Paar probiert gemeinsam Schilcher

Schilcher: Rosé-Spezialität aus der Weststeiermark

Keine Frage, der Roséwein-Boom ist ungebrochen. Neben all den gängigen Roséweinen, die es so im Supermarkt oder Weinfachhandel gibt, kann man aber die eine oder andere Rosé-Spezialität entdecken. Genau in diese Kategorie gehört dann auch der Schilcher aus der österreichischen Weststeiermark.

So ziemlich jedes Land hat mindestens eine Spezialität, die aus der Masse der Roséweine dieser Welt heraussticht. In Deutschland ist das zum Beispiel der Weißherbst. Oder der Rotling. Und Österreich hat halt den Schilcher. Wobei man den Wein jetzt wahrlich nicht mit Weißherbst und Rotling vergleichen sollte. Dafür sind die gesetzlichen Bestimmungen sowie das Geschmacksbild vollkommen unterschiedlich. Und eigentlich handelt es sich bei dem Schilcher auch gar nicht um eine Spezialität aus ganz Österreich, denn aufgrund der geschützten Ursprungsbezeichnung darf er ausschließlich aus der Steiermark stammen – mit einem vinophilen Epizentrum in der Weststeiermark.

Bevor wir uns jetzt die Tradition genauer anschauen, klären wir am besten erst einmal zwei wesentliche Basis-Fragen. Ist Schilcher eine Rebsorte? Nein! Die Rebsorte, die in den Wein hineinkommt, heißt Blauer Wildbacher. Und zwar zu 100 Prozent. Blauer Wildbacher ist quasi eine einheimische Rebsorte in der Steiermark. Was aber nicht bedeutet, dass man sie nicht auch woanders findet. In Slowenien gibt es ebenso kleine Rebflächen wie im italienischen Venetien. Blauer Wildbacher ist übrigens eine rote Rebsorte. Mehr über sie verrate ich dir vielleicht mal in einem anderen Text. Wenn jetzt aber Schilcher gar keine Rebsorte ist, warum heißt der Wein dann so? Weil “schilchern” im steirischen Dialekt eben so viel wie “schillern” heißt. Gemeint ist damit also die Farbe, die von einem hellen Rosa über Zwiebelschalenfarbe bis hin zu einem kräftigen Zinnoberrot reicht.

Traube Blauer Wildbacher am Rebstock
Blauer Wildbacher – nichts anderes darf in den Schilcher hinein. © ÖWM/WSNA

Wie der Schilcher zu seinem Namen kam

Obwohl der Schilcher erst im Jahr 1976 im Zuge einer Neuerung des österreichischen Weingesetzes seine geschützte Ursprungsbezeichnung bekommen hat, gibt es ihn natürlich schon sehr viel länger. So sollen bereits die Kelten etwa 400 Jahre vor unserer Zeit in der heutigen Steiermark aus heimischen Wildreben Wein bereitet haben. Also auch aus dem Blauen Wildbacher. Der Schilcher an sich wurde allerdings erst im Jahr 1580 erstmals schriftlich erwähnt. Und zwar in dem vom Kleriker und Schriftsteller Johann Rasch (ca. 1540 bis 1612) publizierten Weinbuch. Auf ihn soll dann auch die Bezeichnung Schilcher zurückgehen. Wobei er den Begriff auch nur aufgeschnappt haben kann – und ihn dann einfach niedergeschrieben hat.

So oder so häuften sich vom 16. Jahrhundert an die Schilcher-Weine in der Steiermark. Zahlreiche Kellerbucheinträge belegen das. Während die Einheimischen auf ihn schwörten, kam dieser besondere Roséwein bei den Gästen oft allerdings nicht ganz so gut an. Als Papst Pius VI. im Jahr 1782 auf dem Weg zu Kaiser Joseph II. war. Machte er im Franziskanerkloster Maria Lankowitz bei Köflach Station. Dort servierte man ihm unter anderem auch einen Schilcher. Der Papst schrieb daraufhin in sein Tagebuch: “Sie haben Uns einen rosaroten Essig vorgesetzt, den sie Schilcher nannten.”

