Panoramablick über die Wachau

Vinea Wachau: Charakter-Weine dank Codex

Beim Thema Qualität und Wein aus Österreich denken die meisten automatisch an DAC. Dabei gibt es einen Zusammenschluss von österreichischen Winzern, der sich schon lange vor der DAC-Einführung für eine strikte Qualitätssicherung eingesetzt hat: Vinea Wachau.

Der österreichische Weinskandal war im vollem Gange. Aber eben noch nicht aufgeflogen. Die Gier nach Weinen aus Österreich war groß, die Nachfrage kaum zu decken. Und doch versuchten es einige Winzer. Mit teilweise erheblich illegalen Mitteln, wie sich 1985 dann herausstellte. Aber 1983 wiegte man sich noch in Sicherheit.

Außer vielleicht, man hatte seine Weingärten in der Wachau. Dort war es damals durchaus üblich, Trauben aus anderen Regionen hinzu zu kaufen. Oder auf Maximalerträge im Wingert zu setzen. Um nur mal die etwas harmloseren Mechanismen zu nennen. 😉

Vinea Wachau hat den Weinbau in der Wachau revolutioniert
Oh, du schöne Wachau! @Riha/Vinea Wachau

Der Codex von Vinea Wachau

Einigen anderen Winzern in der Wachau war dieses Vorgehen ein Dorn im Auge. Qualität vor Profit, so ihre Devise. Natur vor Kommerz. Und Herkunft vorm rollenden Rubel. Deswegen gründeten die vier Wachauer Winzer Franz Hirtzberger sen., Josef Jamek, Franz Prager und Willi Schwengler (damals Direktor der Winzergenossenschaft Wachau, heute als Domäne Wachau bekannt), die Vereinigung Vinea Wachau Nobilis Districtus. Kurz auch einfach Vinea Wachau genannt.

Zwei Jahre, bevor der Weinskandal das Weinland Österreich erschütterte, waren da also vier Winzer, die sich mit ihren Regeln, die weit über das hinausgingen, was das Weingesetz vorsah, der Wachauer Weinkultur verpflichteten. Wie die Regeln aussahen? So:

  • Die Traubenlese erfolgt ausschließlich per Hand.
  • Weder Most noch Weine dürfen angereichert werden.
  • Ein Traubenzukauf aus anderen Regionen ist nicht gestattet.
  • Die Weißweine der drei unterschiedlichen Qualitätsstufen werden allesamt trocken ausgebaut.
  • Die Flaschenabfüllung darf nur in der Wachau erfolgen.
Blick auf den Loibenberg in der Wachau
Blick auf den Loibenberg ©Semrad/Vinea Wachau

Qualitätsstufen: Steinfeder, Federspiel und Smaragd

Was sich jetzt erst einmal gar nicht sooo streng anhört, ist es auf den zweiten Blick schon. Denn allein mit drei unterschiedlichen Qualitätsstufen, setzte Vinea Wachau einen für die Region damals gänzlich unbekannten Standard:

  • Steinfeder

      • 1984 eingeführt.
      • Benannt nach dem Steinfedergras, das in den steilen Weinbergen gedeiht.
      • Die Trauben müssen ein Mostgewicht zwischen 15 – 17° KMW haben.
      • Der Alkoholgehalt darf maximal 11,5 Vol.-% aufweisen.
      • Fruchtiger, leichter Charakter; am besten jung genießen.
  • Federspiel

      • 1986 eingeführt.
      • Der Begriff geht auf einen alten Brauch bei der Falkenjagd zurück.
      • Die Trauben müssen ein Mostgewicht von mindestens 17° KMW haben.
      • Der Alkoholgehalt muss zwischen 11,5 und 12,5 Vol.-% liegen.
      • Charaktervolle Weine mit vielen Nuancen; profitieren von ein wenig Reife.
  • Smaragd

    • 1988 eingeführt (hieß davor Honifogl)
    • Der Begriff geht auf die Smaragdeidechse zurück, der man in den Wachauer Weinbergen recht häufig begegnet.
    • Die Trauben müssen mindestens ein Mostgewicht von 18,5° KMW haben.
    • Der Gärprozess darf nicht unterbrochen oder vorzeitig gestoppt werden.
    • Der Alkoholgehalt muss mindestens 12,5 Vol.-% betragen
    • Die Weine dürfen erst ab dem 1. Mai des Folgejahres in den Handel kommen.
    • Bis 2005 mussten Smaragd-Weine mit einem Naturkorken verschlossen werden, aufgrund der Korkschmecker-Debatte sind seit 2006 auch Schraubverschlüsse zugelassen.
    • Smaragd-Weine werden aus den Rebsorten Riesling, Grüner Veltliner, Neuburger und Gelber Muskateller gekeltert.
    • Absolute Charakterköpfe, die das Terroir bestens wiedergeben; bitte wie ein Großes Gewächs reifen lassen.
Der Loibenberg wird von Winzern der Vinea Wachau bewirtschaftet
Und noch ein Blick auf den Loibenberg ©Vinea Wachau

