Comic-Sommeliers

Sommelier: Was er macht – und wie man’s wird

Manche Menschen denken ja, dass ein Sommelier nur den Wein in einem Restaurant aufmacht. Aber zu dem Job gehören dann doch noch ein paar mehr Aufgaben. Finde heraus, was ein Sommelier alles macht – und was er wissen sollte.

Immer wieder werde ich gefragt, wo ich denn meine Sommelier-Ausbildung gemacht hätte. Wenn ich dann antworte, dass ich gar keine Sommelière bin, ist das Staunen manchmal groß. Gerade für Menschen, die mit Wein jetzt nicht soooo viel am Hut haben, ist die Bezeichnung Sommelier halt einfach das Synonym für jemanden, der oder die irgendwie irgendwas in der Weinbranche macht. Und ein wenig kann ich diese Vereinfachung auch verstehen. Denn nach wie vor ist Sommelier kein geschützter Begriff wie zum Beispiel Meister bei einem Handwerksberuf.

Die Bezeichnung Sommelier wird zwar in der Regel mit Weinexperte gleichgesetzt, aber es gibt halt auch Sommeliers für Bier, Wasser oder Käse. Oder Olivenöl. Das macht zum einen mehr her – und unterstreicht die Expertise. Zum anderen kann man sich zwar zum Sommelier ausbilden lassen, aber man muss es nicht, um sich selbst so bezeichnen zu dürfen. Wenn zum Beispiel jemand in einem kleinen Landgasthof eine einigermaßen passable Weinkarte auf die Beine gestellt hat und die Weine dann dem Gast anpreist, darf er sich theoretisch Sommelier nennen. Auch wenn er nicht die geringste Ahnung hat, nach welchen Regeln man zum Beispiel Wein und Speisen miteinander kombiniert. Oder wenn mal so gar kein Weinwissen vorhanden ist. Das gehört halt irgendwie alles dazu.

Junger Käse Sommelier riecht an einem Käse
Es gibt übrigens auch Sommeliers für Käse. © Rabizo/iStock

Der Sommelier und der Gast

Ich persönlich habe mich nie zur Sommelière ausbilden lassen, weil ich eben nicht vorhabe, am Gast zu arbeiten. Oder eine Weinkarte zu gestalten. Und einen Weinkeller bestücke ich auch nicht als Weintexterin. Womit wir jetzt nahtlos bei den Aufgaben eines Sommeliers wären. Er empfiehlt einem Gast die passenden Weine zu seinem Essen. So kann man es allgemeingültig herunterbrechen. Doch tatsächlich macht ein Sommelier noch viel, viel mehr. Klar, die Arbeit am Gast ist das, was man von außen immer sieht. Hier ist nicht nur viel Weinwissen gefragt, sondern auch Empathie. Vor allem, wenn Gäste das erste Mal in dem Restaurant sind.

Im Idealfall kann der Sommelier bereits anhand der Kleidung und dem Verhalten abschätzen, wie viel Budget pro Tisch für Wein zur Verfügung stehen könnte. Nun machen Kleider heutzutage zum Glück keine Leute mehr. Es ist also durchaus empfehlenswert, dem Sommelier einfach zu sagen, wie viel man maximal auszugeben gedenkt – und welche Weinvorlieben man so hat. Hier dürfen Sommeliers dann regelmäßig starke Nerven und Geduld beweisen. Denn gerade im Weinbereich gibt es halt leider auch viele Klugscheißer mit vinophilem Halbwissen. Klassiker sind da zum Beispiel Sätze wie “Ich trinke keinen Chardonnay – bitte bringen Sie mir diesen Chablis!”, wenn der Gast eben nicht weiß, dass Chablis keine Rebsorte, sondern eine Ursprungsbezeichnung ist. Und dass es sich bei einem Chablis immer um einen Chardonnay handelt.

