Pinotage-Trauben am Rebstock hängend in Südafrika

Pinotage: Eine Rebsorte für Südafrika

Eine Rebsorten-Züchtung speziell für ein Land? Neu ist das nicht unbedingt. Aber eben effektiv. Bestes Beispiel ist da die rote Traube Pinotage, die man speziell für die klimatischen Bedingungen in Südafrika gezüchtet hat. Tauche ein in die faszinierende Geschichte der Rebsorte!

Es gibt Rebsorten, die fest mit einem Land verbunden sind. Wie zum Beispiel Riesling mit Deutschland. Oder auch Sauvignon Blanc mit Neuseeland. Wobei diese beiden Trauben eben auch in vielen anderen Ländern gedeihen und dort große Weine hervorbringen. Riesling ist etwa auch in der österreichischen Wachau ein großer Star. Und was wären Loire oder Bordeaux ohne Sauvignon Blanc? Eben! Doch dann gibt es halt auch noch die großen autochthonen Stars. Diese können auf natürlichem Weg entstanden sein. Durch Mutationen etwa. Oder aber man züchtet sie bewusst. In genau diese Kategorie fällt dann Pinotage.

Denn Pinotage ist eine 1924 im Labor gezüchtete Kreuzung aus Pinot Noir und Cinsault. Ihr Schöpfer ist Professor Abraham Isak Perold. Natürlich kreuzte Professor Perold die beiden Rebsorten nicht aus Jux und Dollerei. Sondern aus einem bestimmten Grund. Denn damals war es so, dass die anspruchsvolle Pinot Noir in Südafrika einfach nicht so recht ihre wahre Größe zeigen wollte. Kein Wunder! Der Diva war es da einfach zu warm und zu trocken. Oder zu kalt und zu nass. Je nachdem, in welcher Region man sie eben anpflanzte.

Blick auf einen Berg im südafrikanischen Stellenbosch
Mal ehrlich: Bei so einem Ausblick würde ich mich als Rebsorte auch wohlfühlen. © elleon/iStock

Warum Pinotage und nicht Pinosault?

Natürlich gab es am Kap der Guten Hoffnung durchaus Erfolge mit Pinot Noir. Aber so wirklich große Weine wollten aus der Traube einfach nicht entstehen. Man brauchte also eine Rebsorte, die geschmacklich ähnlich war, sich im Anbau aber nicht ganz so zierte und anstellte. Warum Cinsault neben Pinot Noir als Elternteil für Pinotage damals diente, ist übrigens nach wie vor unklar. Da hat der gute Professor keine Erklärung für hinterlassen.

Aber eine Frage kann ich dafür beantworten. Nämlich warum Pinotage eben Pinotage heißt – und nicht Pinosault – wie man es bei den beiden Eltern ja annehmen könnte. Cinsault wurde (und wird es auch heute noch) in großen Teilen Südafrikas nämlich Hermitage genannt. Voilà: Pinotage. Jetzt hört es sich recht einfach an, zwei Rebsorten miteinander zu kreuzen. Tatsächlich steckt da aber enorm viel Arbeit und noch mehr Geduld dahinter. Schauen wir uns mal an, wie das bei der Traube Pinotage so war.

Pinotage und seinen schleppenden Anfänge

Es ist ja nicht so, dass Pinotage ab 1922 direkt so hieß und hunderte von Hektar Rebfläche belegte. Tatsächlich gewann Professor Perold in diesem Jahr nämlich nur vier namenlose Samenkörner aus seiner Kreuzung. Und statt diese in den Anlagen seiner Universität zu säen, tat er das in seinem privaten Garten. Streng genommen war das damals schon ein wenig wahnsinnig. Denn in den 1920er-Jahren fiel gerade die Reblaus über den südafrikanischen Weinbau her. Das hätte also mächtig ins Auge gehen können. Doch der Professor hatte Glück. Die Reben gediehen prächtig. Als sich Perold dann Anfang der 1930er-Jahre zur Ruhe setzte, übergab er seine noch immer namenlosen Reben an seinen Nachfolger an der Uni.

Weingarten mit Pinotage im südafrikanischen Stellenbosch
Pinotage ist hier besonders beliebt: Stellenbosch. © Shams/iStock

Und dieser machte erstmal das einzig Richtige und pfropfte sie auf rebslauresistente Unterlagen. Außerdem bekam die Rebsorte mit „Perolds Hermitage x Pinot“ erstmals so etwas wie einen Arbeitstitel. Die Züchtung hatte an der Uni jetzt nicht unbedingt Priorität, denn erst 1941 vinifizierte man versuchsweise das erste Fass Wein. Und zwar von Charlie Waal. Diesen Namen jetzt bitte einmal merken, denn der wird später noch einmal wichtig. Aber erst einmal weiter in der Pinotage-Geschichte.

