Cadillac Côtes de Bordeaux: Appellations-Juwel im Bordelais

Mit dem Namen Cadillac verbindet man ja eher einen Autohersteller denn eine Appellation in dem französischen Weinanbaugebiet schlechthin. Und selbst im prestigeträchtigen Bordelais ist Cadillac Côtes de Bordeaux so etwas wie ein Underdog. Dabei lohnt sich ein genauerer Blick durchaus.

Um die Frage direkt am Anfang mal final zu klären: Ja, die Cadillac-Autos und die Appellation Cadillac Côtes de Bordeaux haben einen gemeinsamen Nenner. Nämlich den Chevalier Antoine de la Mothe-Cadillac (1658 bis 1730), der eben im Bordeaux-Ort Cadillac das Licht der Welt erblickte. Er gründete die heute weltweit bekannte Autostadt Detroit in den Vereinigten Staaten, bevor er Gouverneur von Louisiana wurde. Ihm zu Ehren heißt der Cadillac also Cadillac. Und seit 1980 gilt das eben auch für die Appellation Cadillac Côtes de Bordeaux.

Die gerade einmal 1.900 Hektar Rebfläche umfassende Appellation schlängelt sich 60 Kilometer am rechten Ufer der Garonne von Bassens vor den Toren der Stadt Bordeaux bis Saint-Maixant durch 39 Gemeinden. Wobei die als Cadillac Côtes de Bordeaux klassifizierte Rebfläche tatsächlich nur 27 Prozent des gesamten Gebiets ausmacht. Denn die AOC (Appellation d’Origine Contrôlée) umfasst insgesamt 14.000 Hektar – von denen die Hälfte unter Reben steht. Dass diese Weine dann nicht als Cadillac Côtes de Bordeaux, sondern unter anderem Namen auf den Markt kommen, hat eben mit der Klassifizierung zu tun. Klingt kompliziert? Willkommen im Bordeaux! Weiter unten im Text wird es dann noch ein wenig verzweigter. Wir verschaffen uns jetzt aber erstmal einen ganz gemächlichen Überblick.

Willkommen in Cadillac Côtes de Bordeaux!

Die Breite der Appellation überschreitet niemals fünf Kilometer. Warum das durchaus wichtig ist? Weil der  Einfluss der Garonne deswegen in praktisch jedem Weingarten präsent ist.  Der Fluss mildert im Sommer die Hitze ab und sorgt dafür, dass die Trauben langsamer reifen. Im Herbst hingegen profitieren vor allem die flussnahen Lagen von dem dann wärmenden Effekt der Garonne, sodass selbst Rebsorten mit einer dicken Beerenschale (zum Beispiel Cabernet Sauvignon) hier zuverlässig ausreifen. Auch die Ausrichtung der Weingärten spielt hier eine entscheidende Rolle, damit die Trauben reif werden und zudem eine intensive Aromatik entwickeln. Alle Lagen sind konsequent gen Süden oder Südwesten ausgerichtet. Damit ist ein Maximum an starker Sonneneinstrahlung quasi garantiert. Ideal für Cabernet Sauvignon!

Wobei die Rebsorte in Cadillac Côtes de Bordeaux aber nicht die Hauptrolle spielt. Diese Ehre gebührt nämlich Merlot. Wie es eben am rechten Ufer der Garonne so üblich ist. Die strahlendsten Appellationen für Merlot sind hier ohne Frage Pomerol und Saint-Émilion. Die Weine, die dort entstehen, sind derart legendär, dass man für sie zum Teil mal so richtig tief in die Tasche greifen muss. Die Gewächse aus Cadillac Côtes de Bordeaux sind dazu im Vergleich regelrechte Schnäppchen. Dabei sind die naturgegebenen Bedingungen hier gar nicht mal so unähnlich!

Von Rebsorten und Appellations-Wirrwarr

Ja, es fehlt das massive Kalkplateau, für das Saint-Émilion so berühmt ist. Aber Kalkböden findet man auch auf den Hügelkuppen von Cadillac Côtes de Bordeaux, die hier dann mit großsteinigem Kies bedeckt sind. Die Hangmitten hingegen sind vor allem von kalkhaltigem Ton geprägt, während am Fuße Kies und Kieselerde dominieren. Vor allem auf Kalk fühlt sich dann eben Merlot besonders wohl. Deswegen belegt die Rebsorte auch 55 Prozent der Anbaufläche – gefolgt von Cabernet Sauvignon mit 25 Prozent, 15 Prozent Cabernet Franc und 5 Prozent Malbec.

