Cape Blend Rotwein einschenken in ein Glas auf einem weißen Holztisch

Cape Blend: Südafrikanischer Rotwein mit Bordeaux-Seele

Seit der Jahrtausendwende kommt aus Südafrika eine Cuvée-Variation, die an die Weine aus Bordeaux erinnert. Die Rede ist natürlich vom Cape Blend. Was ihn mit seinem französischen Kollegen verbindet (und trennt), das erfährst du hier.

Wenn es um das Thema Cape Blend geht, müssen wir erstmal den Kontinent wechseln. Von Afrika geht’s direkt nach Europa. Nämlich ins französische Bordeaux. Diese Weinregion ist schließlich so etwas wie die Wiege aller Weinverschnitte. Oder eben Cuvées, wenn man es edler ausdrücken möchte. Assemblage oder Blend geht natürlich auch. So unterschiedlich die Bezeichnungen auch sein mögen, sie alle meinen den Vorgang (beziehungsweise den fertigen Wein), wenn Winzer mehrere Rebsorten für ein Gewächs miteinander vereinen.

Und genau das machten die Borderlaiser Winzer nun einmal als allererste auf der Welt. Aus unterschiedlichen Gründen. Der Hauptgrund ist bis heute, eine gewisse Konsistenz im Geschmack zu bewahren. Was jetzt nicht bedeutet, dass ein Wein aus dem Jahr 2018 genauso wie sein Bruder aus dem Jahr 2017 schmecken soll. Jahrgangsunterschiede gibt es  – und sind auch durchaus erwünscht. Aber trotzdem soll der Wein anhand seines Stils jederzeit erkennbar sein. Nun ist es in Bordeaux aufgrund des Klimawandels inzwischen oft viel zu warm, aber noch vor drei Jahrzehnten reiften die Trauben dort nur unzuverlässig aus. Mal ganz abgesehen von Frost und Hagel, die oft großen Schaden anrichteten. Und es immer noch tun. Rebsorten miteinander zu verschneiden, ist in Bordeaux deswegen schon seit Jahrhunderten so etwas wie eine Geschmacksversicherung. So können Winzer schwankende Qualitäten ausgleichen und so weiter. Ein probates Mittel, um so zuverlässig Wein auf die Flasche zu bekommen.

Edel: Karaffe mit Rotwein und einem gefüllten Glas daneben vor einem Holzhintergrund
Cape Blend oder Bordeaux-Blend? Den Unterschied kann meistens nur der Gaumen erkennen. © mihalec/iStock

Bordeaux-Blends: Von Frankreich nach Südafrika

Nun finden wir natürlich nicht nur in Bordeaux Cuvées. Auch in der Provence, an der südlichen Rhône (Stichwort Châteauneuf-du-Pape), in der Provence, dem Epizentrum für Roséweine, oder in Sud-Ouest in Appellationen wie Madiran oder Saint-Mont dominieren die Blends. Als dann aber in den Vereinigten Staaten die erste Cuvées auftauchten, orientierte man sich an dem Bordelaiser Stil. Und nutzte auch die typischen Rebsorten. Also vor allem Merlot (in Anlehnung an das Rechte Bordeaux-Ufer) und Cabernet Sauvignon (typisch fürs Linke Ufer in Bordeaux). Schnell etablierte sich deswegen die Bezeichnung Bordeaux-Blend für Gewächse, die wie ein Bordeaux schmecken sollen, deswegen ähnliche oder gar gleiche Rebsorten verwenden, aber eben nicht aus dieser Weinregion kommen. Womit wir dann auch endlich beim Cape Blend wären.

Denn auch in Südafrika hielten im 20. Jahrhundert internationale Rebsorten wie Merlot, Cabernet Sauvignon oder Syrah (am Kap der Guten Hoffnung auch gerne mal Shiraz genannt – je nach gewünschtem Geschmacksprofil) Einzug. Und mit ihnen entstanden dann in Stellenbosch die ersten Bordeaux-Blends. An dieser Stelle kommt jetzt Norma Ratcliffe ins Spiel, die zusammen mit ihrem Mann Stan bereits 1964 ihr Stellenbosch-Weingut Warwick Wine Estate gründete. Norma Ratcliffe machte als Winzerin derart viel anders (und besser), dass sie sich schnell den Beinamen “First Lady des Kap-Weinbaus” erarbeitete. So pflanzte sie zum Beispiel als allererste Kap-Winzerin Cabernet Sauvignon in Südafrika.