Die andere Seite des Service-Spektrums sind dann Gäste, die super viel über Wein wissen und mit dem Sommelier endlich mal jemanden haben, mit dem sie fachsimpeln können. Hallo! Du bist nicht der einzige Gast im Restaurant! Sprich: Halte den Sommelier nicht unnötig lange von seiner Arbeit ab. Aber vielleicht bestellt man ja die Weinbegleitung zu einem Menü mit, um per se auf der sicheren Seite zu sein. Diese Weine hat natürlich auch der Sommelier ausgewählt.

Pizza und Wein - der Sommelier weiß, was passt
Egal wie schwierig das Gericht – ein Sommelier kennt den passenden Wein dazu. © Yury Sevryuk/iStock

Service, bitte!

Neben der Beratung spielt natürlich auch der Service noch eine sehr große Rolle. Auf dass das Weinglas nie leer sein möge! Apropos: Die Auswahl des richtigen Weinglases zum jeweiligen Wein gehört natürlich auch zu den Aufgaben. Und für alle, die einen gereiften Wein ordern, kommt dann natürlich noch die Zeremonie des Dekantierens, die in der Regel direkt am Tisch zelebriert wird. Was indes oft nicht beim Gast stattfindet, ist das Verkosten des georderten Weins. Denn ja, vor allem in gehobenen Restaurants probiert der Sommelier jeden Wein, bevor er damit zum Gast geht, um mögliche Weinfehler wie zum Beispiel TCA auszuschließen. Wobei mir dieses Vorkosten in Restaurants immer seltener begegnet. Irgendwie schade.

Aufgrund von Personalknappheit kommt es inzwischen übrigens immer häufiger vor, dass sich der Sommelier im Service nicht nur um den Wein kümmert, sondern auch andere Aufgaben übernehmen muss. Der Klassiker ist da halt das Servieren der Speisen. Das ist in der Gastronomie derzeit ein Teufelskreis. Sommeliers investieren in der Regel nicht eben wenig Geld in ihre Ausbildung. Da will man dann nicht einfach wieder zur Servicekraft degradiert werden. Und dann sind da noch die Arbeitszeiten und das oft mangelhafte bzw. respektlose Betriebsklima. Die Folge: Immer mehr Sommeliers verlassen die Gastronomie und wechseln in den Fachhandel, in Agenturen oder werden Berater. Aber zurück zu den eigentlichen Sommelier-Aufgaben. Die Arbeit am Gast ist schließlich nur die sichtbare Eisbergspitze. Ein Sommelier macht schon deutlich mehr.

Wein zu dekantieren gehört bei einem Sommelier zur Basis
Wein zu dekantieren gehört für einen Sommelier oft zum Alltag. © Photographer/iStock

Sommelier: Von Weinkarten und Weinkellern

Ein offensichtlicher Part des Sommelier-Jobs ist das Erstellen der Weinkarte. Und das ist nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Zum einen muss man die Gäste, die das Restaurant besuchen, gut kennen. Was nützt es, wenn auf der Karte zum Beispiel gereifte Bordeaux-Weine im drei- oder gar vierstelligen Bereich stehen, wenn ein Großteil der Gäste nicht mehr als 40 Euro für einen Wein im Restaurant ausgeben möchte?

Oder wenn die Karte mit tollen Weinen aus Frankreich oder Deutschland gespickt ist, das Restaurant aber eine Pizzeria ist und die Gäste ständig nach Chianti Classico oder Primitivo verlangen? Zum anderen gehört neben der Weinauswahl auch die Kalkulation dazu. Es soll sich ja schließlich für das Restaurant lohnen – ohne dass die Gäste die Preise als unverschämt empfinden. Und dann steht natürlich die Frage im Raum, welche Weine in den offenen Ausschank kommen – und welche es nur flaschenweise gibt. Entscheidungen über Entscheidungen!

