Paar stößt mit Sekt über einem weiß gedeckten Tisch an

Sekt Austria: Österreichs Schaumweine im Detail

Mit der Umbenennung des österreichischen Sekts in Sekt Austria sollen die Schäumer der Alpenrepublik jetzt für den internationalen Markt fit gemacht werden. An den Qualitäten ändert das freilich nichts. Und die können sich sehen lassen.

Es ist schon eine Krux mit dem österreichischen Sekt. Denn dieser stand immer im Schatten der deutschen Schaumweine. Verwunderlich ist das indes nicht. Dafür reicht allein ein Blick auf die Schaumweintradition der beiden Länder. Hier wie dort regierten (und regieren) zwar die großen Firmen den Schaumweinmarkt, aber in Deutschland war es durchaus üblich, dass auch Winzer ihren eigenen Sekt bereiten. In Österreich indes klagte der Winzer Gerald Malat aus dem Kremstal im Jahr 1976 diese Möglichkeit erst ein. Nämlich dass Winzer ihre eigenen Trauben versekten dürfen. So weiß es jedenfalls das Buch “Wein in Österreich” von Willi Klinger und Karl Vocelka zu berichten. Von dem prestigeträchtigen internationalen Begriff Sekt Austria war man da also noch weit entfernt.

Obwohl österreichische Winzer wie eben Gerald Malat dann auch direkt an der Qualitätsschraube drehten, hatten sie in den 1980er-Jahren erneut das Nachsehen. Denn damals ließ man sich in Deutschland den Begriff Winzersekt für Qualitätsschaumweine bestimmter Anbaugebiete schützen. In Österreich versuchte man sich deswegen mit dem Namen Hauersekt eigenständig zu etablieren. Du ahnst es vielleicht schon: der Begriff konnte sich nicht so richtig durchsetzen. Viel zu unsexy. Wie soll damit Qualität suggeriert werden? Eben! Blieb also erstmal nur österreichischer Sekt als Bezeichnung. Eine etwas generische und vor allem lange Bezeichnung. Daran konnte auch die rotweißrote Banderole auf der Kapsel nicht groß etwas ändern, die wie bei allen österreichischen Weinen signalisiert, dass es sich hierbei um ein Erzeugnis mit geschützter Herkunft handelt.

Männerhand schenkt ein Glas mit Sekt Austria in ein Sektglas
Österreichischer Sekt ist auf dem Vormarsch. © NickyPe/Pixabay

Österreichisches Sektkomitee dreht auf

Obwohl in den 1990er-Jahren die Schaumweine von Willi Bründlmayer oder Fred Loimer für Furore sorgten, konnte sich die österreichischen Sekte international nie wirklich durchsetzen. Also fing man erst einmal intern an, sich neu zu ordnen. Das war 2013. Damals wurde das Österreichische Sektkomitee gegründet. Deren Aufgabe: Imagepflege und Umsatzsteigerung des heimischen Schaumweins. Und nein, das war noch nicht die Geburtsstunde von Sekt Austria. Aber ein guter Anfang. Zum einen hob das Komitee den “Tag des Österreichischen Sekts” aus der Taufe, der seitdem jedes Jahr am 22. Oktober mit großem Tamtam und vielen Social-Media-Aktivitäten zelebriert wird. Trommeln gehört halt zum Handwerk.

Wobei auch genau dieses Handwerk nicht zu kurz kam. Denn bereits im Jahr 2015 stellte das Komitee die dreistufige österreichische Sektpyramide vor. Fehlte nur noch ein Instrument, um die heimischen Schaumweine auch international besser vermarkten zu können. Am 22. Oktober 2021 war es dann so weit. Pünktlich zum Tag des Österreichischen Sekts bekannte das Komitee eben diesen in Sekt Austria um. An der Qualitätspyramide änderte das nur bedingt etwas. Und genau die schauen wir uns jetzt mal im Detail an.