Stellenbosch ist die bekannteste Weinregion in Südafrika
Hier in Stellenbosch fing alles an. © okkebok/iStock

Erste Cape Blends entstehen

Wie es der Zufall so wollte, arbeitete Norma Ratcliffe in den 1980er-Jahren zwei Weinlesen in Bordeaux mit, um ihren Horizont zu erweitern. Das hatte zum einen zur Folge, dass sie die Erste war, die Südafrika Cabernet Franc anbaute. Ihr erster reinsortiger Wein aus dieser Rebsorte kam in den 1990er-Jahren auf den Markt. Zum anderen wollte sie aber auch einen Wein kreieren, der das Bordeaux und Stellenbosch miteinander verbindet. Also verschnitt sie Cabernet Sauvignon und Merlot mit Pinotage – der großen einheimischen roten Rebsorte Südafrikas. Den Wein, der im Jahr 2000 erstmals auf den Markt kam, gibt es heute übrigens immer noch. Er heißt “Three Cape Ladies”. Und ja, streng genommen war das dann auch der erste Cape Blend der Geschichte.

Nur, dass Norma Ratcliffe den Wein halt noch nicht so nannte. Die Begriffsidee geht auf das ebenfalls in Stellenbosch beheimatete Weingut Beyerskloof zurück, das die Bezeichnung Cape Blend erstmals 2001 aufs Etikett ihrer neuen Cuvée aus Merlot, Cabernet Sauvignon und Pinotage drucken ließen. Der Wein war dem Gewächs von Norma Ratcliffe sehr ähnlich. Beide Weine legten innerhalb kurzer Zeit eine steile Beliebtheitskarriere hin. Kein Wunder, dass sich dann reihenweise südafrikanische Winzer dazu entschlossen, selbst auch einen Cape Blend anzubieten. Der Begriff Bordeaux-Blend wurde links liegen gelassen. Cape Blend war der neue heiße Scheiß! Es gab da nur ein Problem: Einigen Winzern war es gar nicht so wichtig, dass da Pinotage mit drin ist. Hauptsache, man kann auf dem Etikett internationale und nationale Weinwelt miteinander vereinen. Cape Blends verkauften sich schließlich prima. Da reicht es doch, wenn die Trauben am Kap wuchsen. Wozu Pinotage mit hineintun?

Pinotage-Weingarten am Fuße des Tafelbergs im südafrikanischen Stellenbosch
Gehört in einen echten Cape Blend einfach rein: Pinotage. © Sohadiszno/iStock

Cape Blend: Mit oder ohne Pinotage?

Du kannst dir vorstellen, dass das ziemlich schnell zu heftigen Debatten und Streitigkeiten führte. Ist ein Cape Blend ohne mindestens 20 Prozent Pinotage überhaupt ein Cape Blend? Oder sollte er sich dann lieber doch Bordeaux-Blend nennen? Immer wieder beschwerten sich Winzer, die es mit Pinotage in ihrem Cape Blend sehr genau nahmen, beim South Africa Wine & Spirits Board. Und die taten … nichts. Und zwar bis heute. Nach wie vor ist der Begriff Cape Blend also gesetzlich nicht geregelt und kann frei (miss)braucht werden.

Wobei die meisten Weingüter sehr wohl Pinotage für ihren Cape Blend verwenden. Er macht bei einigen Weinen bis zu 70 Prozent der Cuvée aus. Und nach wie vor komplettiert man ihn ausschließlich mit Merlot, Cabernet Sauvignon und eben vielleicht auch noch Syrah/Shiraz. Wenn du aber sicher gehen willst, dass du es auch wirklich mit einem “echten” Cape Blend zu tun hast, bleibt dir nur der Blick aufs Rückenetikett. Steht bei den Rebsorten nicht Pinotage mit dabei, hast du es mit einem Bordeaux-Blend, aber eben nicht mit einem Cape Blend im eigentlichen Sinne zu tun.

Ein Cape Blend aus Südafrika kann vor allem Brie und andere Weichkäse sehr gut begleiten
Ein schlanker Cape Blend passt ganz wunderbar zu Käse. © Zulfiska/iStock

Wie schmeckt ein Cape Blend?

So viel zur Cape-Blend-Geschichte. Bleibt nur noch die Frage, wie diese Cuvée eigentlich schmeckt. Du ahnst es: Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Hier kommt es nicht nur auf die prozentuale Rebsortenzusammensetzung, sondern auch sehr auf die Vinifikation an. Pinotage kann nämlich herrlich viele unterschiedliche Gesichter haben. Von fruchtig-frisch mit höherer Säure bis hin zu würzig-kräftig und extrem vielen Gerbstoffen ist hier quasi alles möglich.