Parallel dazu kümmert sich der Sommelier auch um den Weineinkauf sowie die Pflege des Weinkellers. Damit ist jetzt nicht gemeint, dass er die Flaschen abstaubt, sondern dass er dafür sorgt, dass die Weine auf der Karte halt immer vorrätig sind. Bei Gewächsen, die sehr häufig geordert werden oder die sehr rar sind, gelingt das nicht immer. Das muss dann aber auch so in der Weinkarte mit einem “ausgetrunken”-Stempel oder Ähnlichem kommuniziert werden. Zudem trägt der Sommelier dafür Sorge, dass ein Weinkeller nicht überaltert. Gereifte Gewächse sind ja schön und gut, aber jeder Wein überschreitet irgendwann mal seinen Genusshöhepunkt, wenn man ihn zu lange lagert. Das kann man einem Gast dann auch nur noch bedingt anbieten. Passiert das häufiger, ist der finanzielle Schaden für ein Restaurant schon groß. Ein Sommelier sollte die Trinkfenster seiner angebotenen Weine also sehr gut kennen.

Weinkorken von einem gereiften Bordeaux
Was nützt ein gereifter Bordeaux auf der Weinkarte, wenn ihn kein Restaurantgast trinken möchte? © hfng/iStock

Wie wird man Sommelier?

Du siehst: Die Aufgaben eines Sommeliers sind weit vielfältiger als “nur” Weine zu bestimmten Speisen zu empfehlen. Aber wie lernt man eigentlich, welcher Wein zu welchem Gericht passt? Was uns nahtlos zur Ausbildung bringt. Schließlich wird niemand über Nacht Sommelier. Tatsächlich haben die meisten Sommeliers eine Ausbildung in der Gastronomie oder dem Hotelfach absolviert, in deren Zuge dann das Weininteresse entstand. Bis heute braucht man keine genormte Ausbildung, um sich Sommelier nennen zu dürfen. Deswegen sind die Wege dahin nach wie vor recht vielfältig. Noch vor 30 Jahren war es vor allem in Hotels durchaus üblich, dass ein erfahrener Sommelier einen interessierten Hotelfachmann bereits während dessen oder nach seiner Ausbildung unter die Fittiche genommen hat. Learning by doing sozusagen.

Und auch heute noch kann man so zu einem hervorragenden Sommelier werden. Wenn man denn auch ein wenig investiert, indem man systematisch Weine verkostet, um seinen Geschmackshorizont zu erweitern. Reisen in Weinanbaugebiete und Winzern gehören ebenso dazu wie die Lektüre zahlreicher Fachbücher. Hat man erst einmal ein Standing, dann erfolgen auch viele Einladungen von Verbänden oder Winzern, die alle daran interessiert sind, mit ihren Weinen mal auf der Karte eines angesagten Restaurants zu landen. Hier muss ein Sommelier immer wieder abwägen, was für ihn ethisch noch vertretbar ist. Und was eben nicht.

Sommelier verkostet unterschiedliche Weine für seine Weinkarte
Bevor ein Wein auf die Karte kommt, gehört er natürlich probiert. © IL21/iStock

IHK-Ausbildung zum Sommelier

Man kann sich aber auch von der Industrie- und Handelskammer (IHK) zum Sommelier ausbilden lassen. Denn ja, inzwischen gibt es relativ genormte Ausbildungswege. Der IHK geprüfte Sommelier ist in Deutschland der gängigste Weg. Hierfür gibt es zahlreiche Anbieter. Von der Deutschen Hotelakademie über das International Wine Institute bis hin zur Vinophilum Wine Academy, um nur mal drei Beispiele zu nennen. Auch ist es bei vielen Anbietern möglich, parallel zu WSET Level 3 seinen Assistant Sommelier zu machen. Das ist günstiger und geht etwas schneller. Außerdem bekommt man so auch noch eine gute theoretische Basis. Gerade für angehende Sommeliers, die sich nicht an ältere und erfahrene Kollegen wenden können, ist das durchaus hilfreich.

In größeren Hotels und Restaurants kann es sein, dass die Ausbildung zum IHK geprüften Sommelier teilweise oder komplett vom Arbeitgeber übernommen wird. In diesem Fall ist es dann üblich, dass sich der Sommelier verpflichtet, nach bestandener Prüfung für eine bestimmte Zeit auf jeden Fall im Betrieb zu bleiben. Es gibt übrigens nicht wenige Menschen, die diese IHK-Ausbildung machen, obwohl sie noch nie am Gast gearbeitet haben – und das auch niemals machen möchten. Hier stellt sich mir ehrlich gesagt die Frage, ob eine andere Wein-Fortbildung nicht vielleicht sinnvoller wäre. Es gibt ja schließlich genügend Möglichkeiten.