Wahrscheinlich ist dir eben aufgefallen, dass ich nur rote Rebsorten aufgezählt habe. Bitte wundere dich nicht! Natürlich findet man in dem Anbaugebiet auch die für Bordeaux üblichen weißen Trauben. Also Sémillon, Sauvignon Blanc und Muscadelle. Allerdings dürfen solche Weine eben nicht als Cadillac Côtes de Bordeaux etikettiert werden. Weil sie dafür nicht klassifiziert sind. Sie kommen als Bordeaux Blanc oder auch als Côtes de Bordeaux auf den Markt, wenn sie trocken ausgebaut wurden. Sie machen tatsächlich nur vier Prozent der Gesamtproduktion aus und führen dementsprechend ein echtes Nischendasein. Süßweine aus der Gegend tragen indes in der Regel den Titel Premières Côtes de Bordeaux oder nur Cadillac.

Falls du dich jetzt schon wieder wunderst: Ja, bis zum Jahrgang 2008 bezeichnete man die Rotweine der Appellation als Premières Côtes de Bordeaux – und nicht die Süßweine. Denn im Jahr 2009 schuf man mit Côtes de Bordeaux eine Dach-Appellation für Blaye, Cadillac, Castillon und Francs, die seitdem allesamt den Zusatz Côtes de Bordeaux im Namen tragen. Unter den jeweiligen Appellationsnamen werden seitdem die trockenen Rotweine abgefüllt. Dementsprechend ging die Bezeichnung Premières Côtes de Bordeaux dann an die Süßweine. Ein weiteres Hoch auf das Bordelaiser Klassifikationssystem. 😉

Cadillac Côtes de Bordeaux und die Süßweine

Die Süßweine sind übrigens einen genaueren Blick wert. Denn letztlich findet man in Cadillac Côtes de Bordeaux hier die identischen Voraussetzungen für edelsüße Gewächse wie in der Prestige-Appellation Sauternes (direkt gegenüber am anderen Ufer), aus der die bekanntesten Bordeaux-Süßweine stammen. Hier wie dort findet Botrytis (Edelfäule) ideale Bedingungen vor, um Trauben für Süßweine zu veredeln. Was da genau passiert, kannst du in meinem Artikel über deutsche Prädikatsweine lesen, falls es dich interessiert. Denn letztlich ist es egal, ob der Fluss jetzt Mosel oder Garonne heißt. 😉

Aber zurück zu den Süßweinen aus Cadillac Côtes de Bordeaux. Sie entstehen auf etwa 139 Hektar, die – oh Wunder – direkt an der Garonne liegen. Prinzipiell warten sie mit einem recht identischen Aromenspektrum wie ein Sauternes auf. Also Anklänge von kandierter Ananas, getrockneter Aprikose, Honig oder süßen Rosinen. Sie sind allerdings noch geschmeidiger als ein Sauternes und noch einmal eine Schippe leichtfüßiger am Gaumen. Obwohl man einen Premières Côtes de Bordeaux oder Cadillac ohne Probleme bis zu 15 Jahre im eigenen Weinkeller lagern und weiter reifen lassen kann, kommen sie an die extreme Langlebigkeit von Gewächsen aus Sauternes, die locker ein paar Dekaden schaffen, nicht heran. Was dann auch erklärt, warum sie nicht so teuer sind wie die großen Brüder aus Sauternes.

Rotweine aus Cadillac Côtes de Bordeaux

Selbiges gilt auch für die trocken ausgebauten Rotweine, die im Vergleich zu den Gewächsen aus Saint-Émilion oder Pomerol tatsächlich zu einem Spottpreis zu haben sind. Sie stehen allerdings auch für den sogenannten neuen Bordeaux-Stil. Also Weine, die jung bereits sehr zugänglich sind. Es sind in der Regel samtige Gaumenschmeichler, die sehr einfach zu lieben sind. Doch natürlich gibt es auch hier Gewächse, die eine kleine Ewigkeit überdauern und die mächtig viel Tiefgang und Charakter haben können. Und die dem alten Bordeaux-Stil verpflichtet sind. Solche Gewächse findet man allerdings nur noch bei wenigen der 230 Weingüter in der Weinregion, die durchschnittlich 11 Hektar bewirtschaften. Zu den bekanntesten Châteaux der Appellation gehören unter anderem Carsin, du Grand Mouëys, Birot, Puy Bardens, Reynon und Château Tanesse. Um dich mal mit ein paar Namen zu versorgen.

Cadillac Côtes de Bordeaux mag jetzt nicht die schillernste Bordeaux-Appellation sein. Aber ich persönlich schätze sie sehr für ihre soliden und vor allem ehrlichen und preislich mehr als fairen Weine, die ohne Starallüren auskommen. Für mich sind die Weine vor allem ideale Speisenbegleiter zu rustikaleren Gerichten wie etwa einem Burger, Lammkarree oder Rosenkohlauflauf. Nur mal so als kleine Inspiration. 😉

Copyright Titelbild: © ​​Cadillac Côtes de Bordeaux 

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