sie die Rechte erst im Jahr 1930 an Moët. Und die brachten dann halt 1936 mit dem 1921er Dom Pérignon den ersten Prestige-Champagner der Geschichte auf den Markt. Jedenfalls den ersten Prestige-Champagner, der sich offiziell auch so nannte. Denn hier verhält es sich wie beim Cape Blend, der ja eigentlich von einer Winzerin erfunden, aber von einem anderen Winzer später halt erstmals so genannt wurde. Denn den Cristal von Roederer gibt es schließlich schon seit 1876. Er ist ein Prestige-Champagner, wie er im Buche steht. Nur nannte Roederer ihn halt nicht so. Und deswegen wird eben dem Dom Pérignon von Moët & Chandon diese Ehre zuteil.

Flasche Dom Pérignon in einer Nahaufnahme
Der Prestige-Champagner Dom Pérignon hat ein paar Fun Facts in petto. © NK/Bottled Grapes

Unnützes Wissen rund um den Champagner Dom Pérignon

Fun Fact am Rande: Beim ersten Dom Pérignon handelte es sich noch nicht um die Assemblage, die wir heute kennen. Also eine Cuvée aus Chardonnay und Pinot Noir, wobei der Chardonnay-Anteil in der Regel überwiegt. 1921 nahm man einfach die Assemblage des Non Vintage von Moët & Chandon – nur verwendete man eben ausschließlich die besten Trauben aus den besten Lagen. Und streng genommen handelte es sich beim ersten Dom Pérignon nicht um einen Champagner mit traditioneller Flaschengärung. So dürfen sich schließlich nur Schaumweine nennen, die nicht nur in der Flasche reifen, sondern auch direkt in der Flasche dégorgiert werden.

Das war aber beim 1921er Dom Pérignon ebenso wenig der Fall wie bei den nachfolgenden Jahrgängen 1926, 1928, 1929 und 1934. Hier kam nämlich das Transvasierverfahren zum Einsatz. Heutzutage dürfte man dementsprechend nur Flaschengärung auf das Etikett schreiben und müsste auf das Traditionell verzichten. Gut, heutzutage ist solch ein Champagner auch nicht mehr möglich. Aber damals waren die Gesetze noch nicht so streng.

Erst 1943 stellte man bei Moët & Chandon auf die traditionelle Flaschengärung für den Dom Pérignon um – und spendierte ihm auch seine ganz eigene Assemblage. Diese schmeckte dann allerdings derart anders, dass die Maison beschloss, nicht mehr Moët & Chandon auf das Etikett zu drucken, sondern Dom Pérignon als eigenständige Marke zu promoten. Und die hatte dann letztlich in den 1950er-Jahren ihren weltweiten Durchbruch, als James Bond genau diesen Champagner in den 007-Filmen schlürfte. Das war dann sozusagen der letzte Schritt, der aus dem Menschen den Mythos Dom Pérignon machte, dessen Statue vor der Maison von Moët & Chandon in Épernay steht.

Copyright Titelbild: © Victor Grigas/Wikimedia Commons

Dieser Artikel wurde weder beauftragt noch vergütet. Er spiegelt ausschließlich meine persönliche Meinung wider und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Gesetzte Links sind nicht kommerziell und dienen ausschließlich Service-Zwecken.

Kommentar verfassen