Erst fast vergessen, dann der große Star

1943 legte man auf der Myrtle Grove Farm in der Nähe von Elgin den ersten kommerziellen Weingarten mit der Neuzüchtung an. Wann dann der erste Wein daraus entstand und wie er schmeckte, ist leider nicht mehr bekannt. Großes scheint jedenfalls nicht entstanden zu sein. Denn sonst gäbe es ja Dokumente. Und eh! Eigentlich wäre die Kreuzung Perolds Hermitage x Pinot damals fast in Vergessenheit geraten. An genau dieser Stelle kommt dann wieder Charlie Waal ins Spiel. Dieser hörte zwar nichts mehr von der neuen Rebsorte, aber trotzdem ging sie ihm mit ihrem fruchtigen Geschmack nicht mehr aus dem Kopf. Das hatte ihm sehr gefallen. Also erzählte er zwei guten Freunden davon.

Und diese Freunde waren zufälligerweise Paul Sauer vom Weingut Kanonkop und Peter Morchel von der Weinfarm Bellevue. Beiden wurden durch Waal derart neugierig gemacht, dass sie sich von der Uni Stecklinge besorgten und die Neuzüchtung anpflanzten. Morchel war etwas schneller. Unter dem Namen Pinotage (jetzt wissen wir endlich, auf wessen Kappe das geht!) präsentierte er 1959 seinen Wein auf der Cape Wine Show. Hier geschah dann ein kleines Wunder. Denn Morchels Pinotage bekam bessere Bewertungen als jeder eingereichte Cabernet Sauvignon. Das war damals eine echte Sensation, denn Cabernet Sauvignon galt als besonders qualitativ und wertvoll.

Blick auf einen Pinotage-Weingarten in Franschhoek, Südafrika
Auch in Franschhoek zeigt Pinotage, was sie kann. © pilesasmiles/iStock

Pinotage macht Karriere

Damit war Pinotage also schon einmal Gesprächsthema, galt aber zunächst als One-Hit-Wonder. Paul Sauer zog dann aber 1961 mit seinem Kanonkop-Pinotage nach. Auch auf der Cape Wine Show. Mit einem sehr ähnlichen Ergebnis. Den Kap-Winzern war dann klar, dass Pinotage eben doch kein One-Hit-Wonder ist, sondern richtig was kann. Plötzlich wollten alle Pinotage anbauen – und taten es auch. Also war streng genommen erst 1961 das echte Geburtsjahr der Rebsorte.

Seitdem ist Pinotage untrennbar mit dem südafrikanischen Weinbau verbunden. Und seit dem Ende der Apartheid in den 1990er-Jahren findet sie auch international sehr großen Anklang. Trotz des Renommees sind die Rebflächen aber nach wie vor überschaubar.  7.000 Hektar sind in Südafrika mit Pinotage bestockt. Das sind gerade einmal sieben Prozent der gesamten Rebfläche!

Geschmack und Eigenschaften

Und diese findet man vor allem in den Anbaugebieten Stellenbosch, Constantia, Paarl, Franschhoek und Swartland. Hier entstehen sehr unterschiedliche Weine. Was sie alle eint, sind die fruchtigen Anklänge von Himbeeren, die für Pinotage so typisch sind. Zudem haben die meisten eine eine mittlere Säure und einen mittelkräftigen Körper, wenn man die Traube reinsortig ausbaut. Sie ist aber auch der große Star in den sogenannten Cape Blends, über die ich ja schon an anderer Stelle geschrieben habe.

Weingarten mit einem Pinotage-Schild
Gerade einmal 7.000 Hektar sind in Südafrika mit Pinotage bestockt. © senaiaksoy/iStock

Pinotage ist eine sehr ertragreiche Rebsorte. Mit Ertragsreduktion und strenger Selektion kann sie aber gute bis hervorragende Qualitäten hervorbringen. Wenn sie denn nicht gerade mit Echtem oder Falschen Mehltau zu kämpfen hat. Denn dafür ist die Traube leider recht anfällig. Hanglagen mit viel Sonne mag sie übrigens am liebsten. Und wenn sie dann noch auf einem Boden mit guter Wasserspeicherung stehen darf (Lehm oder Kalk, zum Beispiel), dann dankt sie einem auch das mit sehr guten Qualitäten.

Pinotage und der Rest der Welt

Natürlich bekamen auch andere Weinbaunationen mit, dass in Südafrika eine neue rote Rebsorte stark im Kommen war. Deswegen fand die Traube auch schnell einen Weg in andere Länder. Doch hier zeigte sich, dass Pinotage tatsächlich für Südafrika maßgeschneidert ist. In Argentinien und Australien scheiterte man grandios mit dem Anbau. Hier war es dann doch etwas zu warm. In Kanada, Kalifornien, Neuseeland, Brasilien und Israel gibt es nach wie vor kleine Pinotage-Bestände, aber die Weine spielen auf den jeweiligen Märkten keine Rolle, sondern sind höchstens Liebhaberprojekte. Ihre wahre Größe zeigt Pinotage also tatsächlich nur am Kap der Guten Hoffnung. Tja, wer hätte das gedacht? 😉

Copyright Titelbild: © Sohadiszno/iStock

*Dieser Text wurde weder beauftragt noch vergütet. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und spiegelt ausschließlich meine eigene Meinung wider. Gesetzte Links sind nicht kommerziell, sondern dienen Service-Zwecken.

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