Aus österreichischer Sekt Klassik wird Sekt Austria

Die Basis bildet der sogenannte Sekt Austria, der bis 2021 noch Klassik hieß. Hierfür müssen die Trauben zur Schaumweinerzeugung aus einem einzigen Bundesland kommen. An genau dieser Stelle wird es interessant. Denn schließlich ist Bundesland nicht gleich Weinbaugebiet. Wenn man vom Burgenland mal absieht. Nehmen wir nur mal Niederösterreich als Beispiel. Dieses Bundesland beheimatet mit der Wachau, dem Kremstal und Kamptal, dem Wagram und Traisental, der Thermenregion, dem Weinviertel und Carnuntum sage und schreibe acht Weinbaugebiete. Trotzdem steht auf der Sektflasche dann nur das Bundesland Niederösterreich drauf. Nähere Ortsangaben sind hier tatsächlich unzulässig. Es wird also schön generisch und allgemein gehalten, damit hier die Masse abgebildet werden kann.

Werbepostkarte von Österreich Wein mit einem Skispringer, der Sekt trinkt
Zugegeben, vor nicht allzu langer Zeit war die österreichische Sekt-Werbung noch recht … speziell. © ÖWM/Peter Kramar

Das spiegelt sich dann auch in der Schaumweinbereitung wider. Handlese ist zum Beispiel nicht verpflichtend. Und damit auch nicht die Ganztraubenpressung. Auch sind alle Methoden erlaubt. Also nicht nur die traditionelle Flaschengärung oder das Transvasierverfahren, sondern auch die Méthode Charmat, die man vom Prosecco Spumante so gut kennt. Sprich: die zweite Gärung findet im Drucktank statt. Hier wird es durchaus interessant. Denn während bei dieser Methode nur sechs Monate Hefelager vorgeschrieben sind, muss selbiges bei der Flaschengärung neun Monate lang sein. Selbst wenn man die Rebsorte hier außer Acht lässt, kommen so qualitativ höchst unterschiedliche Schäumer auf die Flasche. Zugelassen sind übrigens alle Qualitätsrebsorten, die in Österreich so wachsen. Ebenso alle Farben. Die stilistische Bandbreite kennt hier also quasi keine Grenzen.

Next Level: Sekt Austria Reserve

Ähnlich sieht es auch ein wenig bei der Sekt Austria Reserve aus in Sachen Stilistik. Was nicht zuletzt daran liegt, dass auch hier alle Qualitätsrebsorten des Landes zugelassen sind. Vom Chardonnay über den Grünen Veltliner bis hin zu Zweigelt und Co. ist also alles möglich. Allerdings sind die Produktionsvorschriften viel strenger. So müssen hier die Trauben aus einem einzigen Weinbaugebiet stammen. Auf dem Etikett steht indes auch hier hauptsächlich das Bundesland. Stammt der Schaumwein also zum Beispiel aus dem Kamptal, steht Niederösterreich auf dem Etikett. Allerdings ist die Angabe einer Großlage, einer Gemeinde oder einer einzelnen Riede bei der Sekt Austria Reserve gestattet. Kommen wir zur Schaumweinbereitung.

Handlese ist ebenso verpflichtend wie die Ganztraubenpressung. Hier darf der Ausbeutesatz (Saft der Traubenmenge) maximal 60 Prozent betragen. Auch die zweite Flaschengärung ist zwingend vorgeschrieben. Der Sekt muss zudem mindestens 18 Monate auf der Hefe liegen, bevor er degorgiert werden darf. Selbst die Dosage hat dann Grenzen. Denn der Restzuckergehalt darf maximal 12 Gramm pro Liter betragen. Süßer als Brut geht hier also nicht. All das führt zu Schaumweinen, die schon ein wenig komplexer und vor allem eigenständiger sind. Und die sich hervorragend als Speisenbegleiter eignen können.