Vinea Wachau baut Vertrauen in österreichischen Wein wieder auf

Mit diesen hohen Qualitäts-Standards fand Vinea Wachau im Weinbaugebiet sehr schnell eine große Anhängerschaft. Vor allem, als der Weinskandal 1985 die österreichische Weinwirtschaft quasi über Nacht zum Erliegen brachte. Immer mehr Winzer schlossen sich der Vereinigung an und verpflichteten sich, den Codex in Sachen Herkunft, Authentizität und Charakter, Handarbeit sowie Individualität und Vielfalt zu befolgen. Inzwischen zählt Vinea Wachau über 200 Mitglieder. Womit also fast alle Winzer der Region mit an Bord sind.

Vor allem die drei Qualitätsstufen halfen in den vergangenen Jahrzehnten dabei, das Vertrauen in österreichischen Wein wieder herzustellen. Und dank des Codex kommen seitdem wieder echte Terroir-Weine auf die Flasche. Das ist schon sehr beeindruckend.

Vinea Wachau bewirtschaftet auch die Lage Achleiten
Achleiten gehört zu den bekanntesten Rieden in der Wachau ©Semrad/Vinea Wachau

Da war ja noch was mit DAC und der Wachau …

Wer sich jetzt ein wenig an die DAC-Statuten (Districtus Austriae Controllatus) erinnert fühlt, liegt übrigens nicht verkehrt. Ein wenig ähneln sich Vinea Wachau und DAC schon. Es gibt aber auch gravierende Unterschiede. Das DAC-System wurde schließlich erst 2002 eingeführt. Und auch eher aus Marketing-Gründen denn aus purem Willen zur Qualität.

Versteht mich nicht falsch, ich finde, dass die DAC-Einführung eine gute Sache war. Die Gründung von Vinea Wachau war allerdings umwerfend. 2020 treffen beide dann wohl aufeinander, denn die Wachau soll den bisher 13 anderen Weinbauregionen folgen und nach Carnuntum als jüngstes Mitglied, einen eigenen DAC-Status bekommen. Die Qualitätsstufen Steinfeder, Federspiel und Smaragd bleiben wohl erhalten. Selbiges gilt für die Rebsortenvielfalt. Aber die Wachauer Winzer sollen ja dickköpfig stur sein. Da bin ich gespannt, ob alles reibungslos über die Bühne geht. 😉

Copyright Titelbild: ©Gamerith/Vinea Wachau

*Dieser Text erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Gesetzte Links sind nicht kommerziell, sondern dienen alleine Service-Zwecken.

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5 Kommentare

  1. Es gibt sicher eine ganze Menge positiver Aspekte, die der Vinea Wachau zuzuschreiben sind, allerdings hat sie sich in den letzten zwei Dekaden meiner Meinung nach auch in gewisser Weise festgefahren. Aber das ist halt die Krux fast aller Regularien, sie haben mehr oder weniger starre Grenzen. Deshalb wundert es mich auch überhaupt nicht, daß mittlerweile die spannendsten Weine aus der Wachau von einigen „jungen Wilden“ stammen, die bewußt außerhalb der Vinea Wachau arbeiten. Dazu gehören z.B. Martin Muthenthaler, Peter Veyder-Malberg und Pichler-Krutzler. Dabei verleugnen die Weine dieser Güter die Wachauer Herkunft nicht, sie interpretieren sie nur neu, zumindest meiner Meinung nach besser als die meisten Traditionalisten.
    Und wenn die „Wachau DAC“ kommt, wird wohl diese qualitativ-innovative Speerspitze der Wachau bezeichnungsmäßig zu „Wein aus Niederösterreich“ degradiert. Aber für mich bedeutet DAC in Österreich ja generell eher „Einfalt statt Vielfalt“ bzw. „Gepflegte Langeweile statt ungehobelter Spannung“. Wenn man letzteres sucht, muß man sowieso vermehrt nach „Landwein Weinland“ (oder „… Steirerland“) suchen…

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