Mann und Frau verkosten gemeinsam drei Weißweine blind
Gemeinsam lernt es sich oft besser. © IL21/iStock

Court of Master Sommeliers

Wer sich nach internationalen Standards zum Sommelier ausbilden lassen möchte, für den ist vielleicht der Court of Master Sommeliers etwas. Diese im Jahr 1969 in London gegründete Institution hat inzwischen auch einen Ableger im kalifornischen Santa Barbara und bietet die weltweit anspruchsvollste Ausbildung in Sachen Wein an. Die Durchfallquote bei der Prüfung zum Master Sommelier ist legendär. Seit Court-Gründung haben sie lediglich 273 Weinprofis erfolgreich bestanden und dürfen hinter ihren Namen offiziell das Kürzel MS für Master Sommelier setzen.

Wobei nicht jeder Student am Court of Master Sommeliers den Ausbildungsweg bis zur Master-Prüfung gehen muss. Denn dieses Diploma ist schließlich die vierte und damit letzte Stufe des Ausbildungsprogramms. Bereits mit der zweiten Stufe, dem Certified Sommelier Exam, erreicht man einen Ausbildungsgrad, der dem des IHK-Sommeliers leicht überlegen ist. Genau das ist auch der Grund, warum immer öfter deutsche Sommeliers sich lieber am Court of Master Sommeliers statt von der IHK zertifizieren zu lassen.

Sommelier überprüft einen Rotwein sensorisch
Never stop tasting! © IL21/Istock

Vereinigungen und Wettbewerbe

Nicht unerwähnt lassen möchte ich spezielle Sommelier-Vereinigungen unter dem Dach der Association de la Sommellerie Internationale (ASI). Die ASI wurde 1969 in Reims als gemeinnützige Organisation mit dem Ziel gegründet, den Beruf des Sommeliers weltweit zu entwickeln und zu fördern. So ist zum Beispiel die Sommelier Union Deutschland (SU) auch Teil der ASI. Im Rahmen dieser Vereinigungen finden auch die gängigen Sommelier-Wettbewerbe wie “Bester Sommelier der Welt” statt. Dieser wird übrigens alle drei Jahre in einer echt unterhaltsamen Competition ermittelt. Das Finale kann inzwischen als Livestream verfolgen. Für mich persönlich ist das immer ein Highlight. Ach ja, und die ASI bietet auch allen Sommeliers mit mindestens vier Jahren Berufserfahrung an, die Prüfung zum International ASI Sommelier abzulegen.

Hört sich doch alles gut an, oder? Ist es auch. Nur leider gibt es halt auch immer wieder berechtigte Kritik und Skandale. Vor allem, wenn es um Themen wie Sexismus und Machtmissbrauch geht. Beim Court of Master Sommeliers musste deswegen nicht nur ein Verantwortlicher zurücktreten. Und auch der Präsident der Sommelier Union hat nach Bekanntwerden von sexuellen Übergriffen sein Amt niedergelegt. Inzwischen ist mit Yvonne Heistermann eine Frau als Präsidentin für die SU unterwegs, doch es gibt nach wie vor kritische Stimmen aus den eigenen Reihen, die strukturellen Sexismus und Machtmissbrauch bemängeln. In Sachen Gleichberechtigung und gegenseitigen Respekt haben einige Verbände da also dringend noch Hausaufgaben zu machen. Diese Schattenseite sollte einfach nicht verschwiegen werden. Wobei es natürlich auch viele Lichtmomente in Form von gezielt angebotenen Weiterbildungen durch die Vereinigungen gibt. Denn so abgedroschen es auch klingen mag, aber ein Sommelier lernt tatsächlich nicht aus.

Copyright Titelbild: © ONYXprj/iStock

*Dieser Text wurde weder beauftragt noch vergütet. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und spiegelt meine persönliche wider. Gesetzte Links sind nicht kommerziell, sondern dienen alleine Service-Zwecken.

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