Eine Traube Grüner Veltliner hängt im Herbstlicht an einem Rebstock
Sollte man aus Grünen Veltliner Sekt machen? An dieser Frage scheiden sich die Winzer-Geister. ©ÖWM/Robert Herbst

Die Krönung: Sekt Austria Große Reserve

An der Spitze der Pyramide steht dann die Sekt Austria Große Reserve. Wie auch bei den anderen Schaumweinen, sind hier alle Qualitätsrebsorten zugelassen. Während einige Winzer auf heimische Trauben wie Grünen Veltliner oder aber auch Riesling setzen, bevorzugen viele ihrer Kollegen vor allem die großen Schaumweinklassiker wie Chardonnay oder Pinot Noir. Letztlich kommt es da auf die Philosophie des Weinguts an. Die Trauben für eine Sekt Austria Große Reserve dürfen ausschließlich aus einer einzigen Gemeinde stammen. Manche Winzer treiben es aber auf die Spitze und vinifizieren Einzellagensekte. Das kann man dann ganz gut am Etikett erkennen. Hier muss verpflichtend (mal wieder) das Bundesland stehen, aber eben auch die Gemeinde. Und wenn die Trauben aus einer einzelnen Lage stammen, darf auch diese mit angegeben werden.

Auch bei der Sekt Austria Großen Reserve sind Handlese und Ganztraubenpressung Pflicht. Allerdings darf hier der Ausbeutesatz höchstens 50 Prozent betragen. Zudem muss der Schaumwein nach der zweiten Gärung auf der Flasche mindestens 36 Monate ebenda auf der Hefe lagern. Wir haben hier also ähnliche Vorschriften wie für einen Jahrgangschampagner. Bis zur Umbenennung in Sekt Austria als geschützte Ursprungsbezeichnung waren es übrigens “nur” 30 Monate. Ach ja, und auch hier ist es obligatorisch, dass der Restzuckergehalt die 12 Gramm pro Liter nicht überschreitet. Bei der Sekt Austria Großen Reserve steht vor allem Eigenständigkeit im Vordergrund. Jeder Schäumer hat seinen ganz eigenen Charakter. Für mehr Individualität im Glas.

Die Qualitätspyramide von Sekt Austria als Grafik und mit Worten erklärt
Die Qualitätspyramide von Sekt Austria im Detail. © ÖWM

Und Deutschland so?

Trotz genau dieser Individualität sind dank der Qualitätspyramide in Österreich Schaumweine recht genau definiert. Davon dürften sich die deutschen Weinverbände gerne mal eine Scheibe abschneiden. Mit dem VDP.Sekt.Statut. (nur echt mit fancy Satzzeichen) legte der Verband Deutscher Prädikatsweingüter Anfang 2022 eine ähnliche Einteilung vor. Diese besteht allerdings nur aus zwei Stufen und ist – zumindest nach außen kommuniziert – etwas vage definiert. Woran man ganz genau ist, weiß man da als Schaumweinliebhaber dann auch wieder nicht so recht. Neben dem VDP hat auch der Verband der Sektmacher unlängst mit der Sektmacher Réserve, die auf der ProWein 2022 während einer Verkostung am Meininger-Stand erstmals vorgestellt wurde, eine weiteres Qualitätslevel präsentiert. Allerdings ist auch das ein wenig schwammig, denn wie man diese Sektmacher Réserve im Gesamtkontext verorten soll, ist gänzlich unklar. Auf der Sektmacher-Seite zum Beispiel gibt es nicht einen einzigen Hinweis, welche unterschiedlichen Qualitäten es denn überhaupt gibt.

So bekommt man schnell das Gefühl, dass man sich in Deutschland nach wie vor auf dem geschützten Begriff Winzersekt und dessen Mindestanforderungen ausruht. Im Nachbarland wird dagegen nicht nur der Qualitäts-, sondern auch der Marketing-Turbo gestartet. Und zudem hat man dort auch noch im Jahr 2020 die in Deutschland immer noch geltende Schaumweinsteuer abgeschafft. Hoffentlich verlieren deutsche Winzer mit ihren Sekten da nicht irgendwann den Anschluss. Der Schatten, in dem österreichische Sekte vielleicht noch stehen mögen, wird jedenfalls deutlich kleiner.

Copyright Titelbild: © Rawpixel Ltd/iStock

*Dieser Text erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Er wurde weder gebucht noch vergütet und spiegelt lediglich meine persönliche Meinung wider. Gesetzte Links sind nicht kommerziell, sondern dienen ausschließlich Service-Zwecken.

Kommentar verfassen