Freunde essen gemeinsam und genießen dazu Schilcher
Schilcher ist ein sehr guter Speisenbegleiter. © Kar Tr/iStock

Verabscheut und geliebt zugleich

Gut, jetzt muss man dazu sagen, dass Papst Pius VI. halt Italiener war. Ihm waren die geschmeidigen und oft sehr säurearmen Weine aus der Heimat also viel geläufiger. Wenn der Gaumen ein säurebetontes Gewächs nicht gewohnt ist, dann kann man halt auch schon mal an Essig denken. Nicht zu vergessen, dass damals die Kellertechniken noch nicht ganz so ausgereift waren. Dass der Papst-Schilcher also mehr Säure als gewöhnlich hatte, ist nicht ganz ausgeschlossen.

Es mag ja sein, dass der Wein bei den Steiermark-Gästen damals nicht so gut ankam, aber die Einheimischen liebten ihn. Und mit dem Erzherzog Johann (1782 bis 1859) gab es zudem dann auch noch einen großen Förderer dieser Spezialität. Mithilfe seines Verwalters Anton Neuhold ließ er in der Weststeiermark die erste Schilcherrebschule errichten, die sich gezielt dem Blauen Wildbacher widmete. Und auch der Rebenzüchter Fritz Zweigelt (1888 bis 1964) machte sich daran, den Blauen Wildbacher zu erkunden, indem er bis zu 40 verschiedene Typen katalogisierte. Das alles, plus eine bessere Kellertechnik, half dabei, die Qualität des Schilcher kontinuierlich zu steigern.

Brotzeit mit Roséwein
Reichhaltige Mahlzeit? Kein Problem für Schilcher! © fotofritz16/iStock

Schilcher wird touristisch

Wobei Schilcher nicht nur als Stillwein, sondern eben auch als Schaumwein daherkommen kann. Bereits um 1900 wurde so ein prickelnder Schilcher in der Stainzer Ortschronik als “Schilcherchampagner” gelobt. Ein Begriff, denn man heutzutage dank des geschützten Champagner-Begriffs natürlich nicht mehr verwenden darf. Damals war das aber noch zulässig. Na ja, und die Schilcher-Hochzeit kam dann eben in den 1970er-Jahren – und damit dann auch die geschützte Ursprungsbezeichnung, die den Schilcher jetzt ganz klar und ausschließlich in der österreichischen Steiermark verortet.

Bereits zwei Jahre vorher, nämlich 1974, initiierte man zudem die Schilcherweinstraße, die auf dem Blumenmarkt Ligist beginnt, und die über Gundersdorf und Stainz bis nach Eibiswald führt. Sämtliche Schilcher-Lokalitäten sind auf dieser Route natürlich bestens ausgeschildert. Nicht zu vergessen, dass im Jahr 1985 dann auch noch der Verein Klassischer Schilcher aus der Weststeiermark und im Jahr 2008 die Arbeitsgemeinschaft Schilcherland gegründet wurden. Marketing-Maßnahmen müssen ja schließlich auch sein.

Blick auf die Ried Hochgrail in der Weststeiermark
Heimat des Schilchers: Weststeiermark. © ÖWM/Robert Herbst

Finger weg von der Basisqualität?

Und weißt du was? Die Marketing-Maßnahmen wirken. Tatsächlich ist die Popularität gestiegen. Was allein die Blauer-Wildbacher-Rebfläche belegt. Diese lag im Jahr 1960 nämlich noch bei 135 Hektar. Heute sind es 527 Hektar. Gut, das ist immer noch verschwindend gering, aber der Schilcher ist ja nun auch eine Spezialität. Womit wir jetzt aber endlich zum Schilcher-Geschmack kommen. An dieser Stelle muss ich einfach mal Papst Pius VI. ein wenig in Schutz nehmen. Als große Schaumweinliebhaberin bin ich eine prägnante Säure echt gewohnt. Aber auch ich habe schon den ein oder anderen Schilcher im Glas gehabt, der mich eher an Verjus denn an Wein denken ließ.