So gibt es Cape Blends, die wunderbar schlank und geschmeidig sind. Und eben auch welche, die mit derart viel Extrakt glänzen, dass man sie unbedingt noch ein paar Jahre im Weinkeller lagern sollte, damit sie reifen können und harmonischer werden. Dementsprechend vielfältig sind dann natürlich auch die Speisenvorschläge. Hast du einen schlanken Cape Blend im Glas, dann kann dieser zu Käsespätzle ebenso gut passen wie zu Käse pur oder Kalbvariationen wie etwa Saltimbocca. Ist der Cape Blend kräftig, dann immer her mit dem Gulasch oder den Rinderrouladen!

Ach, eins noch: Während man Bordeaux-Blend mit einem Bindestrich koppelt, heißt es tatsächlich Cape Blend. Ohne Kopplung. Warum das so ist? Keine Ahnung! Ich habe tatsächlich eine kleine Ewigkeit  recherchiert, konnte diesem Mysterium aber nicht einmal ansatzweise auf die Schliche kommen. Was aber nichts daran ändert, dass es diesen kuriosen Rechtscheibunterschied gibt.

Copyright Titelbild: © Natalia Zakharova/iStock

Dieser Text wurde weder beauftragt noch vergütet. Er spiegelt ausschließlich meine persönliche Meinung wider und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Gesetzte Links dienen Service-Zwecken und sind nicht kommerziell.

4 Kommentare

  1. Hmmm, und was ist mit den immer noch durch die Apartheids-Geschichte bedingten, von Rassismus und Ausbeutung geprägten Arbeitsbedingungen und den entsprechenden Besitzverhältnissen?
    Ich finde diese Frage viel wichtiger als die, wie viel Pinotage in einem Blend ist.
    Weil die Weinwelt insgesamt nicht darum herumkommt, Wein ökologisch und sozial nachhaltiger zu machen, sollte dieses Thema in einem Artikel über südafrikanischen Wein nicht ausgespart bleiben.
    Ich z. B. würde Wein aus Südafrika nur kaufen, wenn ich wüsste, dass fair bezahlt wird und dass Weingutsbesitzer*innen in die (Schul-)Ausbildung ihrer Angestellten und deren Kinder investieren.
    So, wie ich nur noch Kaffee, Schokolade u.a. landwirtschaftliche Produkte aus biologischer Erzeugung und aus fairem Handel kaufe etc.

    Wein ist auch ein politisches Getränk.

    Beste Grüße!

    1. Guter Einwand, allerdings ein komplett anderes Thema, in dem es dann mal in einem Artikel über den südafrikanischen Weinbau an sich geht. Ökologisch ist man in SA aber zum Beispiel besser dran als etwa in den USA. Mal ganz davon abgesehen, dass sehr viele Weingüter – vor allem die großen – an Sozialprojekten beteiligt sind. Die von dir angesprochene Ausbeutung wird im Weinbereich inzwischen scharf überwacht. Da hat sich in SA in den vergangenen 10 Jahren sehr viel getan. Für Schlagzeilen im Bereich menschenunwürdige Bedingungen sorgt da eher wiederholt die Champagne inzwischen. Gerade weil Wein auch politisch ist, sollte man da schon mit beiden Augen in alle Richtungen schauen. Und vor allem genau hinschauen und nicht alle über einen Kamm scheren. Wir leben im Internetzeitalter. Noch nie war eine Recherche so einfach. Südafrikanische Weine pauschal zu verurteilen, ist mir persönlich zu kurz gedacht und zu populistisch.

  2. Danke für die informative Antwort. Auf jeden Fall sollte man mit beiden Augen in alle Richtungen schauen. Ich war auch nicht darauf aus, südafrikanischen Wein pauschal zu verurteilen. Mich hat der Aspekt der sozialen Nachhaltigkeit interessiert, weil ich da nicht auf aktuellem Stand bin.
    Über die skandalöse Ausbeutung von Weinbergsarbeiter*innen bei einigen Champagner-Erzeugern hatte ich schon gelesen. Leider wurden da keine Namen genannt.
    Tja, wäre auch einen eigenen Artikel wert.

    1. Südafrika wird garantiert hier nochmal ein Thema. Dann gebe ich gerne auch namentlich Beispiele für (soziale) Nachhaltigkeit. Klar, Massenproduktion gibts da auch noch – wie in jedem anderen Land.
      Beim Champagne-Skandal wurden übrigens tatsächlich keine Namen genannt, weil alles über diverse Subunternehmer lief. Da wollte ich eigentlich auch genauer recherchieren, scheiterte aber knallhart an meinen zeitlichen Kapazitäten.

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