Denn ja, Schilcher ist mit seiner hohen Säure echt nichts für den Massengeschmack. Vor allem nicht die Basisqualitäten. Hier kann’s doch arg wild im Glas zugehen. Da nützen dann auch die Anklänge von weißen Johannisbeeren, Erdbeeren oder Himbeeren nur wenig. Manchmal sind auch grüne Noten von Brennnessel oder Paprika dabei, wenn die Trauben nicht ganz reif waren. Das ist alles schon etwas speziell. Da wundert es mich gar nicht, dass man den Schilcher als Aperitif anpreist – und als Wein, der bitteschön jung genossen werden sollte. Am besten eisgekühlt als Sommerwein.

Einfach mal mit Schilcher anstoßen
Dank der hohen Säure macht sich Schilcher im Sommer besonders gut. © Eduard Figueres/iStock

Viele, viele Schilcher-Empfehlungen

Dabei geht es aber auch anders. Denn in der Weststeiermark findet man inzwischen echte Schilcher-Expert:innen, die den Roséwein aufs nächste Level heben. Gut, dabei schadet es auch nicht, dass der Schilcher für die Weststeiermark Aufnahme in die DAC-Statuten (Districtus Austriae Controllatus) fand. Sprich: Es gibt auch offizielle Rieden-Schilcher. Also Lagenweine – für alle, die sich mit dem Österreich-Sprech nicht so gut auskennen. Und hier wird’s spannend! Solche Schilcher sind gerne im Holzfass ausgebaut. Das macht sie runder und weicher, komplexer und tiefgründiger. Und ist dann auch noch der biologische Säureabbau mit im Spiel, kommt die Säure plötzlich handzahm und höchst elegant daher.

Beste Beispiele für solche charakterstarken Rieden-Weine sind die Gewächse vom Weingut Lex Langmann, das ich dir hier genauer vorstelle. Auch die Schilcher Reserve der Domaines Kilger kann sich sehr sehen lassen. Selbiges gilt für den Schilcher Privat vom Weingut Strohmeier. Aber die Strohmaiers gehören eh zu den großen Schilcher-Expert:innen in der Steiermark. Bei allen lohnen sich vor allem die Schilcher aus den unterschiedlichen Lagen. Und dann gibt es vom Weingut Gross & Gross auch noch einen fantastischen alkoholfreien Schilcher.

Schilcher und Schattenspiel
Das Weingut Langmann gehört zu den Schilcher-Spezialisten in der Weststeiermark. © Anna Stöcher/Weingut Langmann

Ideale Speisenbegleiter

Aufgrund seiner hohen Säure passen vor allem die Basis-Schilcher sehr gut zu fettigen und reichhaltigen Speisen. Eine üppige LasagneKäsespätzle? Schilcher! Und so weiter. Ein Schilcher-Sekt kann indes sehr viel Freude zu Lachs, Sushi oder Muscheln machen. Wobei auch die Rieden-Schilcher aus dem Holzfass fantastisch zu vielen Gerichten passen. Mein Tipp: Überall, wo du einen schlanken Spätburgunder einsetzen würdest, kannst du es einfach mal mit einem Schilcher probieren. Außer natürlich, du hast generell ein Problem mit Säure. Dann ist die Österreich-Spezialität für dich nicht unbedingt die beste Wahl.

Falls dir Säure aber nichts ausmacht, dann lege ich dir Schilcher hiermit offiziell ans Herz. Es lohnt sich sehr, diese österreichische Wein-Spezialität im Glas mal genauer zu erkunden. Tipps und Empfehlungen habe ich dir hier ja genügend gegeben. 😉

Copyright Titelbild: © Karel Noppe/iStock

*Dieser Text erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und wurde weder beauftragt noch vergütet und spiegelt lediglich meine persönliche Meinung wider. Gesetzte Links sind nicht kommerziell, sondern dienen ausschließlich Service-Zwecken.

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